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Nocturne City 02 - Blutfehde

Nocturne City 02 - Blutfehde

Titel: Nocturne City 02 - Blutfehde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge
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Schmerz in meiner Seite den Bann zu durchdringen und eine Flamme in meinem Hirn zu entfachen, die jedes Wesen aus Fleisch und Blut besitzt: den Überlebenswillen. Es dauerte nicht allzu lange, bis ich den scharfkantigen Gegenstand als mein Handy erkannt hatte. Mit Mühe konnte ich meine tauben Finger dazu bringen, das Telefon aus der Tasche zu zerren und blindlings ein paar Tasten zu drücken. Mit einem Knacken schaltete sich der Lautsprecher ein, und mein Körper verkrampfte sich in panischer Angst vor Joshua.
    Aber allem Anschein nach hatte er nichts davon mitbekommen, da er selbst telefonierte: „Ja, hier ist Joshua Mackleroy aus dem O’Halloran Tower. Ja, genau, der Chef des Sicherheitsdiensts. Könnten Sie mir bitte ein neues Hemd vorbeibringen? Ich hatte einen Unfall.“ Wild fluchend legte er auf, und ich rollte mich mühsam auf die Seite, um das Handy unter meiner Hüfte zu verstecken. Obwohl ich mir immer noch wie ein bewegungsunfähiges Holzscheit vorkam, begann ich langsam wieder ein Gefühl für einzelne Teile meines Körpers zu entwickeln. Es waren höllische Schmerzen, aber ich wusste, dass ich Seamus’ Zauber zumindest teilweise durchbrochen hatte. Unweigerlich musste ich an die erzwungene Selbsttötung von Benny Joubert denken. Die Magie von Seamus war zwar mächtig, aber noch nicht perfekt.
    „Was für eine unglaubliche Frechheit“, schimpfte Joshua. „Dreißig Minuten für ein beschissenes Hemd! Aber was solls, so können wir uns noch eine gemütliche halbe Stunde machen, was, Luna?“ Er beugte sich zu mir herunter, zog mein linkes Lid hoch und überprüfte meine Pupille. „Wehe, du machst jetzt schlapp! Würde mich ziemlich enttäuschen, wenn du nicht mehr verträgst. Ich bin doch gerade erst warm geworden.“
    Schon als ich ihn kennengelernt hatte, war mir seine große Klappe aufgefallen, und offensichtlich hatte sich daran nichts geändert. Normalerweise stellten hühnerbrüstige Großmäuler wie Joshua keine wirkliche Herausforderung für mich dar, da ich durch die Kräfte der Wölfin selbst ohne Mondschein Männer aufs Kreuz legen konnte, die doppelt so viel auf die Waage brachten wie ich. In diesem Moment half mir das allerdings wenig, denn ich war nicht nur schwer verwundet, sondern auch in einem starken Zauber gefangen.
    Als Joshua dann aber seine Hand auf meinen Hals legte, um meinen Puls zu messen, tat ich, was jede Frau mit etwas Selbstachtung in dieser Situation getan hätte, und stach ihm mit Zeige- und Ringfinger direkt ins Auge. Mit einem lauten Schmerzensschrei fiel er nach hinten und presste sich die Hand vors Auge. „Du miese Schlampe! Willst du mir das Auge ausstechen, oder was?“
    Steh auf, Luna!, befahl mir die Wölfin. Ich wusste nur allzu gut, dass mich die Küstenwache morgen als aufgedunsene Wasserleiche aus der Siren Bay fischen würde, wenn ich jetzt nichts unternahm. Mit größter Mühe raffte ich mich trotz schmerzender Glieder auf und taumelte so steif und ungelenk wie eine volltrunkene Discogängerin durch den Raum. Joshua bekam meinen Fuß zu fassen und riss mich zu Boden. Ich schaffte es aber, mich an der Kante eines Stahltischs hochzuziehen. Vor dem Tisch kniend, sah ich dort neben einer Reihe Walkie-Talkies auch drei Elektroschocker in grün blinkenden Ladestationen stehen.
    Als ich hörte, wie sich Joshua hinter mir stöhnend aufrichtete und näher kam, griff ich schnell nach einem der Elektroschocker, riss meinen Arm herum und drückte, ohne großartig zu zielen, auf den Abzug. Nach einem kurzen knisternden Geräusch stieg eine kleine Rauchwolke auf, die den Geruch verbrannter Haare im Raum verbreitete. Joshua jaulte wie ein gepeinigtes Tier.
    Die Hand, mit der er mich schon im Nacken gepackt hatte, verkrampfte sich, und dann fiel er bewusstlos zu Boden. Nachdem sich der Elektroschocker mit einem letzten Funken zischend verabschiedet hatte, herrschte völlige Stille.
    Langsam richtete ich mich auf, indem ich mich an Tisch und Wand abstützte. Joshua lag auf der Seite. Der Reißverschluss seiner Anzughose war durch den Stromstoß zu einem silberfarbenen Streifen zusammengeschmolzen. Offensichtlich hatte ich ihn da erwischt, wo es am meisten wehtat.
    „Verdammter Dreckskerl!“, fluchte ich kraftlos, ohne ihm den Tritt verpassen zu können, der eine solche Beschimpfung eigentlich begleiten sollte. Ich wusste, dass ich mich in diesem Moment eigentlich hätte vergewissern sollen, ob Joshua wirklich tot oder nur vorübergehend außer Gefecht gesetzt war,

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