Noch mehr Krimikatzen
hatte er nichts im Sinn gehabt. Riley hatte umgekehrt genausowenig mit Freddy im Sinn. Über die Jahre hinweg hatten sie eine stillschweigende Vereinbarung getroffen, daß jeder dem anderen – sofern es möglich war – aus dem Weg ging.
Freddy hatte nie verstanden, warum sich Calvin Harding – ein wohlhabender Industrieller – eine orangefarbene Straßenkatze mit einer weißen Pfote zugelegt hatte. Er war doch ein Mann gewesen, der sich von allem das Beste hatte leisten können: Zigarren, Brandy, Autos. Aber was sein Haustier angegangen war, hatte er einen marmeladenfarbenen Kater gewählt und ihm die Behandlung zuteil werden lassen, die einer exotischen Züchtung oder einem Tier mit Stammbaum gebührte. Sogar aus dem Haus wurde er nur mit Laufgeschirr und Leine gelassen.
»Er ist eine ständige Mahnung für mich, meine Herkunft nicht zu vergessen«, hatte Harding einmal erklärt, während er geistesabwesend an seiner Zigarre gezogen hatte. »Sogar sein Name, Riley, erinnert mich an einen Kämpfer, an einen, der nichts für selbstverständlich hält. Sollte dies hier alles morgen verschwunden sein, wäre Riley in der Lage, auf sich selbst aufzupassen.«
Inzwischen bedauerte Freddy seine übereilte Entscheidung der letzten Nacht, die Katze einfach aus dem Haus zu werfen. Er war sich so sicher gewesen, Hardings Millionen zu erben, daß er den nichtsahnenden Riley am Nackenfell gepackt und zur Küchentür hinausgeworfen hatte. Die ganze Nacht hatte Freddy daraufhin wachgelegen, da Riley unter dem Schlafzimmerfenster unablässig seine Wut kundgetan hatte. Am Morgen dann war die Katze nicht mehr dagewesen.
Freddy kämmte das gesamte Grundstück durch, auf der Suche nach einem zähen und gerissenen, marmeladenfarbenen Kater mit einer weißen Pfote. Er fragte sich, ob vielleicht der Gärtner Riley zu sich genommen hatte. Bert Hill hatte – Freddys Meinung nach – schon eine Katze zuviel. Es war eine kleine orange-weiß getigerte Katze. Bert hatte Freddy einmal erzählt, daß er diese nicht nur um sich haben wollte, weil sie viele Mäuse fing, sondern weil sie eine gute Gesellschafterin war.
Während Freddy immer weitere Kreise zog, rief er: »Riley, o Riley! Hierher, komm, kitty, kitty, kitty.« Aber Riley antwortete nicht. Freddy verbrachte den ganzen Tag damit, das Anwesen abzusuchen. Mehrere Male kam er dabei an Berts Cottage vorüber, doch von dem Gärtner war nichts zu sehen.
Am späten Nachmittag dann erhaschte Freddy gleich hinter der Hecke, die das Grundstück um das Cottage umgab, einen kurzen Blick auf etwas Orangefarbenes. Das Herz schlug ihm plötzlich bis zum Hals. »Riley«, flüsterte er mit vom vielen Rufen heiserer Stimme. Eine kleine orange-weiße Katze kam zum Vorschein und sah aus leuchtenden grünen Augen zu Freddy auf, einen spöttischen Ausdruck auf dem Gesicht. Freddys Zuversicht schwand dahin. Es war nur Sarabelle, die Katze des Gärtners. Als Freddy seufzte und sich abwandte, hatte er jedoch das unbestimmte Gefühl, daß Riley bei Sarabelle gewesen war, und sich auch jetzt noch irgendwo ganz in der Nähe, aber außerhalb der Reichweite seines Hüters herumtrieb.
Der Tag ging dem Ende zu und immer noch keine Spur von Riley. Allmählich beschlich Freddy ein Gefühl von Panik. Morgen würde er den Notar treffen, und wenn Riley bis dahin nicht zurück war, würde er einige Erklärungen abgeben müssen. Freddy zerbrach sich den Kopf nach Möglichkeiten, aus dieser Sache wieder herauszukommen. Dem Notar nur die halbe Wahrheit zu sagen, nämlich daß Riley irgendwo da draußen war, war eine Alternative. Fichter könnte jedoch den Verdacht schöpfen, daß irgend etwas nicht mit rechten Dingen vor sich gegangen war. Dann zog er in Erwägung, sich eine Riley ähnlich sehende Katze aus einer Tierhandlung oder dem Tierheim zu besorgen, doch er befürchtete, daß dann die Gefahr bestand, daß jemand zwei und zwei zusammenzählte. Schließlich war Riley, nachdem er als Erbe von Hardings Vermögen bekannt geworden war, auf den Titelseiten der lokalen Zeitungen abgebildet worden. Außerdem könnte der Schwindel von Rileys Tierarzt aufgedeckt werden, wenn eine Untersuchung anstand.
Als es dämmerte, hatte Freddy jeden Zentimeter des Grundstücks abgesucht und war über und über mit Schmutz und Laub bedeckt. Als er bereits im Begriff war aufzugeben, machte er Licht im Cottage des Gärtners aus. Er scheute jedoch davor zurück, mit seiner Geschichte zu Bert zu gehen. Würde der Gärtner ihm glauben,
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