Nocturne City 02 - Blutfehde
stöhnte.
„Tja, Luna, jetzt weißt du Bescheid“, fuhr Joshua mit ruhiger Stimme fort. „Dir wird nichts weiter übrig bleiben, als reglos am Boden zu liegen und die ganze Sache über dich ergehen zu lassen. Aber ich kann dich beruhigen, deine Qualen sind ein Spaziergang im Vergleich zu dem, was ich durchmachen musste, als du davongerannt bist.“ Spätestens nach dem nächsten Fußtritt wünschte ich mir wirklich von ganzem Herzen, tot zu sein. Mein Kopf schien vor Schmerz zu explodieren, und mein Körper stand buchstäblich in Flammen, aber es half nichts – ich war noch immer bewegungsunfähig und bei vollem Bewusstsein im Bann gefangen. Mit weit aufgerissenen Augen lag ich wie versteinert am Boden, während sich Joshua rittlings auf mich setzte. „Seamus hat gesagt, dass du immer noch alles mitkriegst, auch wenn du keinen Mucks von dir gibst. Ich hoffe bloß, dass das stimmt, denn ich habe noch ein paar Überraschungen für dich.“
Dann beugte er sich zu meinem Gesicht herunter und küsste mich. Sein Kuss ähnelte in keiner Weise dem von Dmitri, aber es war eindeutig der eines Werwolfs: Knurrend stieß er mir seine Zunge in den Rachen und riss mir gleichzeitig mit seinen Zähnen die Lippen auf. Als das Blut aus meinem Mundwinkel zu rinnen begann, konnte ich seine Erregung riechen, und ich wusste, dass er jetzt nicht mehr zu halten war. Mit einem fiesen Grinsen packte er mein Gesicht und schlug meinen Hinterkopf wieder und wieder auf den Fußboden, als sei er ein Affe, der eine Kokosnuss öffnen will. Als er mich dann hochzog und auf die Füße stellte, schwirrten Tausende schwarze Sternchen vor meinen Augen herum. Mein Hinterkopf war kalt und feucht, und ich musste nicht einmal tief einatmen, um das Blut riechen zu können, das mir gerade den Nacken hinunterfloss. Eigenartigerweise beunruhigten mich weder das Blut noch die rohe Gewalt sonderlich, denn ich trieb immer noch in einem Meer der Gleichgültigkeit.
Als Nächstes presste mich Joshua mit dem Rücken gegen die Wand und musterte mein Gesicht. Mein Kopf sackte zur Seite, da mich plötzlich ein starkes Benommenheitsgefühl überfiel. „Untersteh dich, jetzt ohnmächtig zu werden!“, schrie er. „Ich habe noch einiges mit dir vor, Luna, und solange ich dich dabei nicht töte, lassen mir die Gesetze unseres Rudels freie Hand.“ Plötzlich ganz behutsam, streichelte er meine Wange. „Und eigentlich will ich dich überhaupt nicht töten, denn lebendig bist du mir viel nützlicher!“
Dann widmete er sich wieder der Sache, die er am besten konnte – mit der Linken hielt er meinen Körper aufrecht, um mit der Rechten weiter auf mein Gesicht, meinen Oberkörper und meinen Bauch einzudreschen. Die Wucht seiner Schläge schien sich mit jedem Hieb zu steigern. Schließlich traf er mich so heftig auf der Brust, dass nicht nur die Luft aus meinen Lungen gequetscht wurde, sondern auch eine Blutfontäne aus meinem Mund schoss, die direkt in seinem Gesicht und auf seinem Hemd landete. Sofort ließ er mich los und wich einen Schritt zurück, um sich das Blut aus den Augen zu wischen. Dann bemerkte er die feinen Blutspritzer auf seinem Hemd und explodierte. „Verdammte Scheiße! Das wird ja immer schöner mit dir! Hast du überhaupt eine Ahnung, wie teuer dieser Anzug ist?“ Wütend ließ er mich stehen und verschwand aus meinem Blickfeld. Kurz darauf konnte ich außer seinen gemurmelten Flüchen hören, wie ein Wasserhahn auf der anderen Seite des Zimmers aufgedreht wurde.
Dann begann ein dunkler Nebel meine Wahrnehmung zu verschleiern, und ich rutschte mit dem Rücken an der Wand zu Boden. Schneller als erwartet tauchte mein Geist in eine Bewusstlosigkeit ab, aus der ich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr erwachen würde. Da mich aber Seamus’ Bann immer noch in Gleichgültigkeit badete, machte ich mir nicht allzu viele Sorgen. Meine Gedanken konzentrierten sich einzig und allein auf die Schmerzen und suchten verzweifelt nach einem Weg, um sie auszuschalten. Unaufhaltsam sank ich tiefer und tiefer in das schwarze Nichts hinab, während die Wölfin in mir mit ausgefahrenen Klauen und gefletschten Zähnen aufheulte und um ihr Überleben kämpfen wollte.
Nachdem ich fast vollkommen auf dem Boden zusammengesackt war, ließ ich mich mit geschlossenen Augen auf die Seite fallen. Sofort zuckte ich zusammen, denn ein kleiner, scharfkantiger Gegenstand verursachte mir höllische Schmerzen in der Rippengegend. Überraschenderweise vermochte der stechende
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