Noch weniger Sex und ich wäre ein Pandabär - die Desaster eines verhinderten Frauenverstehers
ein leises Stimmchen.
Ich drehte mich um und sah mich Robbies Exfreundin Vanessa gegenüber, die in Englisch hinter mir saß. Robbie hatte vor ein paar Monaten mit ihr Schluss gemacht, weil, Zitat: »Ich glaube, sie fand mich genauso blöd wie ich sie.« Ihr Angebot kam mir etwas merkwürdig vor, aber auch wenn sie keine Nicole war, fand ich sie doch irgendwie niedlich, außerdem hatte Robbie sie mehrmals »ein verrücktes Luder« genannt. Angesichts ihrer Offerte erging ich mich kurzzeitig in der Fantasie, dass sie nicht nur gern trank und tanzte, sondern obendrein vielleicht nicht abgeneigt war, sich von mir begrapschen oder gar die Unschuld rauben zu lassen. Ich bedachte Vanessa mit einem zuckersüßen Lächeln und erklärte ihr, ich müsse zwar erst noch mit Robbie reden, würde sie aber »im Prinzip« sehr gern zum Ball begleiten.
Als wir uns nach der Schule zum Baseballtraining aufmachten, fragte ich Robbie, ob er etwas dagegen hätte, wenn ich mit seiner Ex zum Abschlussball ginge.
»Meinetwegen kannst du sie sogar in den Arsch ficken, das geht mir meilenweit am Allerwertesten vorbei«, sagte er.
Und so nahm ich Vanessas großzügiges Angebot denn an.
»Ich will auf keinen Fall in einer Limousine mit Robbie und deinen Freunden hinfahren«, sagte sie und spielte mit dem Radiergummi an ihrem Bleistift. »Mit Robbie hat das nichts zu tun. Das kannst du ihm ruhig sagen«, setzte sie hinzu.
Ich war zwar etwas enttäuscht, dass ich nicht mit meinen Kumpels und ihren Dates zum Ball fahren konnte, dafür durfte ich mit einem süßen Mädchen hingehen, was mich in meiner Hoffnung bestärkte, dass es trotz allem der schönste Abend meines Lebens werden würde.
Am nächsten Freitagabend schwang ich mich in das ’92er Oldsmobile Achieva meiner Mutter und holte Vanessa zu Hause ab. Ich zitterte vor Aufregung. Und bekam einen so heftigen Schweißausbruch, dass ich erst einmal rechts ran fuhr, mein Hemd aufknöpfte und mich mit einem alten T-Shirt unter den Achseln abtrocknete. Vanessa sah umwerfend aus. Sie hatte anthrazitfarbenen Eyeliner aufgelegt, und ihre Haare sahen aus wie goldbraun gelockte Fritten. Ich trug einen schwarz-weißen Smoking, den ich in der Mall gemietet hatte; er war mir zwei Nummern zu groß, trotzdem hatte ich ihn genommen, weil der halbwüchsige Verkäufer mir bei der Anprobe mit Kennermiene versichert hatte, ich sähe aus »wie ein knallharter Zuhälter mit Zuhälterdiplom«. Mein Dad fühlte sich dagegen eher an einen »Pinguin mit Aids« erinnert.
Bevor wir losfuhren, bat Vanessa ihre Mutter, ein Foto von uns zu schießen. »Leg den Arm um sie«, herrschte sie mich an, während wir in der Einfahrt ungeschickt posierten. Vor lauter Aufregung hatte ich schweißnasse Hände, und als ich den Arm von Vanessas Schulter sinken ließ, bemerkte ich dort, wo eben noch meine Hand gelegen hatte, einen dunklen Fleck.
Auf der Fahrt zum Ball war meine weibliche Begleitung erstaunlich schweigsam. Nachdem ich eine Weile an der Klimaanlage herumgefummelt hatte, rang ich mich schließlich zu dem Versuch durch, das Eis zu brechen.
»Alles klar?«, fragte ich gutgelaunt.
»Was hat Robbie gesagt, als du ihm erzählt hast, dass du mit mir zum Abschlussball gehst?«, fragte sie.
»Er hat gesagt, er hätte nichts dagegen«, antwortete ich zögernd.
»Sonst nichts? Nur, dass er nichts dagegen hat?«
»Ja.«
»Was genau hat er gesagt?«, fragte sie ein zweites Mal, ihr Kiefer mahlte.
Ich musste an seine schweinische Bemerkung denken und schluckte. »Das war alles. Dass er nichts dagegen hat«, wiederholte ich.
»Bloß ›Ich habe nichts dagegen‹? Komm schon, das kann unmöglich alles gewesen sein.«
»Doch. Das war alles. Ich schwör’s.«
» DIESES ARSCHLOCH ! Von wegen, er hat nichts dagegen! Und ob er was dagegen hat! Dieses verlogene Stück Scheiße!«
Wir saßen schweigend im Wagen, und sie starrte aus dem Fenster wie ein Sträfling auf dem Weg ins Zuchthaus. Als wir an dem gläsernen Hotel im Zentrum von San Diego ankamen, wo der Abschlussball stattfand, parkte ich den Wagen meiner Mutter in der Tiefgarage und zog die Flasche Pfefferminzschnaps unter dem Sitz hervor, die ein Penner gegen einen kleinen Obolus für mich erstanden hatte. Ich bot Vanessa den ersten Schluck an, und sie umklammerte die Flasche mit beiden Händen und kippte sich das klebrige Zeug in den Rachen, als wollte sie ihre traumatischen Erinnerungen an den Vietnamkrieg in Hochprozentigem ertränken. So pichelten wir fünf
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