Noch nicht mal alleinerziehend
sagte sie, ohne auch nur einen Blick in ihren Kalender geworfen zu haben. Was sollte da auch schon drinstehen? »Ich bin bestimmt die ganze Woche frei!«
»Großartig, dann hole ich dich ab!«
»Ja, ich freue mich auf dich! Schläfst du hier?«
Tobi lachte bitter. Weder für sie noch für ihn war es eine große Sache, wenn er bei ihr übernachtete. Früher waren sie oft lange ausgegangen, wenn er sie in Köln besuchen kam. Da war es doch besser, wenn er bei Nora ein Plätzchen zum Schlafen hatte, ehe er betrunken ins Auto stieg und Richtung Mainz fuhr. Aber Daniela, seine Neue, hatte ihre Grenzen. »Als ob wir nicht auch so ficken könnten, wenn wir wollten«, hatte Nora die Aufregung damals kommentiert. Für sie war das völlig absurd. Seit dem Tag, an dem sie sich getrennt hatten, hatte sich nie mehr etwas zwischen ihnen abgespielt. Nicht mal geknutscht hatten sie je wieder. Es war vorbei! Sex mit dem Ex kannte Nora nicht! Tobi war der letzte Mann gewesen, der älter war als sie. Irgendwie hatte Nora nach der Trennung Geschmack an jüngeren Männern gefunden. An viel jüngeren und an unverbindlichen Affären. Auch Tobi hatte nach ihrer Trennung seine Vorliebe für Jüngere entdeckt. Daniela war 27 Jahre alt, zwölf Jahre jünger als er. Aber im Gegensatz zu Nora war er gleich wieder eine ernste Beziehung eingegangen.
»Nee, das ist keine gute Idee. Vor allem nicht jetzt. Aber, No, das erzähl ich dir alles, wenn wir uns sehen, ja?! Ich wünsche dir noch einen wunderschönen Geburtstag. Lass dich feiern und pass auf dich auf! Ach, und Daniela bestellt auch schöne Grüße. Bis bald, Amore.«
»Bis bald!«
Nora hatte aufgelegt. Ihr Anrufbeantworter flackerte. Aber den jetzt abzuhören, dafür hatte sie keine Zeit. Sie musste sich sputen und umziehen, Mariano würde sie um Viertel nach sieben abholen.
»Es wird eine sehr edle Angelegenheit, ich werde Smoking tragen«, waren die einzigen Hinweise, die er ihr gegeben hatte.
Also verkleiden, dachte Nora und griff nach ihrem schwarzen Seidenkleid mit den gerüschten, durchsichtigen langen Ärmeln. Die neuen Louboutins würden hervorragend dazu passen. Sie wählte schwarze Spitzenunterwäsche, schwarze halterlose Strümpfe mit Naht hinten, ein Angora-Bolero-Jäckchen in Schwarz, Silberschmuck und ihre schwarze Lackleder-Clutch.
Pünktlich um Viertel nach sieben stand er vor der Tür. »¡Hola, mi belleza!«, sagte er, als sie ihm die Tür öffnete. In den Händen hielt er einen gigantischen Strauß aus 37 weißen Rosen. Er kannte sie schon ganz gut. Rote wären zu viel gewesen.
»¡Feliz cumpleaños!«, sagte er und küsste sie ganz leicht auf den Mund. Sie liebte es, wenn er zwischendurch Spanisch sprach. Er trat einen Schritt zurück und schaute sie an. »Wow, ¡guapa! Mir bleibt die Atem weg. Du siehst einfach so … so unbeschreiblich aus.«
Nora hatte sich Make-up-technisch richtig ins Zeug gelegt. Ihre Augen strahlten als Smoky Eyes in Schwarz und Grau, und der Highlighter hatte für die richtigen Akzente in ihrem fein geschminkten Gesicht gesorgt. Die Lippen glänzten Brombeerrot. Sie griff nur selten zu Rot.
»Gracias«, antwortete sie und roch an den Rosen. »Mmmh, wie die duften, und sie sind so schön. Ich stell sie am besten gleich ins Wasser.«
»Ja, aber du musst machen schnell, das Taxi wartet unten vor die Tür.«
Wenig später stiegen sie ins Taxi, und der Fahrer fuhr sofort los.
»Weiß er denn, wohin wir wollen?«
»Sí, ER weiß, Nora.«
Sie fuhren über die Luxemburger Straße, über den Barbarossaplatz und dann Richtung Severinsbrücke. Was könnte es wohl auf der anderen Rheinseite geben, das den Titel »Edle Angelegenheit« verdient?, fragte sich Nora, als das Taxi auf die Flughafenautobahn bog. Wir verreisen!, dachte sie einerseits erfreut, andererseits mit Panik. Mit Affären verreiste sie nicht. Überhaupt sparte sich Nora mit Affären gerne das ganze Pärchengetue. Am Ende weckte das noch bei einem von den Beteiligten falsche Hoffnungen. Dem Drama wären dann Tür und Tor geöffnet. »Fahren wir weg?«
»¡No!«, antwortete Mariano und schwieg.
Was sollte denn hier sein, in Porz oder Poll, oder wie auch immer diese Stadtteile hier draußen hießen. Mit der »Schäl Sick«, wie die andere Rheinseite in Köln genannt wurde, hatte sich Nora nie beschäftigt. Die Kölner Ortsteile hier waren für sie böhmische Dörfer. Wichtiges konnte hier nicht passieren, sonst hätte der Rhein diese Seite ja nicht von der Stadt
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