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Nocturne City 02 - Blutfehde

Nocturne City 02 - Blutfehde

Titel: Nocturne City 02 - Blutfehde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge
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inoffiziell davon erfahren würde.
    „Wenn er überhaupt eine Familie hat. Die Blackburns sind alle untergetaucht. Keiner weiß, wo sie wohnen“, sagte Shelby skeptisch.
    Ich setzte mich in den Fairlane und stieß die Beifahrertür auf. „Irrtum. Ich weiß, wo wir sie finden.“ In Ghosttown …
    Bildlich gesprochen war Ghosttown ein vor sich hin siechender Faulpilz in den Abgründen von Nocturne City – ein Ort, den nur die endgültig Verzweifelten nicht mieden und an dem gewöhnliche Menschen schneller das Zeitliche segneten als eine Eintagsfliege. Offenbar kannte auch Shelby den Ruf dieses Stadtteils, denn als ich auf dem Expressway die Ausfahrt 43 nahm, griff sie mit entsetztem Blick nach meinen Arm. „Das kann unmöglich Ihr Ernst sein!“
    Zornig blickte ich ihr zuerst ins Gesicht, dann auf ihre Hand, und im Bruchteil einer Sekunde hatte sie ihren Griff gelöst. „Sehe ich vielleicht so aus, als würde mir unser Ausflug Spaß machen, Shelby?“
    Der Fairlane holperte über bröckeligen Asphalt und jede Menge sonstigen Unrat, der überall auf dem breiten Boulevard, drin einstigen Herzen von Ghosttown, verstreut lag. Nach einer kurzen Blütezeit dank staatlicher Subventionen Anfang der Sechziger war diese Gegend fast vollständig den Flammen der Hex Riots zum Opfer gefallen.
    „Und ich dachte, hier würde überhaupt niemand mehr wohnen“, murmelte Shelby, ohne ihren Blick von den schwarzen Zementblöcken zu wenden, die einst Wohn- und Geschäftshäuser gewesen waren. Als die Scheinwerfer des Fairlane ein paar dürre Gestalten in gekrümmter Haltung erfassten, konnte auch ich meine Anspannung nicht länger verbergen und packte das Lenkrad noch fester.
    „Lassen Sie sich nicht vom Namen täuschen, Shelby. Hier draußen gibt es weitaus mehr sonderbare Wesen als nur Geister.“ So wohnte in dieser Gegend neben den Blackburns auch der Großteil von Nocturne Citys Bluthexen. Meine Cousine Sunny kannte als Casterhexe natürlich alle Gerüchte, die sich um den Wohnsitz von Vincents Familie rankten, und hatte sie mir irgendwann einmal erzählt. Von Wächtermarkierungen aus Menschenblut geschützt, regiere in ihrem Haus eine Sittenlosigkeit unvorstellbaren Ausmaßes, bei der ein oder zwei Orgien täglich keine Seltenheit seien … Obwohl ich wusste, dass Sunny ziemlich oft übertrieb, hatten ihre Schilderungen einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Ein Detail ihrer Erzählung hatte sich mir ganz besonders gut eingeprägt – der Wohnsitz der Blackburns befand sich irgendwo nahe dem Zentrum bei den Sozialbauten.
    „Unglaublich“, murmelte Shelby und ließ ihren Blick über die dunklen Silhouetten schweifen. „Das ist ja wie im Wunderland hier.“
    „Wie in der Hölle, meinen Sie wohl“, widersprach ich ihr, denn jedes Mal, wenn ich in die fremdartige Schattenwelt von Ghosttown eintauchte, wurde ich nervös und bekam schwitzige Hände. Ich wusste nur allzu gut, dass neben den berüchtigten Hexenclans auch verschiedene Werwolfrudel in dieser Gegend hausten, die alle bis zum Äußersten entschlossen ihr Territorium verteidigten. Das wird ein herrlicher Ausflug, dachte ich und tat so, als würde mich das alles nichts angehen; als sei es überhaupt kein Problem, dass ich – eine Insoli-Werwölfin – rotzfrech mit meinem Wagen in ihr Gebiet hineinfuhr.
    Die Insoli waren Werwölfe, die von ihren Rudeln verstoßen worden waren oder, wie in meinem Fall, vor dem Leben in einer solchen Gemeinschaft davonliefen. Unter den Werwölfen galten sie als die Rudellosen, als die Niedrigsten der Niedrigen – die Ausgestoßenen. Trotz der offensichtlichen Nachteile war ich bisher eigentlich ganz gut damit klargekommen, eine Insoli zu sein. Wahrscheinlich half es, dass ich nie Mitglied eines Rudels gewesen war und eigentlich auch kein Rudel wollte.
    Ein Schatten im Scheinwerferkegel riss mich urplötzlich aus meinen Gedanken – offenbar war mir jemand oder etwas vor den Wagen gesprungen. In Sekundenbruchteilen trat ich das Bremspedal durch und brachte den Wagen zum Stehen. Als sich der erste Schreck gelegt hatte, nahm ich den Geruch eines dreckigen Werwolfs wahr, und gleich darauf erblickte ich einen Teenager mit abgewetzten Klamotten, der wild mit den Fäusten auf die Motorhaube des Fairlane hämmerte. Ohne uns eines weiteren Blickes zu würdigen, rannte er dann quer über den Boulevard und verschwand in der Dunkelheit. Allem Anschein nach wurde unser Besuch in Ghosttown noch ereignisreicher, als ich ohnehin schon

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