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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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diese Sorgen ablas und ihn in eine Nische zog, um ihn zu beruhigen, meldete uns Miroul, vorm Tor warte ein Fremder, bis unter die Augen in einen schwarzen Mantel gehüllt, und verlange mich in einer wichtigen Familienangelegenheit zu sprechen, doch wolle er seinen Namen nicht nennen. Ich steckte mir eine Pistole in den Gürtel, gab eine zweite Giacomi, wir entsicherten und gingen hinunter. Und weil dieser nächtliche Besucher mich mißtrauisch machte, hieß ich Miroul, von einem oberen Fenster aus die Gasse abzuleuchten und nach verdächtigen Bewegungen unter anderen Toreinfahrten zu spähen.
    |121| »Monsieur«, sagte ich, indem ich das Guckloch öffnete, ohne jedoch das Auge anzulegen, hätte mich doch ein Schuß treffen können, »wer seid Ihr und was wollt Ihr?«
    »Seid Ihr der Chevalier de Siorac?« fragte der andere.
    »Der bin ich.«
    »Wenn dem so ist, habe ich ein Anliegen an Euch und bitte um Einlaß.«
    »Monsieur«, sagte ich, »es ist Nacht, Ihr nennt Euren Namen nicht, da heißt es Vorsicht. Seid Ihr bewaffnet?«
    »Ich habe Pistole und Degen, genau wie Ihr, Monsieur le Chevalier, wie Maestro Giacomi und der Baron von Quéribus, der bei Euch ist und dessen Eskorte, fünf Mann hoch, in Eurer Küche schmaust. Außerdem leuchtet Euer Diener Miroul, mit einer Arkebuse bewaffnet, die Gasse ab und würde mich, wette ich, auf ein Zeichen von Euch glatt niederschießen.«
    »Monsieur«, sagte ich, »es wundert mich, wie gut Ihr in meinem Hause Bescheid wißt.«
    »Auch außerhalb, Monsieur le Chevalier. Es ist mein Gewerbe, alles zu wissen, und ich lebe davon, dieses Wissen angelegentlich zu verkaufen.«
    »Seid Ihr allein?«
    »Nein. Meine Eskorte wartet an der Ecke Champ Fleuri, Rue de l’Autruche. Beliebt mir zu öffnen.«
    »Monsieur«, sagte ich, »dann beliebt Euren Mantel aufzuschlagen und beim Eintreten Eure Hände vorzuweisen. Und seid ohne Bange, wenn Ihr bei mir eine Pistole seht: ich pflege Fremdlinge nicht zu ermorden.«
    Giacomi entriegelte die Pforte, ich trat zur Seite, und der Fremde trat durch den schmalen Türspalt herein, den der Maestro ihm ließ.
    Ich führte den Mann in ein Kabinett mit vergittertem Fenster, wo ich, ungestört von meinen Kindern, lesen oder Briefschaften erledigen konnte.
    »Monsieur le Chevalier«, sagte der Besucher, indem er sich setzte, »da ich meinen Namen geheimhalten muß, nennt mich einfach Mosca.«
    »Mosca, im Italienischen die Fliege«, sagte Giacomi.
    »Im Lateinischen auch, Maestro«, sagte Mosca mit leichter Verneigung.
    Worauf er verstummte und uns ungescheut im Schein des |122| Leuchters betrachtete, den Miroul auf den Tisch gestellt hatte. Auch ich beobachtete den Besucher voll Neugier und fand, daß er eher einem Fuchs als einer Fliege glich mit seinen schrägen, flinken und lauernden Augen, der langen Nase, dem gesträubten rötlichen Schnurrbart und den großen Ohren, alles wie von der Begier, zu sehen und zu erlauschen, geprägt.
    »Monsieur le Chevalier«, sagte Mosca, »darf ich fragen, wann Ihr Dame Larissa von Montcalm zuletzt in Paris saht?«
    Bei diesem Namen erbebte Giacomi.
    »Es muß Ende Januar gewesen sein«, sagte ich, »vor einem guten Vierteljahr.«
    Worauf Mosca lächelte und spitze gelbe Zähne entblößte. »Seit drei Tagen ist sie wiederum hier.«
    »Wo?« entfuhr es Giacomi.
    »Maestro«, sagte Mosca, »meine Informationen sind nicht gratis, ich verkaufe sie gegen klingende Münze.«
    Da ich nun sah, wie Giacomi darauf brannte, sogleich seinen Beutel zu leeren und dem Fuchs das Maul zu stopfen, legte ich ihm die Hand auf den Arm zum Zeichen, daß er die Verhandlung mir überlassen solle.
    »Monsieur Mosca«, sagte ich, »wenn ich schon Euren wahren Namen nicht kenne, darf ich wenigstens Euren Stand erfahren, da der Wert Eurer Nachrichten wohl ein wenig damit zusammenhängt.«
    »Monsieur le Chevalier«, sagte Mosca nach kurzem Zaudern, »ich bin Auge und Ohr dessen, der mich engagiert hat.«
    »Und wer hat Euch engagiert?«
    »Der, dem auch Ihr dient«, sagte Mosca mit leichter Verneigung.
    »Und auch ihm verkauft Ihr Eure Nachrichten?« fragte ich. »So ist es.«
    »Dann habt Ihr ihm die schon verkauft, um die wir hier handeln?«
    »Richtig.«
    »Mein Herr liebt mich, er wird sie mir gratis weitergeben.«
    »Oh, nein. Diese Dinge rühren an Staatsgeheimnisse, die unser Herr streng für sich behält, sogar vor seiner Mutter.«
    Ich überlegte und fand, Mosca hatte recht: Der König war überaus mißtrauisch und verschwiegen, denn

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