Nocturne City 02 - Blutfehde
sofort an ihren Onkel Seamus. „Nun … dann bist du wohl auch verpflichtet, dieser Spur nachzugehen, Luna. Du kannst allerdings nicht von mir erwarten, dass ich dir dabei helfen werde, Mitglieder meiner Familie hinter Gitter zu bringen. Das werde ich unter keinen Umständen tun.“
„Aber sie haben gemordet, Shelby! Wie kannst du sie da noch so vorbehaltlos decken?“, sagte ich ärgerlich und überlegte kurz, ob ich mich meiner Familie gegenüber jemals so loyal verhalten hatte. Die Antwort lautete: Nein! Weder bei meiner Großmutter noch bei meinen Eltern.
„Es ist meine Familie“, begann Shelby zu erklären, „mein eigen Fleisch und Blut, verstehst du? Ich will dich nicht beleidigen, Luna, aber ich glaube, das kannst du nicht nachvollziehen, weil du so etwas nicht kennst.“
„Das ist doch totaler Quatsch, Shelby, aber red dir das ruhig weiter ein, wenn du dich dadurch besser fühlst.“
„Ich glaube, du solltest jetzt lieber gehen“, forderte sie mich freundlich, aber bestimmt auf und wandte sich wieder ihrem Lifestyle-Magazin zu. „Ich bin müde und habe starke Schmerzen.“
„Gut, wie du willst. Ich werde trotzdem herausfinden, wer hinter diesem Mord steckt. Notfalls auch ohne deine Hilfe“, sagte ich zum Abschied, aber Shelby antwortete nicht mehr.
Ich verließ das Krankenhaus in einem äußerst angepissten Gemütszustand. Meine Partnerin wollte oder konnte mir nicht helfen und hasste mich mittlerweile wahrscheinlich noch mehr als zu Beginn unserer verkorksten Beziehung. Auch bei allen anderen Hexen, die ich kannte, würde ich mit Sicherheit keine Unterstützung finden. Zum einen, weil ich eine Außenseiterin für sie war, zum anderen, weil man mir schon zehn Meilen gegen den Wind anmerkte, dass ich Hexerei, Magie und alles, was damit zusammenhing, auf den Tod nicht ausstehen konnte.
Meine Optionen waren folglich beschränkt, doch ich hatte noch ein allerletztes Ass im Ärmel: Ich würde den einen Hexer um Hilfe bitten, dessen Durst nach Rache größer war als jeder Stolz. Eine derartige Motivation stellte zugegebenermaßen keine sonderlich gute Basis für eine Zusammenarbeit dar, aber ich hatte keine andere Wahl.
Gedankenversunken setzte ich mich in den Wagen und fuhr in Richtung Ghosttown. Kurz nachdem ich auf den Expressway aufgefahren war, wurde ich urplötzlich von einem goldenen Blitz im Rückspiegel geblendet, worüber ich so heftig erschrak, dass ich das Steuer panisch nach links riss. „Verdammte Scheiße!“, fluchte ich und konnte den schlingernden Wagen nur mit Mühe wieder unter Kontrolle bringen.
„Ist dir bewusst, wohin dein Weg dich führen wird, Insoli?“, raunte die wohlvertraute Stimme von Asmodeus in meinem Kopf.
„Lass mich endlich zufrieden! Um ein Haar wäre ich wegen dir in die Leitplanke gebrettert“, brüllte ich in den Rückspiegel, während ich auf dem Standstreifen anhielt und die Warnblinkanlage anschaltete.
„Der Schädel des Mathias sollte nicht das Ziel deiner Suche sein, Insoli. Denn mit ihm wirst du nur das heraufbeschwören, was du zu meiden suchst.“
„Gehts vielleicht noch etwas kryptischer?“, fuhr ich meinen dämonischen Gesprächspartner an und hätte am liebsten einen kompetenten Exorzisten auf dem Beifahrersitz gehabt.
„Wenn unterschiedliche Magieformen zu kollidieren drohen, erregt das meine Aufmerksamkeit. Im Moment fühle ich eine Bedrohung durch die Schwarzmagie eines Hexers. Sie ist tödlich, Insoli. Du würdest besser daran tun, dich von ihr fernzuhalten.“
Ich wollte Asmodeus gerade erneut anschreien, endlich zu verschwinden, als ein Sattelschlepper an uns vorbeifegte und mit seiner dröhnenden Hupe jegliche Kommunikation unmöglich machte. Vom Luftzug des Lasters ergriffen, schaukelte der Fairlane einige Sekunden wie ein riesiger Wackeldackel herum. Als ich danach in den Rückspiegel sah, war der Dämon verschwunden.
„Verdammt!“, murmelte ich und musste das Lenkrad noch fester packen, um das Zittern meiner Hände in den Griff zu bekommen. Ein krampfartiges Gefühl in meiner Brust sagte mir. dass Asmodeus recht hatte. Beharrlich redete ich mir ein, dass man einem Dämon mit goldener Haut und Löwenpranken, der plötzlich auf dem Rücksitz auftaucht und zusammenhangloses Zeug von irgendwelchen Bedrohungen faselte, keine größere Aufmerksamkeit schenken sollte. Trotzdem brauchte ich einige Minuten, um mich wieder so weit zu sammeln, dass ich weiterfahren konnte.
Das Apartmentgebäude der Blackburns machte auch
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