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Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Titel: Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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Klinge der Axt.
    Sie atmete nicht mehr . Spannte sich an von Kopf bis Fuß.
    Lass es nicht wehtun , lieber Gott, auch wenn ich dich enttäuscht habe.
    Bitte!
    Doch nichts geschah.
    Da war keine Axt, die ihren Kopf spaltete. Nur ein kurzer Ruck an i h rer Schulter. Die Hand, die sie festhielt, löste sich. Zögernd öffnete sie ihre Augen. Der Indianer stand noch immer vor ihr. Sein Arm, zum Schlag erhoben, wurde mit festem Griff umklammert von der Hand des jungen Kriegers. Er packte noch fester zu, wand dem Mann die Axt aus der Hand und schüttelte den Kopf.
    Sie hörte, wie er leise etwas sagte. Seine Stimme war sanft und weich, kaum mehr als ein Flüstern. Der Mann mit den Adlerfedern straffte sich. Schließlich stieß er ein Knurren aus, bleckte die Zähne und warf sich herum. Gestikulierend verschwand er in der Dunkelheit aus Rauch und Qualm. Sie lebte, und diese Tatsache erschien ungerecht. Aber vielleicht war genau das ihre Strafe.
    „Čiksuye shni yelo.“ Der junge Krieger war plötzlich bei ihr und hoc k te sich vor sie. „Čiksuye shni yelo.“
    Sie wusste nicht, was diese Wörter bedeuteten, doch seine Stimme klang schmeichelnd und tröstend. Blaue Lichter schimmerten im Haar des Jungen, zwei geflochtene Strähnen verliefen von seinen Schläfen nach hinten. Das Braun seiner Augen war so weich wie der teure Samt, den Mutter in ihrer Brauttruhe aufbewahrte, und sein Gesicht so schön, dass es beinahe wehtat, es anzusehen. Erst aus der Nähe war zu erke n nen, dass auch seine Haut bemalt war. Blasse, rötliche Wellenlinien z o gen sich von der Stirn aus über seine Wangen und bis zum Kinn hinu n ter. Sie sahen aus wie Schlangen, die sich träge wanden.
    Ein Teufel war er. Nach wie vor. Ein Barbar, der ihre Leber essen würde.
    Warme Finger berührten ihre Wange. Unendlich tröstend. Vielleicht war sie längst tot, und dieser Junge begleitete sie in die andere Welt. Konnten Engel in der Gestalt des Teufels daherkommen?
    Der Lärm des Krieges entfernte sich. S ie hatte den Himmel nicht ve r dient. Sie sah den Indianer an, wie sie nie zuvor einen Menschen anges e hen hatte, und es war, als könnte dieser Junge , solange er nur bei ihr war, alles Elend fernhalten. Seine Augen, in denen nichts außer Sanftheit lag, waren wie eine rettende Zuflucht. Sein Gesicht eine Erl ö sung von der Häs s lichkeit der Welt.
    Kein Teufel. Kein seelenloses Ungeheuer.
    Sie wollte sich in seine Arme werfen und ihren Tränen freien Lauf la s sen, als unmittelbar hinter dem Jungen ein Mann auftauchte, sein G e wehr anlegte und schoss. Schmerz brach an ihrer Schulter auf. Sie spürte warmes Blut unter ihren tastenden Fingern. Doch all das war vergessen, als sie in das Gesicht des Indianers blickte. Es war starr und unbewe g lich. Zögernd griff er sich an die Brust. Das Blut, das durch seine Finger rann, sah unwirklich aus. Es war wie ein pulsierender Strom. Cynthia begriff, was geschehen war. Die Kugel, die sie nur gestreift hatte, war durch seine Brust gegangen.
    Ihr Schrei ging im Toben der Schlacht unter. Die Augenlider des Ind i aners fielen zu, ehe sie nach ihm greifen konnte. Langsam sackte er zur Seite.
    „Nein! Bitte nicht! Stirb nicht!“
    Cynthia wollte ihn aufrecht halten, doch sie war nicht stark genug. Sein Blut durchnässte ihr Kleid, seine Finger krallten sich in ihre Hüften. Sie sah noch einmal das Glänzen seiner Augen, dann schlossen sich die Lider.
    „Bitte stirb nicht! Nicht auch noch du!“ Sie packte seine Schultern und schüttelte ihn. „Du musst wach bleiben! Du darfst nicht schlafen. Bleib wach! Bleib bei mir!“ Wie von selbst zog sie ihre Schürze aus, knüllte sie zusammen und presste den Stoff auf das Loch in seiner Brust. Der Schmuck aus aufg e fädelten Knochen war von der Kugel zersplittert worden. Blut, so viel Blut! Sie konnte ihm nicht helfen. Sie konnte ni e mandem helfen. Mit einem Aufschrei warf sie die Schürze beiseite, sank über dem Ju n gen zusammen und legte ihren Kopf auf seine Brust. Ganz leise schlug sein Herz. Cynthia weinte, bis sie sich vollkommen leer füh l te. Eine merkwürdige Ruhe überkam sie. Da war der langsame Rhyt h mus in seiner Brust, und es fühlte sich an, als würde auch ihr Herz träger schl a gen.
    „Bitte nimm mich mit. Ich will nicht hierbleiben.“
    Sie hielt den Sterbenden umklammert. Das Auf und Ab seiner Brust war kaum mehr spürbar. Cynthia schloss die Augen und versuchte, nicht mehr zu atmen. Versuchte, ebenso still zu sein wie er. Um sie herum

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