Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nocturne City 03 - Todeshunger

Titel: Nocturne City 03 - Todeshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge
Vom Netzwerk:
zu nehmen, damit er den Leichensack zumachen konnte.
    Plötzlich raschelte es im Leichensack auf dem Tisch neben uns. Ich stieß ein Quieken aus und hielt die Luft an. Auch Kronen zuckte zurück.
    »Was zum …«, begann er zu fluchen.
    »Wessen Leichensack ist das?«, fragte ich und rief dann lauter: »Wenn das ein Scherz sein soll, ist er verdammt noch mal nicht witzig!«
    »In dem Sack liegt Aleksandr Belodis«, entgegnete Kronen im Flüsterton. »Das weiß ich, weil wir ihn nach der Obduktion dort liegen gelassen haben.«
    »Vielleicht halten Sie mich ja für verrückt, Doktor, aber ich dachte immer, Leichen bewegen sich nicht mehr, wenn sie auf dem Obduktionstisch liegen – besonders dann nicht, wenn ihnen das Herz herausgerissen wurde.«
    Kaum hatte ich ausgesprochen, bewegte sich der Leichensack erneut. Diesmal waren die Bewegungen energischer und von einem wütenden Fauchen begleitet.
    »Ihr Götter«, rief Kronen. Ich hielt mich nicht mit Göttern auf, sondern riss die Pistole aus dem Gürtelholster und schob ihn mit der freien Hand zur Seite.
    »Hinter mich.«
    Aus dem Leichensack ertönte ein lautes Stöhnen – ein markerschütterndes Geräusch, das von Hunger und Qual zeugte und von den stahlverkleideten Wänden der Kühlkammer widerhallte. Nachdem sich Aleksandr Belodis langsam aufgerichtet hatte, drehte er den Kopf in unsere Richtung. Es schien fast, als starre er uns durch den Kunststoffsack hindurch an.
    »Planänderung«, murmelte ich. »Nehmen Sie die Beine in die Hand!«
    Wenn die Untoten sich von den Obduktionstischen erhoben, stellte selbst ein Mann der Wissenschaft wie Dr. Kronen keine Fragen mehr, sondern wirbelte herum und sprintete zum Ausgang. Die Waffe weiter auf den sich windenden Körper gerichtet folgte ich ihm im Rückwärtsgang.
    Ein trockenes Rascheln lenkte meine Aufmerksamkeit auf den oberen Teil des Leichensacks, wo sich vier riesengroße Klauen durch den Kunststoff gearbeitet hatten und ihn nun mit energischen Abwärtsbewegungen in Fetzen rissen. Mit einem feindseligen Knurren kam eine Sekunde später Aleksandrs Schädel zum Vorschein. Er sah furchterregend aus: Die Haare fielen ihm büschelweise aus, und seine silberfarbenen Augen, die unter dem grellen Neonlicht völlig leblos und ölig wirkten, funkelten mich so bedrohlich an, dass sämtliche Alarmglocken in meinem Hirn losdröhnten.
    »Mist«, presste ich halb flüsternd, halb quiekend heraus, als Aleksandr aufstand und die Reste des Leichensacks abwarf. Er machte einen ersten, dann einen zweiten unsicheren Schritt in meine Richtung. Sein Körper begann, sich zu verändern: Die Hautoberfläche wurde glatt und elastisch, und auch die groben Nähte des Obduktionsschnitts verschwanden von einer Sekunde auf die andere. Seine Nase wurde flacher, und seine Zähne begannen zu wachsen. Sein Gang war kraftlos, aber zielsicher, und die kleinen Schlitze, in die sich seine Nasenflügel verwandelt hatten, blähten sich bei jedem Schritt mehr auf. Ich war durch den Anblick der grauenhaften Kreatur so geschockt, dass mein Körper in Sekundenschnelle vollständig mit kaltem Schweiß bedeckt war.
    »Wolf …«, zischte er drohend, während sich seine Haut zu kräuseln begann und dann völlig von ihm abfiel. Inzwischen hatte ich bemerkt, dass der klamme Film auf meinem Gesicht kein Schweiß war, sondern von einem dichten Nebel stammte. Es war fast, als stünde ich vor einem Gletscher.
    »Wolf!«, flüsterte Aleksandr nochmals, und seine nebelhafte Gestalt waberte wie eine Rauchwolke, verfestigte sich aber mit jedem Schritt wieder. Plötzlich hielt er inne, um sich zu sammeln. Als er mich wieder ansah, fletschte er die Zähne und entblößte sein Gebiss – ein ganzes Meer spitzer, silberfarbener, todbringender Zähne funkelte mich an.
    Obwohl Aleksandr schon unglaublich angsteinflößend aussah, geschah im nächsten Augenblick etwas, das mich endgültig aus der Bahn warf: Der leb- und herzlose Körper Jin Takehikos keuchte zweimal schwer und richtete sich dann mit einer plötzlichen Bewegung auf seiner Bahre auf.
    »Verflucht!«, presste ich zwischen gefletschten Zähnen hervor.
    Aleksandr vergalt mein Fluchen mit einem Grollen und ging in die Hocke, um zum Sprung anzusetzen. Sofort fuhr ich herum und versuchte, zum Ausgang zu rennen. Nach nur zwei Schritten stolperte ich und fiel der Länge nach zu Boden. Ich verlor meine Pistole, die geräuschvoll in eine dunkle Ecke schlitterte. Wenig begeistert von meinem Fluchtversuch begann das Scheusal

Weitere Kostenlose Bücher