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Nördlich des Weltuntergangs

Titel: Nördlich des Weltuntergangs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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laufen gelernt hätten, wenn es in Paläs­ tina Schnee gegeben hätte. Es war schließlich angeneh­ mer, auf Skiern dahinzugleiten, als durch dicken Schnee zu waten. Eemeli Toropainen fragte, in welcher Angele­ genheit der Bischof unterwegs war. War er auf einer Inspektionsfahrt? »Ich bin gekommen, um Ihre Kirche und Ihren Friedhof zu weihen. Die Bischofskonferenz hat im Herbst einen entsprechenden Grundsatzbe­ schluss gefasst. Ich wollte eigentlich gleich anschließend kommen, aber meine Gallensteine machten mir zu schaffen, man hat sie mir herausoperiert.«
    Der Bischof zog aus den Falten seines Umhangs eine Glasflasche, in der ein paar kleine Steine klimperten. Eemeli Toropainen beäugte sie im Schein des Kaminfeu­ ers.
    »Hübsche Steine«, bestätigte auch Taina Korolainen. Bischof Ryteikköinen barg die Flasche wieder in sei­
    nem Umhang.
    Die Teilnehmer der Bischofskonferenz hatten die Tat­ sache vermerkt, dass die Kirche von Ukonjärvi mehr Besucher zu verzeichnen hatte als jede andere Kirche im Bistum. Da sie dermaßen beliebt war, war es nicht richtig, dass die evangelisch-lutherische Kirche Finn-lands sie nicht offiziell in ihren Schoß aufnahm. Er wolle nun dafür sorgen, sagte der Bischof, dass das Problem von der Tagesordnung verschwinde. In Ukonjärvi dürfe somit auch eine Kirchgemeinde gegründet werden.
    »Wir haben schon eine Kirchgemeinde und sogar eine eigene Pastorin, in dieser Hinsicht kommen wir also allein klar«, meinte darauf Eemeli Toropainen.
    »Aber sie ist ja nur eine Feldgeistliche und noch dazu eine Frau«, wandte der Bischof geringschätzig ein.
    Eemeli Toropainen berichtete, dass Pastorin Tuirevi Hillikainen, die nunmehr Feldpröbstin sei, die Kirche und den Friedhof gesegnet habe. Insofern sei der lange Skiausflug des Bischofs umsonst gewesen.
    »Oh nein, guter Mann! So schlecht ist es noch nicht um die Welt bestellt, dass eine geschasste Pastorin das Recht hätte, Kirchen zu weihen!«
    Man kam in der Sache nicht weiter. Da es bereits frü­ her Morgen war, schlug Taina Korolainen vor, schlafen zu gehen. Sie hatte für den Bischof ein Bett im Gäste­ zimmer zurechtgemacht. Nachdem er noch ein Gläschen Kräuterschnaps getrunken hatte, kroch der Bischof unter seine Decken. Vorher äußerte er die Absicht, gleich zu Beginn des Tages mit der Feldgeistlichen über das Thema sprechen zu wollen.
    »Assessor Henriksson, unser Rechtsgelehrter, wird Ihrer Feldgeistlichen schon die richtigen Grundsätze erklären«, murmelte der Bischof. »Gebe Gott, dass er nicht in der Einöde von Kainuu erfroren ist.«
    Am Morgen traf der Assessor ein. Er wurde mit dem Pferdeschlitten aus Sotkamo gebracht, wo er übernach­ tet hatte. Henriksson war ein beleibter Mann. Er schleppte eine dicke Aktentasche ins Haus und ent­ nahm ihr einen Stapel Dokumente, die er auf den Wohnzimmertisch packte.
    Tuirevi Hillikainen wurde gerufen. Als sie erfuhr, dass die von ihr längst geweihte Kirche samt Friedhof erneut und angeblich offiziell geweiht werden sollte, protestierte sie. »Die finnische Kirche erwacht in dieser Angelegen­ heit zu spät. Die geistlichen Rituale sind längst vollzo­ gen. Ich akzeptiere nicht, dass man herkommt, um in meiner Kirche nachträglich spezielle Weihehandlungen durchzuführen.« Daraus entspann sich ein heftiger theologischer Disput. Tuirevi Hillikainen fühlte sich in ihrer Ehre als Frau und Feldpröbstin tief gekränkt und bemängelte, dass ihre Fähigkeiten und ihre Autorität als Pastorin weder im Bistum noch in der Bischofskonferenz zur Kenntnis genommen wurden. Eemeli Toropainen versuchte in dem Streit zu vermitteln, aber da er Laie war, hörte niemand auf ihn. Der Assessor versuchte unter Berufung auf zahlreiche Paragrafen des Kirchen­ gesetzes zu beweisen, dass die Kirche von Ukonjärvi mit legalen Methoden geweiht werden müsse, desgleichen der Friedhof. Der Bischof betonte, es gehe lediglich darum, der Formalität Genüge zu tun. Denn da Tuirevi Hillikainen nun einmal nicht das Bistum, sondern ledig­ lich die Asser-Toropainen-Stiftung vertrete, habe sie nicht das gesetzliche Recht, Kirchen zu weihen. Auch wenn die Stiftung an sich eine legale Gemeinschaft und von ihrer irdischen Macht her sehr stark sei, dürfe sie sich nicht zur Kirchgemeinde erklären, geschweige denn eigene Pastoren einstellen und mit deren Hilfe Sektentä­ tigkeit betreiben. Die evangelisch-lutherische Staatskir­ che Finnlands sei vorläufig immer noch stärker als die Stiftung und somit

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