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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Welt in den kleinen, zahnlosen Mund, denn ich hatte sie überzeugt, daß kein fremder Busen ihr Bübchen so gut nähren konnte wie der ihre und daß es für eine Amme immer noch Zeit wäre, wenn ihr die Milch versiegen sollte. Was nicht geschah.
    Wir schwiegen, solange das Stillen währte, entzückt und gerührt von dem lieblichen Bild und dem unersättlichen Appetit des Kleinen, der schluckte und schluckte und dabei seine Fingerchen in diesen so wonnigen, prallen und weißen Busen |119| krallte, den ich nie sehen konnte, ohne daß mir das Herz im Leibe höher schlug.
    »Aber ich sehe nicht, was bei der Thronfolge des Königs ein so dorniges Problem sein soll«, sagte Catherine. »Nehmen wir an, der Himmel beschert Heinrich keinen Sohn, dann, sagt mein Herr Vater, treten statt der Valois die Bourbonen die Herrschaft an, und Henri von Navarra besteigt als Heinrichs legitimer Erbe den Thron.«
    »Ach, Herzchen!« sagte Quéribus, indem er einen Schemel heranzog und sich ihr zu Füßen setzte, »versteh doch: Navarra hat sich nach der Bartholomäusnacht, das Messer an der Kehle, zur katholischen Religion bekehrt, aber dem Louvre, der ihm ein goldener Käfig war, kaum entflohen, ist er zur reformierten Religion zurückgekehrt. Daher ist er nicht nur ein Ketzer, sondern sogar ein rückfälliger Ketzer und in großer Gefahr, exkommuniziert zu werden. Und sage mir: Wer kann sich auf Frankreichs Thron einen Ketzer vorstellen? Vielleicht würde ein Teil des Adels ihn hinnehmen aus Respekt vor seinem Blut, aber das Volk doch nicht! Und der Klerus würde gegen ihn Gift und Galle speien. Darum schiebt der Herzog von Guise, den es selber nach dem Thron gelüstet, was er aber nicht zugeben kann, jetzt diesen Oberesel vor, den Kardinal von Bourbon – Bourbone der jüngeren Linie und Navarras Onkel.«
    »Der jüngeren Linie!« sagte Angelina kichernd.
    »Und Kardinal!« sagte Catherine.
    »Und alt!« sagte Quéribus lachend.
    »Und«, fügte ich hinzu, »mit so wenig Grütze im Kopf, daß er nicht einmal ein Ei kochen kann! Der dammeligste und schwafeligste Tattergreis der Schöpfung!«
    »Und«, schloß Quéribus herausprustend, »dreißig Jahre älter als der König, den er beerben will! Dabei wackelt ihm der Kopf, daß er die Krone nicht tragen kann, noch seine Hand das Zepter, weil er nicht mehr Kraft hat als ein Spatz und auch genausoviel Verstand! Oh, ich weiß, warum Guise den dicken Purpursack auf den Thron hieven will: damit er dann selbst bequem sitzt!«
    Worauf wir alle vier aus vollem Hals lachten, welch schreckliche Gefahren, Kriege und Verwüstungen das Erbfolgeproblem auch für das Reich barg.
     
    |120| Wir hatten uns kaum ausgelacht, als mein lieber Miroul hereintrat (der nach nun zehn Jahren Ehe mit seiner Florine noch jeden Morgen wie erstaunt über sein Glück erwachte). Und zu unserer Überraschung verkündigte er uns, daß in unserem Hof soeben Samson, Gertrude und Zara eingetroffen seien. Könnt ihr euch denken, was für ein Lärmen dieser Ankündigung folgte und wie die Damen umeinander und um uns herumwirbelten vor Freude? Kurzum, nachdem die Ankömmlinge und wir einander zur Genüge geherzt und abgeküßt hatten, wollten auch die Augen eines jeden sich an jedem erlaben, denn lag Montfort L’Amaury auch nicht bei den Antipoden, so brauchten Pferd und Kutsche doch einen Tag bis Paris, und ich sah meinen Samson nicht öfter als fünf-, sechsmal im Jahr. Leserin, er war noch schön wie in seinen Jünglingsjahren, obwohl er wie ich (und der König) schon gute dreiunddreißig war, auch Gertrude war noch immer sehr schön und Zara verführerisch wie je, was ich ihr gleich unter Küssen auf ihre Pfirsichwangen sagte – weshalb Angelina aber nicht eifersüchtig wurde, wußte sie doch, daß Zara sich wenig aus Männern machte. Und als nach vielem Fragen, Schwatzen, Scherzen die Kehlen trocken und die Mägen hungrig waren, setzten wir uns alle zu Tisch, sprachen freudig den leckeren Speisen und den Weinkrügen zu. Und nur einer, der Maestro Giacomi, war enttäuscht, als er sich der fröhlichen Runde zugesellte und unter all den versammelten Schönheiten nicht, wie gehofft, Larissa entdeckte; er hatte sie seit drei Monaten nicht gesehen und lebte in der zehrenden Furcht, der Finsterling, der sie in seinen Klauen hielt und so unbegreiflich oft nach London reiste, könnte sie, wenn man ihm einmal hinter seine dunklen Machenschaften käme, mit in seinen Untergang reißen.
    Noch während ich seinem umwölkten Gesicht

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