Nocturne City 02 - Blutfehde
Cop?“, fragte Sunny mit einem Stirnrunzeln. „Setzt sie etwa auch Magie ein, um ihre Fälle zu lösen?“
„Beim Thema Magie ist sie ein kompletter Blindgänger“, antwortete ich. „Sie hat nichts vom magischen Blut ihrer Familie abbekommen, und eine allzu große Begabung für die Arbeit als Cop scheint sie auch nicht zu haben.“
„Ich würde sie trotzdem gern mal kennenlernen und mir ihre Meinung zu einigen Zaubern anhören.“
„Dann komm doch in irgendeiner Nachtschicht auf das 24. Revier und folge einfach der quietschenden Barbie-Stimme. Ihr Gezeter ist nicht zu überhören“, brummte ich. „Sie ist unausstehlich.“
„Das bist du ja bekanntlich auch gern mal … Ihr zwei müsstet also eigentlich ganz gut zusammenpassen“, sagte Sunny mit dem für sie typischen, leicht rechthaberischen Ton und schaute auf die Uhr. „Au, jetzt muss ich aber los. Rhoda braucht meine Hilfe bei einer Sonnenzeremonie.“
„Klar, Rhoda kannst du natürlich nicht warten lassen“, zog ich sie mit einem bittersüßen Lächeln auf.
„Also …“, begann Sunny zögerlich, „… wenn du heute Nacht an irgendeinen gefährlichen Ort gehen musst, dann könnte ich dir eine Schutzrune geben. Ich lerne zwar noch, aber meine Grundlagentechnik ist schon ganz gut.“
Ich wollte gerade abwinken, als mir einfiel, dass ich nach Sunnys Besuch wieder allein in der Einsamkeit meiner vier Wände sein würde. Also holte ich einen Marker vom Schreibtisch an der Eingangstür und streckte Sunny mein rechtes Handgelenk entgegen. „Hier, nimm und kritzle drauflos“, forderte ich sie auf, obwohl es meiner Überzeugung entsprach, dass nichts auf der Welt – noch nicht einmal großkalibrige Schießeisen – einen gegen das wahre Böse zu schützen vermochte.
„Ich habe eine neue Zahnbürste und eine zweite Shampooflasche im Bad gesehen“, sagte Sunny beiläufig, als sie mit der Zeichnung begann, die je nach Perspektive entweder einem kritischen Knoten oder einem Haufen Schlangen in einem Schuhkarton ähnelte. „Schläft Trevor jetzt etwa hier?“
„Manchmal“, antwortete ich gleichgültig, während ich mich darauf konzentrierte, nicht gegen das äußerst unangenehme Gefühl anzugehen, das sich auf meiner Hand ausbreitete, als sich die Rune langsam mit Magie zu füllen begann.
„Ich habs schon nicht kapiert, als du ihn das erste Mal angeschleppt hast. Warum gibst du dich mit dem Typen ab? Du könntest dir locker was Besseres angeln“, nörgelte sie. Nachdem sie die Runen fertig hatte, zog sie einige Linien nach und schmückte die Ränder aus. Mein Arm fühlte sich mittlerweile an, als wäre er mit Unmengen von Nadelstichen malträtiert worden.
„Das ist mir schnuppe, Sunny Im Moment mag ich ihn eben … und überhaupt, seit wann hast du das Recht, über mein Privatleben zu urteilen?“, konterte ich.
„Ach, komm schon, Luna!“, sagte Sunny mit einem Lachen und stieß mir den Marker in die Rippen. „Das ist nicht dein Ernst, oder? Der Typ ist ein abgehalfterter Musiker, der dich dauernd Babe nennt, und er trägt Klamotten, mit denen sie ihn noch nicht mal in einem Video von den Nine Inch Nails auftreten lassen würden. Außerdem sind seine Songs lächerlich.“
„Gut so Sunny, lass einfach mal alles raus, was du wirklich über meinen Freund denkst“, sagte ich sarkastisch, aber Sunny ging nicht darauf ein. Stattdessen beendete sie konzentriert die Runenzeichnung und schaute mich mit großen Augen an, als ich ärgerlich meinen Arm zurückzog. „Ich werde Trevor nicht abschießen, nur weil dir seine Songs nicht anspruchsvoll genug sind. Du hasst doch sowieso alle Typen, mit denen ich zusammen bin. Dmitri konntest du auch nicht leiden.“
„Ich mochte Dmitri außerordentlich gern!“, protestierte Sunny, schnappte sich ihre Tasche und kramte ungeduldig nach den Autoschlüsseln. „Zumindest war er immer ehrlich.“
Als ich seinen Namen aussprach, war es so, als würde sich der Schmerz, der mich schon auf der Heimfahrt von den Blackburns gequält hatte, erneut in meinem Herzen ausbreiten und mir jeden Augenblick den Brustkorb zerreißen. „Unglaublich ehrlich ist er gewesen … so ehrlich, dass er davongelaufen ist und seitdem nichts mehr hat von sich hören lassen“, flüsterte ich frustriert. „Ein richtiger Held!“
„Das tut mir leid, Luna, aber da kann ich mich nicht mehr reinhängen. Sei vorsichtig heute Nacht, hörst du?“
Einige Sekunden nachdem sie die Hintertür geöffnet hatte und hinausgegangen war,
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