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Noch Viel Mehr Von Sie Und Er

Titel: Noch Viel Mehr Von Sie Und Er Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen von der Lippe
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Christbaumkerzen anzuzünden, die bunten Teller herzurichten, die Geschenke nach Empfängern getrennt unter dem Baum zu verteilen, die Wohnzimmertür zu verschließen, um mich dann, wenn wir von unserer – ergebnislosen – Christkindsuche zurück waren, in der Küche noch etwas schmoren zu lassen. Kurz vor dem Herzstillstand klingelte sie dann mit einem Glöckchen und ich durfte rein. Der erste Blick galt meinem Geschenkestapel, dann folgte ein weiteres von etlichen Ritualen, die niemanden weiterbringen, ich begleitete unsere einzige Weihnachtslangspielplatte komplett auf der Blockflöte, A-Seite und B-Seite, dann erst hieß es endlich: »Na, dann guck doch mal, was das Christkind gebracht hat!« In den frühen Jahren waren das der jeweils neueste Prinz-Eisenherz-Band, gezeichnet von Hal Foster, weiteres Personal für die Ritterburg, für das Kasperletheater, Cowboy- und Indianer-Figuren, später dann Karl-May-Bände, die Sagen des klassischen Altertums, eine Staffelei usw. Sie sehen schon, eine elektrische Eisenbahn war nie mein Ding, überhaupt nichts Technisches. Auch das ein Hinweis darauf, dass der Schöngeist in mir genetisch bedingt ist.
    Ähnliches lief dann noch mal an Ostern ab, aber es war natürlich kein Vergleich.
    Ich denke, ich lehne mich nicht zu weit aus dem Stallfenster zu Bethlehem, wenn ich behaupte, dass die religiöse Konnotierung des Weihnachtsfestes immer schon im Schatten der volkswirtschaftlichen Bedeutung stand. Später, als eifriger Katholik, besuchte ich natürlich die Christmette, wofür ich meine Eltern nicht so begeistern konnte, zur Strafe bekamen sie dann von mir, wenn sie Glück hatten, etwas Selbstgemaltes geschenkt, wenn nicht, etwas Selbstgebasteltes. Oder irgendeinen Mist, für den das Taschengeld gerade mal reichte. Dann ließ die Begeisterung fürs Religiöse stark nach und mit zunehmendem Alter auch die Freude am gemeinsamen Weihnachtsfest. Umgekehrt proportional dazu wurden die Geschenke teurer. Das Ganze kriegt irgendwann den unguten Touch einer Pflichtübung. Alle Familienmitglieder hocken aufeinander, weil’s die Tradition will. Erstklassiger Konfliktstoff. Ich habe beim Bund, als ich über Weihnachten mal Dienst hatte und bei einem Kameraden zum Essen eingeladen war, erlebt, wie der nach und nach, unter stetiger Alkoholzufuhr, ein Familienmitglied nach dem anderen erst nach Strich und Faden beleidigte und dann rauswarf. Aber davon kann jeder Familienberater ein Lied singen.
    Für die Leute, die weder Lust noch Zeit haben, Weihnachten mit den Eltern zu verbringen, habe ich eine Idee: Ein tragbarer DVD-Player mit selbst gemachter DVD für Weihnachten. Dann können die Eltern den Player dahin stellen, wo man sonst gesessen hätte, und haben die Illusion, man ist da. »Lecker, Mama, sehr saftig, nein danke, ich möchte nichts mehr, ich kann nicht mehr. Nein, Mutter, (gebrüllt) ich sagte Nein, ich bin satt!!! (Pause) Natürlich, Vater, ich mache das nur, um Mutter zu ärgern. (Kleine Pause) Vater, fang bitte nicht davon an, das ist zehn Jahre her. (Pause) Vater, lass Brigitte aus dem Spiel. (Keine Pause) Misch dich nicht ein, Mutter, du warst doch auch gegen die Hochzeit.
    Eine tolle Erfahrung war die erste Reise mit meiner Frau ins Warme über Weihnachten. Herrlich: am 24. Dezember mit dem Hintern in 30 Grad warmem Wasser zu hängen, statt im Schneematsch rumzustapfen. Natürlich hatte das Hotel in Sri Lanka einen Weihnachtsbaum und Krach haben wir natürlich auch gekriegt. Conclusio: Weihnachten ist ein Fest für Kinder und Frauen. Männer geben nicht mit ihren Geschenken an, sie kriegen ja auch nichts Besonderes in traditionellen Beziehungen, wo der Olle das Geld nach Hause bringt, vor allem aber, weil Männer nie warten können, bis man ihnen das Gewünschte schenkt. Ein Mann sieht etwas, das ihm gefällt, ein neues Handy, das auch Feinwäsche machen kann, einen neuen iPod mit einer Shuffle-Funktion für die Pornobilder, einen Reisewecker mit Navi und Höhenmesser, irgendetwas halt, ohne das man nicht mehr qualitativ gleichwertig weiterleben kann, und schon ist es gekauft oder bestellt, ob Geld da ist oder nicht. Meine Eltern hatten nicht viel Geld und mein Vater ballerte praktisch jede überzählige Mark in Geschenke für meine Mutter und mich. Und deswegen ist Weihnachten ein Fest für Frauen und Kinder. Und deswegen heißt es Weihnachtsmann!

SIE Buch
    Ein Buch hat ein jeder. Oder? Dass mir jetzt keiner mit der Fernsehzeitung kommt. Familienbuch und

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