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Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)

Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)

Titel: Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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bringt es?‹«, so die Erfahrung von Petra Schubert, Human Resources-Beraterin und Partnerin von Kienbaum Consultants International. »Und dann fängt man an, dagegen zu reden: ›Es ist zu aufwendig, es funktioniert doch alles auch so.‹ Dann bezieht man andere Kollegen mit ein, um es schlecht zu machen: ›Der Kollege da hat so eine Idee – ich habe sie schon mal angeguckt, und es macht einfach keinen Sinn.‹ Man sucht sich Verbündete, und bald hat man eine kleine Gruppe gegen die Idee aufgebaut. Wenn es so weit ist, muss man auch den Chef einbeziehen, und dann ist die Sache endgültig gestorben.«
    Die Tradition der gemeinschaftlichen Ideenzerfleischung macht die deutsche Firmenkultur weltweit so einmalig. Wie nirgendwo sonst ist der deutsche Mitarbeiter in allen Künsten des Mauerns fit. Das merkt man schon an der Atmosphäre, wenn man gewisse Firmengebäude betritt. Es schlägt einem das sichere, zuversichtliche Gefühl entgegen: »Hier wird nichts Neues ausprobiert. Keine Angst! Hier können Sie sich wohlfühlen.«
    »Das kritische Denken schafft im Extremfall eine Atmosphäre, die feindlich ist für Kreativität«, bestätigte Berner. »Es führt dazu, dass kreative Menschen frustriert aufgeben, weil alle nur darüber nachdenken, was nicht geht. Diese Kettenreaktion an destruktivem Verhalten kann sich am Ende zu einer Unternehmenskultur verfestigen. Am Ende sind die Dummen die, die Vorschläge machen und die Gewinner sind die, die nur kritisieren.«
    Ich war beeindruckt. Eine Firmenkultur, die nur von Kritteln bestimmt ist! Das zeigt, was Bremser alles in dieser Welt bewegen. Das Schöne daran ist: Ist die Damit-bin-ich-nicht-einverstanden-Kultur einmal aufgebaut, funktioniert sie fortan von selbst.
    Ich wollte ein konkretes Beispiel hören, mit allen Details. Also fragte ich bei den mir bekannten Nörgelforschern nach, bis ich auf eine große, gestandene Logistik-Firma im Schwäbischen stieß, die europaweit zahlreiche Kunden in den verschiedensten Orten und Branchen beliefert. Ihre Arbeit ist so kompliziert, dass sie keine standardisierten IT-Systeme benutzen kann, um ihre ganzen Aktivitäten zu koordinieren, denn jeder Einzelschritt ist hoch spezialisiert. Also haben sie eine eigene IT-Abteilung. Und weil eben solche Firmen im harten, globalen Konkurrenzkampf immer auf der Suche nach Möglichkeiten sind, ihre Arbeit zu optimieren, kam jemand in der IT-Abteilung irgendwann auf die großartige Idee: Wir machen aus einer Abteilung zwei Abteilungen!
    Das hatte auch Sinn. Zumindest bei den großen IT-Firmen, die Software entwickeln, vertreiben und unterstützen, ist es heute durchaus üblich, Entwicklung von Support zu trennen.
    »Entwicklung und Support sind zwei verschiedene Vorgänge«, erklärte mir der IT-Manager und unfreiwillige Nörgelforscher Willi S., der anonym bleiben wollte, weil er immer noch in einer der beiden Abteilungen arbeitet. »Es ist effizienter, wenn sie nicht aneinander gebunden sind. Ist ein Programm zur Reife entwickelt, sollen die Entwickler zur nächsten Aufgabe gehen und es anderen Fachkräften überlassen, das Programm an den Kunden zu bringen und die Kunden kontinuierlich zu betreuen.«
    Es war nicht Willi S., der auf die Idee kam, sondern ein Kollege von ihm, nennen wir ihn Hans. Er erzählte seine Idee dem Management, und das Management war begeistert, nicht nur von der Idee selbst, sondern auch davon, dass Hans in der neuen Position als übergeordneter Manager für beide Abteilungen deren Trennung durchführen sollte. »Wenn man das richtig umsetzt«, erklärte Willi, »hat man eine bessere Planbarkeit, eine höhere Kostentransparenz und eine höhere Standardisierung, man kann die Tätigkeiten und Leistung der Mitarbeiter klarer einschätzen.«
    Selbst in der IT-Abteilung waren die meisten Mitarbeiter der Meinung, die Idee sei gut. Außer einigen unverbesserlichen Pessimisten, die Bedenken äußerten: Entwicklung und Support voneinander zu trennen, das wäre vielleicht für große IT-Firmen sinnvoll, aber in diesem Fall handele es sich doch um eine kleine IT-Abteilung innerhalb einer größeren Firma mit ganz eigenen Strukturen.
    Könnte es sein, dass das favorisierte Modell nicht so recht auf diese Firma zugeschnitten war?
    Völlig egal. »Das ist die Zukunft«, riefen die Manager begeistert, »das wird uns konkurrenzfähig machen! Endlich einer mit Ideen und Mut. Und das Beste ist, er verspricht uns, das alles ohne zusätzliche Kosten hinzukriegen! Prost!«
    Bald

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