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Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit

Titel: Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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war wie der Herzschlag des Großen Geistes, der bis in die hintersten Winkel der Seele drang und sichtbare wie unsichtbare Wunden heilte.
    „Was macht dich krank, Vater? Ich weiß, was es bei mir ist. Aber w a rum leidest du? Ist es dein Bein?“
    „Nein. Es sind die Geschichten deiner Mutter.“
    „Was für Geschichten?“
    „Geschichten davon, was passieren wird. Viele tausend Weiße bereiten sich darauf vor, den Westen zu überschwemmen. Unsere Krieger we r den bald nach Dummheitswasser schreien und die Frauen nach Glaspe r len und bunten Bändern. Kinder prügeln sich um sinnlosen Tand und Missionare führen uns mit Honigreden in die Irre. Die Gelben Haare bringen Angst und Habgier in unser Volk. Beides ist schlimmer als der Krieg. Huka kennt das Schicksal der Stämme, die we i ter im Osten leben. Sie werden gespalten, weil manche dem alten Weg und andere dem ne u en Weg folgen wollen. Mütter verbannen ihre Ki n der, wenn sie sich erbrechen oder Durchfall bekommen. Kranke werden ausgesetzt und dem sicheren Tod überlassen, damit sie nicht den restlichen Stamm a n stecken. Das wird es sein, was uns irgendwann tötet. Die Angst. Sie ze r stört alles, was uns stark macht. Deine Mutter hat mir zu viel von den Weißen erzählt.“
    Was sollte sie erwidern? Dass diese düsteren Träume auch sie verfol g ten und ihr Nacht für Nacht eine Zukunft zeigten, die sie nicht sehen wollte? Damals, in ihrem alten Leben, hatten Reisende von den Navajos im Süden erzählt. Man hatte den Stamm aus seinem Land vertrieben und in ein Reservat gesperrt, das mitten in der Wüste lag. Dort, wo es weder Nahrung noch Wasser unter der sengenden Sonne gab.
    „Fresst doch eure eigene Scheiße.“ Mit diesen Worten hatte man Männer, Frauen, Greise und Kinder dem sicheren Tod überlassen.
    „Du bist eine aus dem Volk.“ Mahto erahnte ihre Gefühle. Wie so oft. „Du bist eine von uns. Fühle dich nicht schuldig. Sag mir lieber, was du alles darin erkennst.“
    Er deutete auf einen Haufen Dung. Sie seufzte lustlos.
    „Ich möchte nicht.“
    „Aber dazu bist du hier.“
    „Können wir nicht einfach zurückgehen und es für heute gut sein la s sen?“
    „Sag mir, was du daraus liest.“
    „Ein Maultierhirsch.“ Widerstrebend hockte sie sich nieder und unte r suchte den Haufen. „Ein ausgewachsenes Weibchen. Es scheint gesund zu sein, seine Verdauung ist gut. Aber es war auf der Flucht.“
    „Woran siehst du das?“
    „Seine Köttel sind verteilt. Hier liegt einer, da hinten zwei andere. Das Tier ist gerannt. Erst vor kurzem, denn seine Hinterlassenschaft ist noch feucht.“
    „Könntest du sie verfolgen? Kannst du ihre Spuren sehen, dort, wo nur die besten Jäger sie sehen können?“
    Naduah richtete sich auf und spähte in das Dickicht aus Farnen, B ü schen und schuppigen Baumstämmen. Sie brauchte keine Abdrücke in der Erde mehr, um zu wissen, wohin das Tier geflüchtet war. Ihre Augen entdeckten jene Stellen, an denen die Tautropfen auf dem Moos fortg e wischt worden waren. Sie sah winzige, abgebrochene Zweige und Unr e gelmäßigkeiten im Gebüsch, dort, wo das Tier hindurchgerannt war.
    „Bei der zweigeteilten Zeder ist es nach rechts geflüchtet.“
    „Wie ich sehe, habe ich meine Aufgabe erfüllt.“ Mahto schien zufri e dengestellt. „Und was schließt du daraus, wenn hier irgendwo Spuren eines Menschen auftauchen?“
    Naduah grinste. „Dass es kein Nunumu gewesen sein kann.“
    „Warum?“
    „Weil ich seine Spuren sehe.“
    Mahto lachte, legte einen Arm um ihre Schulter und zog sie mit einem Ruck an sich. „Ganz recht, meine Tochter. Wir sind leise wie der Schritt eines Luchses, geduldig wie ein jagender Puma und schnell wie ein Wi e sel. Wir fallen über unsere Feinde her und verschwinden im Dunkeln, ehe sie uns überhaupt wahrgenommen haben. Ich bin stolz auf dich, kleines Feuer. Ich wusste von Anfang an, dass du starke Medizin besitzt. Und jetzt sage mir, was du tust, wenn du dich verletzt hast und die Wunde sich entzündet?“
    Diese Frage hatte sie gefühlte tausend Mal beantwortet. Aber da sie Mahto kannte, versuchte Naduah nicht, sich vor der Antwort zu dr ü cken. „Ich suche mir einen Baum, auf dem Schimmel wächst. Ich kratze ihn ab und streiche ihn auf die Wunde. Oder ich nehme den Saft von Tabak. Findet man Sonnenhut, kann man die Wurzeln zu Pulver ze r mahlen und es auf die Wunde streuen. Als Auflage nutzt man Sonne n hutblätter. Sein Sud hilft auch gegen Blutvergiftung. Er hilft jedoch nicht

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