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Noch nicht mal alleinerziehend

Noch nicht mal alleinerziehend

Titel: Noch nicht mal alleinerziehend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dunja M Pechner
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von Senta.
    »Da!« Kira, die auspackte, als ginge es darum, einen neuen Weltrekord aufzustellen, reichte Nora nun ein schwarzes Lederarmband. Daran baumelte ein Schild: »Keep rockin’ baby! XOXO Luna«.
    »Geil!« Nora legte das Teil ebenfalls um und streckte es Frauke entgegen.
    »Mmmmh«, machte die zustimmend.
    »Was ist das?«, fragte Kira und hielt einen etwa 10 cm großen Rosenquarz in der Hand.
    »Das ist ein Rosenquarz«, erklärte Nora.
    »Ist der kostbar? Wie ein Schatz?«, flüsterte die Kleine verschwörerisch.
    »Fast, der sorgt dafür, dass du immer Sonne im Herzen hast!«
    Kira schüttelte den Kopf. »Versteh ich nicht.«
    Ich aber, dachte Nora. Der war bestimmt von Kiki, die hatte allerlei Heilsteine zu Hause. Sogar in ihrem abgekochten Wasser, wovon sie täglich mindestens zwei Liter trank.
    Kira kletterte auf den Schoß ihrer Mutter, schließlich gab es nichts mehr auszupacken. »Bin müde«, sagte sie.
    »Kuschel dich schön an mich«, sagte Frauke sanft und strich ihrer Tochter liebevoll übers Haar. »Alles gut?!«, fragte sie Nora erneut, weil diese wieder still geworden war.
    Nora betrachtete Frauke, wie sie neben ihr saß und ihre Tochter sanft hin und her wiegte. Dann schaute sie an sich runter: immer noch im Pyjama, mit einem Schal um den Hals, zwei paar High Heels an die Brust gedrückt, ein schwarzes, breites Lederarmband ums rechte Handgelenk und in der linken Hand den Rosenquarz. Dann schaute sie Frauke direkt in die Augen. »Ich weiß auch nicht. Jetzt bin ich 37 und habe immer noch keine Ahnung, was ich mit meinem Leben anfangen soll. Ich scheine irgendwie festzuhängen. Und ihr? Ihr habt alle Familien und alles im Griff! Du bist wieder schwanger, und ich habe dir noch gar nicht richtig gratuliert. Dabei freue ich mich voll für euch!«
    »Ich weiß doch, dass du dich freust. Ich weiß doch, dass du uns liebst. Und wir lieben dich, Nora!«
    »Aber alles fühlt sich auf einmal so anders an. Wie hast du gestern gesagt: ›Die Welt ist plötzlich eine andere. Das Leben ändert sich.‹ Eures, ja. Meins – festgefahren.«
    »Nora, das Leben ändert sich – immer. Mit Familie oder ohne. Nur du bestimmst, in welche Richtung es geht. Hörst du?!«
    »Ach Frauke …«
    Nora ließ sich – immer noch die Schuhe und den Rosenquarz umklammernd – an Fraukes Schulter fallen und weinte ein paar Tränchen. Warum, wusste sie auch nicht, aber gerade war ihr einfach nach Weinen.

D as Leben ändert sich. Nur du bestimmst, in welche Richtung.« Nora flog dieser Satz ziemlich lange und wild flatternd im Kopf herum. Als sie sich fertig machte, um zum Mittagessen bei ihren Eltern zu fahren, setzte ihr persönliches Tribunal genau dort an: »Tja, das ist ja die Krux. Du triffst keine Entscheidungen. Du wählst nur. Wann hast du dich jemals wirklich für etwas entschieden und es dann in die Tat umgesetzt? Du hast doch immer nur zwischen mehreren Optionen gewählt. Und jetzt, zum ersten Mal in deinem Leben, hast du keine Auswahl an Möglichkeiten. Du brauchst Ziele, Nora. Ziele!«
    Nora überlegte. Journalistin war sie geworden, weil ihr Deutsch-LK-Lehrer in der 12 zu ihr gesagt hatte: »Mit dem frechen Mundwerk solltest du am besten Reporterin werden.« Nora fand das ganz sexy. Also hatte sie Politik, Neuere Geschichte und Kommunikationswissenschaften auf Magister studiert. Durch einen Zufall, dank einer Thekenbekanntschaft, hatte sie dann ihren ersten Job bei einer großen deutschen Boulevardzeitung bekommen. Nora schien Talent zu haben und erarbeitete sich in kurzer Zeit einen guten Ruf. Von da an hatte sich jede Station in ihrem Lebenslauf wie von selbst ergeben. Es war wahr: Sie hatte immer wählen können zwischen Angeboten. Selbst ihr Wechsel vom Journalismus in die Selbständigkeit als Imageberaterin war nicht wirklich ihre eigene Idee gewesen. Es war vielmehr ein Klient gewesen, der sie in diese Richtung schubste, als er sie bat, mit ihr zu arbeiten. Die Veränderungen in ihrem Leben hatten sich immer selbst vorgestellt, Nora musste sie nie suchen. Das war ihr vorher nie so richtig bewusst gewesen, und jetzt, an ihrem Geburtstag in ihrem Badezimmer, erfüllte es sie mit einem Gefühl aus Freude, Stolz, Dankbarkeit und Wehmut. Erst jetzt erkannte sie, welches Glück sie gehabt hatte. Gerade schrie allerdings kein Hahn nach ihr, und Nora musste ihr Leben tatsächlich ganz alleine ausrichten. Und sie hatte keine Idee, auf welches Ziel. Das war ganz neu. Irgendwie schickte ihr dieser Gedanke ein

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