Nocturne City 03 - Todeshunger
Erschaffer mit dem Biss erhielt. Auch fand ich erst Jahre später heraus, dass mich Joshua nicht nur in eine Werwölfin, sondern auch in einen Leiter – ein Wesen, das magische Energie durch bloße Berührung absorbieren konnte – verwandelt hatte.
»Luna!«, rief Dmitri, aber meine Lider begannen bereits wieder zu flattern. »Sie wird schon wieder ohnmächtig. Besser, wir rufen einen Krankenwagen.« Mit verzweifeltem Gesichtsausdruck strich er mir über die Stirn. »Was hast du dir bloß dabei gedacht, dich nach einer so schweren Verletzung gleich wieder in die Arbeit zu stürzen?«
Ich versuchte, ihm zu erklären, dass etwas nicht stimmte, dass die Wunde sich meiner bemächtigte und mich langsam, aber sicher in die Schattenwelt zog, aber ich brachte keinen Ton heraus. Ich musste kurz an die kaum sichtbaren Abdrücke auf der Brust Bertrand Lautrecs und der anderen denken. Hatte ihr Mörder sie infiziert, damit sie als Monster von den Totenbahren auferstehen? Stand auch mir dieses Schicksal bevor? Würde auch ich von unstillbarem Blutdurst getrieben Jagd nach lebendem Fleisch machen?
»Beeil dich!«, rief Dmitri Sunny zu und schüttelte mich dabei immer wieder. »Komm schon, Luna!«
Ich versuchte, ihm zu sagen, dass er mich loslassen sollte, hatte aber nicht mal annähernd genug Atem dazu. »Sunny …«, ächzte ich, denn ich wusste, was jetzt zu tun war.
Sie legte sofort auf und kam angelaufen. »Ich bin bei dir. Komm schon, sag mir, was das Problem ist«, murmelte sie und griff meine Hand.
Ich erwiderte den Druck ihrer Finger und fühlte einen Augenblick später schon das wohlbekannte Prickeln zwischen unseren Handflächen. »Tut mir leid …«, hauchte ich noch und ließ dann Sunnys magische Energie in meinen Körper fließen.
Plötzlich explodierte alles um mich herum in einem Feuerwerk der Sinne. Ich hörte Sunnys und Dmitris Herzschlag, die Wellen des Ozeans und sogar die Sirenen weit entfernter Rettungsfahrzeuge, die mit den Nachwehen des Erdbebens beschäftigt waren. Selbst die unmöglichsten Dinge konnte ich jetzt riechen und schmecken. Auch mein Sehvermögen potenzierte sich so sehr, dass ich die Augen zukneifen musste, um nicht durch das Licht der Deckenlampe über mir zu erblinden.
In meinem Innersten trat ich indessen gegen das Ding an, das das Monster in mich gepflanzt hatte – den Fremdkörper, der wie klebriges Öl mein Blut vergiftete. Mit einem abscheulichen Geräusch platzten die Nähte der fiebrigen Furchen in meinem Arm auf, doch dann begannen die Wunden, sich erneut zu verschließen. Als Dmitri sah, dass meine Verletzungen heilten, riss er ruckartig meine Hand von Sunnys los. Zitternd und bleich setzte sie sich schwer auf den Boden.
»Bei den Göttern!«, flüsterte Dmitri. »Alles in Ordnung mit dir, Luna?«
»Sunny?«, rief ich als Erstes zu meiner Cousine hinüber. Als ihre magische Energie schrittweise wieder aus meinem Körper verschwand, normalisierten sich auch meine Sinneseindrücke wieder.
»Mir geht es gut«, sagte sie mit schwacher Stimme. »Und dir?«
»Mir auch«, antwortete ich, während ich mich aufsetzte und den Kopf schüttelte, um die Strähnen vor meinen Augen loszuwerden. »Ich glaube, ich bin jetzt auch wieder gesund.«
»Das ist interessant«, sagte Sunny leise. Sie stützte sich an der Wand ab und kam mühevoll auf die Beine. Als ich sah, dass sie immer noch heftig bebte, schaute ich betreten zu Boden.
»Interessant?«, rief Dmitri überrascht aus. »Erst wird sie ohnmächtig, dann bringt sie dich fast um, und alles, was du dazu zu sagen hast, ist ›Das ist interessant‹?«
»Ich habe sie nicht fast umgebracht«, protestierte ich. »Ich habe nur ein wenig von ihrer magischen Energie aufgesogen und mich sogar vorher entschuldigt!«
»Mit ›interessant‹ meine ich deine Verletzungen«, erklärte Sunny. »Es scheint, als hättest du dich infiziert. Wie ein Werwolf, verstehst du?« Sie drückte die Handballen auf ihre Augen und massierte mit den Daumen ihre Schläfen. »Luna, ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, wozu die Wendigos in der Lage sind oder ob sie dich tatsächlich infizieren können oder nicht. Mein einziger Anhaltspunkt sind die Schriften in Rhodas Bibliothek, und selbst diese Quelle ist nicht sonderlich vertrauenswürdig, weil die jüngsten Bücher zweihundert Jahre alt sind.« Sie nahm die Hände wieder vom Gesicht und sah Dmitri an. »Du weißt mehr.«
»Ich habe dir schon mal gesagt, dass ich mit diesen Wilden nichts zu tun habe«,
Weitere Kostenlose Bücher