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Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Titel: Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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erfasste sein Haar und ließ es über seine Brust streichen.
    Jetzt sah sie die Male aus nächster Nähe. Es waren mehr, als sie zählen konnte. Zwei wurden von frischen Sonnentanznarben verdeckt. Bei allen Geistern, was war ihm geschehen?
    „Willst du es tun?“ Lächelnd, mit einem seltsamen Glanz in den A u gen, ging er vor ihr in die Knie. Hinter der kalten Maske des Kriegers kam der sanfte Mann zum Vorschein, den sie sich erträumt hatte. Eine kurze Spiegelung. Der Glanz eines Sonnenstrahls im tiefen Wasser. Naduahs Herz flatterte wie ein Kolibri.
    „Ich soll dich bemalen?“ Sie blickte auf die mit Kalkpaste gefüllte Schale. „Ich?“
    „Wer sonst?“ Er lächelte wölfisch.
    „Wie wäre es mit der Hühnermeute da hinten? Die wollen mir am liebsten die Augen auskratzen.“
    Nocona sah sie an. Endlose, winzige, atemlose Momente lang.
    „Ich will, dass du es tust. Du und niemand sonst.“
    Sein Blick ging ihr durch Mark und Bein, Schwindel übermannte sie. Er flutete sie mit einer Erregung, die ihren Körper in Flammen st e hen ließ. Die Frauen im Hintergrund starrten sie eifersüchtig an.
    „Naduah, findest du mich so abscheulich, dass du mich nicht anfassen willst?“
    „Nein … aber … ich …“
    „Naduah.“ Seine Stimme sprach das Wort schmeichelnd aus. S anft und wundervoll. „Lass nicht zu, dass ich mich diesen Dämoninnen au s liefern muss.“
    Sie warf einen Blick auf die lauernden Frauen. „Gut“, krächzte sie. „Wenn du es unbedingt willst.“
    „Zwei Streifen auf der linken und rechten Wange.“ Er rekelte sich z u frieden. „Zehn Wellenlinien auf der Brust.“
    Ihre zitternden Hände konnten die Schale kaum halten. Ihm so nahe zu sein, seinen Atem zu spüren, seine Wärme zu erahnen, erfüllte sie mit Ehrfurcht. Sie durfte nichts falsch machen. Vielleicht entschied sich in diesen Augenblicken ihre Zukunft. Du t zende Augenpaare waren auf sie geheftet. Getuschel und Geflüster klangen in ihren Ohren wie Donne r grollen.
    „Ich habe gehört, dass du morgen mit uns jagen wirst.“ Nocona be o bachtete, wie sie vier Finger in die Kalkpaste tauchte. Sie wagte es nicht, sein Gesicht anzusehen. Dieser Anblick hätte den Rest ihrer Beher r schung hinweggefegt. Seine Haut roch so warm. Nach sonnenverwöh n ter Erde, Salbei und Männlichkeit. Im Augenwinkel sah sie ihr samtiges Schimmern.
    „Ja“, flüsterte sie.
    „Dann bin ich dein Bison“, sagte Nocona. „Und du mein Jäger. Was gäbe es Schöneres, als durch deine Hand zu sterben?“
    Ihre Hände zitterten noch heftiger, als sie sie langsam auf sein Gesicht zubewegte. Es half nichts. Sie musste zu ihm aufblicken. Und als sie es tat, schmerzte sein Anblick so heftig, dass sie sich auf die Zunge biss. Eine feine, helle Linie verlief über die Seite seines Halses. Ohne sie zu berühren, spürte sie die Wölbung unter ihren Fingerspitzen.
    „Keine Angst, mein Blauauge. Tu es einfach.“
    Er gab ihr Kosenamen, wie es ein Mann nur tat, wenn er sich für ein Mädchen entschieden hatte. Ihr Herz vollführte einen Hüpfer. Plötzlich lagen ihre mit Farbe bedeckten Finger auf seinen Wangen. Vorsichtig ließ sie sie über die Haut gleiten. Wie gut er sich anfühlte. Alles um sie herum verschwand. Die Menschen, das Feuer, der Lärm und die bo h renden Blicke.
    Naduah malte zwei Streifen auf jede Wange. Sie hätte am Kiefer au f hören sollen, doch ihre Finger wanderten weiter. Über den sanft gewöl b ten Knochen, am Hals hinab. Dünn und zart fühlte sich die Narbe an. We l che widerliche Kreatur auch immer ihm Schmerzen zugefügt hatte, N a duah hoffte, dass deren Strafe mit dem Tod nicht beendet war.
    „Woher hast du die Wunden ? Was ist mit Kehala? “ wisperte sie.
    Nocona schloss die Augen. „ Kehala lebt. Über alles andere will ich nicht darüber r e den.“
    „Es tut mir leid.“
    „Das muss es nicht.“
    „Ein paar waren entzündet.“ Sie starrte auf die dicken, aufgewölbten Male. Narben, die nur entstanden, wenn man den Wundbrand übe r stand. „Du hättest sterben können.“
    Er lächelte matt. „Das Wasser, das man Meer nennt, ist ein gutes Heilmittel. Trotzdem bin ich gestorben.“
    Zorn wuchs in ihren Eingeweiden. Weiße hatten Nocona das angetan. Ihresgleichen. Sie presste die Lippen zusammen und tauchte ihre Finger ein zweites Mal in die Paste. Die Zunge klebte ihr am Gaumen. Sie star r te auf die Schale, sah, wie die Farbe von ihren Fingern tropfte und seid i ge Lichtspiele zauberte.
    „Du bist keine Weiße.“

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