Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit
Tag nach unserer Hochzeit tauchst du auf.“
„Und dann mit solchen Nachrichten.“ John hob die Arme und ließ sie wieder fallen. „Es tut mir leid.“
„Wir sind Nunumu“, knurrte Nocona mit stolz gerecktem Kinn. „Sollen sie nur kommen, die Armeen der Gelben Haare. Das gibt viele schöne Skalps für viele, neue Kriegshemden. Einen halben Tagesritt, sagst du? Am spitzen Felsen? Die Penateka lagern sonst viel weiter im Osten. Man muss sie vertrieben haben.“
John scharrte mit der Schuhspitze im Schnee. Die nächsten Worte fielen ihm sichtlich schwer. „Dort, wo sie lebten, ziehen jetzt eiserne Klingen Furchen in die Erde. Die Weißen pflanzen Mais, Tabak und Korn. Sie bauen ihre Häuser auf dem Land der Honigesser und lassen ihre Rinder das Büffelgras fressen. Friedensverträge scheiterten, also vertrieb man sie mit Waffengewalt.“
Nocona sagte nichts, sondern nickte nur, als hätte ihn diese Nachricht nicht im Geringsten überrascht. Er wandte sich den Kriegern zu, tauschte mit jedem Einzelnen der Männer einen finsteren Blick und rief schließlich laut in die Stille hinein:
„Die Zeit des Friedens ist vorbei. Blut muss wieder fließen.“
Die Krieger stürzten sich in helle Aufregung. Sie schwangen die Waffen, stießen wilde Schreie aus und ließen ihre Pferde steigen. Durcheinandergeschriene Drohungen hallten im Frieden des Wintermorgens wider. Zorn brachte die Luft zum Summen, bis Nocona eine energische Geste vollführte.
„Berichtet dem Ältestenrat davon. Er wird sich noch heute zusammensetzen und sich mit den Häuptlingen der Wasps und Quohadis beraten.“
„Beraten?“, fauchte ein Mann. „Lasst uns sofort losreiten. Lasst uns alle Krieger zusammenrufen. Wir werden die Gelben Haare finden und niedermachen, noch ehe sie das Dorf der Penateka auch nur von Weitem sehen.“
Wieder erhob sich wildes Geheul. In ihrer Ekstase forderten die Stimmen der Männer alle Schrecken dieser Welt heraus und boten ihnen furchtlos die Stirn. Wilde Erregung kroch durch Naduahs Körper und vernebelte ihre Sinne. Nocona würde dagegen sein, dass sie mit den Männern in den Kampf zog, aber sie würde sich über seinen Willen hinwegsetzen. Ebenso wie über den Willen jedes anderen Mannes, der glaubte, eine Frau tauge nicht für den Krieg. Es ging um ihr Dorf, um ihr Leben. Nichts und niemand würde sie davon abhalten, für das zu kämpfen, was sie liebte.
„Seid ruhig!“ Wieder ließ ein Wink Noconas den Lärm verebben. „Die Lanzenträger werden nicht ausrücken, solange nicht die Ältesten beschlossen haben, was richtig ist. Wie viele sind es, Bruder meiner Frau? Wie viele der Gelben Haare rücken gegen uns aus?“
„Etwa fünfzig Mann. Schätzungsweise.“
„Das sind weniger als unsere Krieger. Gemeinsam mit den Wasps sind wir in der Mehrzahl.“
„Das mag sein. Aber die Ranger sind schwer und gut bewaffnet.“
„Na und?“, knurrte Nocona. „Ein Lanzenträger kämpft so gut wie zehn Ranger.“
„Ich sehe schon.“ John seufzte halb beeindruckt, halb resigniert. „Die Geschichten, die man über euch erzählt, sind noch untertrieben.“
„Wir fürchten nichts und niemanden“, bekräftigte Nocona. „Die Geister sind auf unserer Seite, und sie feiern jetzt schon unseren Sieg. Aber jetzt komm. Du und meine Frau müsst miteinander reden. Gehen wir zu Naduahs Zelt.“
„Dann werdet ihr mich also nicht den Frauen ausliefern, damit sie mich drei Tage und drei Nächte lang foltern können? Ich habe gehört, dass die Frauen der Nunumu noch fantasiereicher im Quälen sind als die der Kiowa.“
„Das stimmt. Ihnen gehen niemals die Ideen aus.“ Naduah war überrascht, dass keine Angst sie berühren konnte. Stattdessen füllte euphorischer Mut ihr Herz und hoben sich ihre Lippen zu einem wilden Lächeln. Die Bedrohung mochte nah sein, sehr nahe, doch als sie ihren Arm um John legte und an seiner Seite zum Dorf ging, fühlte sie sich allem und jedem gewachsen. Ja, die Geister waren auf ihrer Seite. Sie hatten sie mit Nocona zusammengeführt, und sie hatten John zu ihnen gebracht, um sie vor ihren Feinden zu warnen. Wenn das keine Zeichen waren, was dann? Johlend ritten die Krieger voraus, um die Ältesten zusammenzutrommeln. Nocona und Kehala folgten ihnen mit entschlossenen Mienen.
„Es ist nicht einfach für dich“, stellte John fest. „Ich erinnere dich an damals, und genau das willst du nicht, stimmt’s?“
„Unsinn.“ Naduah schmiegte ihren Kopf an seine Schulter, während sie an
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