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Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Titel: Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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Rücken und schleiften ihn davon. Hin zu einem Wagen, der als Käfig umfunkt i oniert worden war. Zwei davon gab es, beide füllten sich schnell mit zappelnden Leibern. Die Gegenwehr der Krieger war erbittert, doch gegen Kanonen und Hinterlader richteten der beste Bogen und der ta p ferste Lanzenträger nichts aus. Binnen kurzer Zeit waren die Männer entweder tot oder gefangen, während Frauen und Kinder in kleinen Gruppen zum Fluss hinunterrannten und darauf hofften, sich im Uferwald verstecken zu können.
    Naduah entließ ihre Verzweiflung in einem unmenschlichen Schrei. Ihre Mutter war tot. Der Schuss ins Herz musste sie sofort getötet h a ben. Kein Leid, kein Schmerz. Es war schnell gegangen wie ein Blitz, der zur Erde niederfährt. Naduah wiegte Huka, schüttelte sie, küsste ihre Stirn. Sie schrie, raunte, flüsterte und betete, drückte die auskühlenden Hände ihrer Mutter und strich über ihr graues Haar, während Quanah aus vollem Hals brüllte.
    Der Lärm um sie herum verebbte. Ein kurzer, unwirklicher Krieg fand sein Ende. Zelte brannten. Sterbende stöhnten. Weit hinten in den Käf i gen, verschwommen im wabernden Rauch, schrien die Gefangenen.
    Aus dem Augenwinkel sah Naduah, dass ein Soldat zu ihr kam. Sie ließ Huka zu Boden sinken und zog mit der freien Hand das Messer aus ihrem Gürtel. Sie würde ihr Leben und das ihres Sohnes bis zum letzten Blutstropfen verteidigen und im Land jenseits des Sonnenaufgangs auf Nocona warten. Der Soldat blieb stehen. Wovor schrak er zurück? Vor ihrem Blick? Oder vor der Herausforderung, eine Frau zu töten, die ein Kind bei sich hatte ?
    Der Mund des Mannes öffnete sich. „Cynthia Ann?“
    In ihr wurde es still.
    „Cynthia Ann Parker?“, wiederholte der Mann. „Sind Sie die Tochter von Silas Mercer und Lucy Parker, die vor zwölf Jahren geraubt wurde?“
    Ihr Messer traf den Soldaten mitten ins Herz. Er verdrehte die Augen und kippte nach hinten. Kerzengerade wie ein gefällter Baum, ohne e i nen Laut von sich zu geben. Noch ehe er aufschlug, war er tot. Sie schnappte Quanah, warf sich herum und rannte. Stieß Siyos Lockruf aus, rannte und rannte, bis das Dorf hinter ihr lag. Der Name ihres alten Lebens saß wie ein zähnefletschendes Ungeheuer in ihrem Nacken . Zwei Reiter verfolgten sie. Die Hufe der Pferde schmatzten auf nasser, blutg e tränkter Erde. Sie würden sie einfangen und verschleppen. Ihr und ihrem Sohn die Freiheit nehmen und sie langsam töten. Niemals, niemals! Sie würde nicht zula s sen, dass man Quanah einsperrte wie ein Tier.
    Naduah rannte weiter, losgelöst von ihrem Körper und jenem Teil der Seele, der in Schrecken erstarrt war.
    Ein bunter Schatten tauchte rechts zwischen den Pappeln auf. Siyo. Blut rann über ihr geflecktes Fell. Ein Streifschuss an der Kruppe. Naduah zog sich mit der freien Hand auf den Rücken der vorbeigalo p p iere n den Stute, presste Quanah an sich und stieß dem Mustang die Hacken in die Flanken.
    Das Pferd schlitterte einen Hang hinab, überquerte den Fluss und kämpfte sich am gegenüberliegenden Ufer die vom Regen aufgeweichte Böschung hinauf. Immer wieder rutschten ihre Hufe ab. Sie fand kaum Halt auf der glitschigen Erde.
    „Rette uns, alte Freundin. Bring uns weg von hier. Komm schon, du schaffst es.“
    Trotz ihrer Verwundung war die Stute geschickt und stark. Siyo trotzte dem Schlamm, erklomm die Steigung und galoppierte im nächsten M o ment über die Prärie. Sie flog, bis der Wind ihr Blut und Naduahs Tr ä nen getroc k net hatte. Irgendwann verlangsamte sich ihr Lauf, bis er im Schritt endete. Ein Blick über die Schulter brachte G e wissheit – ihre Verfolger hatten aufgegeben.
    Kraftlos rutschte Naduah vom Rücken des Mustangs, legte sich ins Gras und bettete Quanah auf ihre Brust.
    Ihre Mutter war tot. Ihr Dorf vernichtet.
    Über ihr leuchtete der leere, blaue Himmel. Grasähren wogten frie d lich im Sonnenschein. Sie wollte nicht mehr atmen, nicht mehr fühlen. Aber ih r Brustkorb hob und senkte sich und spürte Quanahs süße Schwere. Er fing wieder an zu weinen, also begann Naduah, sein Lie b lingslied zu si n gen:
     
    „Ich will dich in eine Decke aus Wind hüllen.
    Ich will dich in einer Wiege aus Träumen schaukeln.
    Ich werde dir ein Lied vom Gras singen.
    Wenn der Wind mir durchs Haar weht,
    weiß ich, dass du dich in meinem Herzen bewegst.“
     
    Nach einer Weile richtete sie sich auf. Ihre Betäubung nahm zu. Als wäre nichts geschehen, graste Siyo in wenigen Schritten

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