Nocturne City 01 - Schattenwoelfe
weiteren Blick auf das Zeichen zu werfen.
Gerade wollte ich wieder nach vorn gehen, um Dmitri alles zu erzählen und McAllister einen telefonischen Lagebericht zu geben, als hinter mir der kantige, kleine Schatten von Roenberg auftauchte. Anstatt mich zu begrüßen, fuhr er mich sofort vorwurfsvoll an: „Hex noch mal, Detective Wilder, was um alles in der Welt haben Sie an meinem Tatort verloren?“
Eine beherrschte Antwort war trotz ernsthafter Bemühungen fast unmöglich. „Oh, das tut mir jetzt aber leid, Sir. Sie meinen diesen Tatort hier? Die Leiche im Club da drinnen? Wenn das tatsächlich Ihr Tatort ist, muss ich mich natürlich vielmals entschuldigen. Es war nur so, dass ich weder uniformierte Kollegen noch Leute von der Spurensicherung gesehen habe. Deswegen habe ich angenommen, dass dieser Tatort noch zu vergeben sei. Und da ich gerade hier war, bin ich eben geradewegs reinmarschiert.“
Innerhalb von einer halben Sekunde veränderte sich Roenbergs Gesichtsfarbe von Kreidebleich zu Alarmrot, und an seiner Schläfe trat eine pulsierende Ader hervor. „Verschwinden Sie hier“, stieß er mit zusammengepressten Zähnen hervor. „Machen Sie bloß, dass Sie Land gewinnen, bevor ich mich vergesse.“
Ich machte einen Knicks. „Mit Vergnügen, Sir.“
„Und wenn Sie jetzt denken, Sie könnten morgen einfach so wieder an Ihren Arbeitsplatz zurückkehren, haben Sie sich geschnitten!“, brüllte er. „Sie sind gefeuert. Und Ihren irischen Mick-Mac-Lieutenant können Sie gleich mitnehmen!“
Ich erstarrte mit hochgezogenen Schultern. Es war eine Sache, wenn Roenberg mich persönlich bedrohte – dank meiner pathologischen Unfähigkeit, derartige Ausbrüche einfach kommentarlos runterzuschlucken, war ich mehr oder minder auf eine solche Szene vorbereitet gewesen –, aber Mac da mit reinzuziehen war absolut inakzeptabel.
„Haben Sie mich verstanden, Detective?“, blökte Roenberg mich an. „Sie beide können morgen auf Ihrem Allerwertesten aus dem Revier rutschen!“
Ich drehte mich zu ihm um. „Zum Teufel mit Ihnen, Sir. Schmeißen Sie mich meinetwegen ruhig raus. Dann werde ich aber so ein Theater lostreten, dass dem Chief of Detectives die Ohren abfallen, das schwöre ich Ihnen. Sie können ruhig weiter versuchen, Stephen Duncan zu decken. Viel nützen wird es ihm nicht. Ich weiß, dass er einen Partner hat, der mit Magie arbeitet. Der hat das Mädchen da drinnen ermordet, um Stephen ein Alibi zu verschaffen.“ Ich streckte einen Finger in sein rot leuchtendes Mopsgesicht. „Sollten Sie Troy McAllister damit reinziehen wollen, dann sehe ich mich gezwungen, den ganzen Fall öffentlich zu machen. Ich bin mir sicher, dass die vielen redlichen Steuerzahler von Nocturne City hellauf begeistert sein werden, wenn sie erfahren, dass es einen Captain bei der Polizei gibt, der Umgang mit Werwölfen, Bluthexern und Hex weiß was noch alles pflegt. Besonders Alistair Duncan wird sich wahnsinnig über eine derartige Presse freuen, denke ich.“
Roenberg schüttelte langsam seinen Kopf und glotzte mich mit Augen an, die so riesig waren, als hätte er gerade den Bigfoot beim Macarenatanzen gesehen.
„Ihre Drohungen können Sie sich sonst wohin schieben“, sagte ich, bevor er meine Vorwürfe als unwahr zurückweisen konnte. Dann drehte ich mich auf dem Absatz um und ließ ihn in der Gasse stehen.
16
Dmitri wartete auf der Straße vor dem Club und erhob sich sofort von seinem Motorrad, als er meinen wütenden Gesichtsausdruck sah.
„Was ist passiert?“ Roenberg eilte mir nach und sagte laut zu Thorpe und dem zweiten Cop: „Officer, Sie schicken das Videotape nur an mich persönlich und niemanden sonst. Ab jetzt geht absolut keine Info mehr raus. An niemanden. Habe ich mich klar ausgedrückt?“
„Jawohl, Sir, Captain!“, antwortete Thorpes Partner.
Dmitri legte seine Hand auf meine Schulter. „Was ist los, Luna? Wer ist der Schlipsträger da?“
„Mein Captain. Er hat mich gerade gefeuert“, antwortete ich niedergeschlagen.
Dmitri kniff die Augen zusammen. „Was? Diese Flachzange? Soll ich ihm mal den Kopf gerade rücken?“
Ich winkte ab und wandte dem Club und dem ganzen Schlamassel den Rücken zu. „Im Moment will ich einfach nur, dass du mich nach Hause fährst.“
„Was ist mit dem Mädchen?“, fragte er, während er das Motorrad startete. „Genauso wie bei den anderen?“
„Genauso. Allerdings ist er diesmal nicht fertig geworden. Außerdem lässt er mir jetzt schon kleine
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