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Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)

Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)

Titel: Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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deutsche Nörgler ein kleiner Tom Cruise.
    »Wir Deutschen neigen zum Beispiel dazu, nichts auf den Markt zu bringen, solange es nicht ausgereift ist«, meinte Winfried Berner. »Japanische Unternehmen gehen oft sehr früh mit einem Produkt auf den Markt und lernen dann aus der Reaktion der Kunden, es zu optimieren. Ihr entscheidender Vorteil allerdings: Sie sind zuerst damit auf dem Markt.«
    Im Bereich Software ist das Bananenprinzip gang und gäbe – das Produkt reift beim Kunden. Man bringt das Programm früh und unausgereift auf den Markt und löst die Probleme später über Patches. Na gut, mit Windows Vista ist das in die Hose gegangen, trotzdem sind die meisten Softwarepakete, die wir kaufen, längst nicht perfekt. Das wissen wir auch, und die Entwickler wissen, dass wir es wissen. Diese Methode würde ein Deutscher »blinden Aktionismus« nennen; die Amis und Japaner nennen es Versuch und Irrtum .
    Diese Praxis geht so: Anstatt jedes Detail im Voraus geistig auszuknobeln und jede mögliche Entwicklung zu Ende zu denken, macht man einfach was. Man wird schon sehen, was passiert. Falls man es überlebt.
    Und tatsächlich, im Versuch-und-Irrtum-Verfahren werden noch heute viele Drogen, Arzneien und weitere chemische Zusammensetzungen entdeckt. Man probiert verschieden Kombinationen aus, und irgendwann passiert etwas Interessantes: Das Labor fliegt einem um die Ohren, oder man kriegt Halluzinationen oder einen Orgasmus, wo man ihn am wenigsten erwartet. So funktionieren nicht wenige Entwicklungsabteilungen: Auch wenn man keine Ahnung hat, was es bringt, entwickelt man fröhlich Ideen in der Hoffnung, dass schon irgendwas dabei herausspringt.
    Die Methode, nach Versuch und Irrtum zu verfahren, wurde von einem gewissen Edward Lee Thorndike an der Columbia University in Amerika in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelt. Thorndike war Verhaltensbiologe mit einem großen Interesse an Katzen. Um zu erfahren, ob und wie Tiere lernen, entwarf er folgendes Experiment: Er setzte eine Katze in eine Kiste ohne Tür und Fenster – und ohne Futter. Es gab nur einen Ausweg: An der Wand hing eine Schlaufe, und daran musste man ziehen, damit eine Klappe aufging.
    Das Verhalten der Katze war interessant. Sie kratzte und schnüffelte überall, rief miauend nach Hilfe, sprang herum, aber es passierte nichts. Endlich zog sie an der Schlaufe. Die Klappe ging auf. Die Katze löste das Problem nicht mit der Hilfe ihres überlegenen Geistes, sondern sie probierte einfach wahllos alles aus.
    Die Deutschen sind allerdings geistig doch etwas weiter entwickelt als eine Katze.
    Hätte Thorndike statt einer Katze einen Deutschen in die Kiste gesetzt, hätte der alles sorgfältig inspiziert, klar analysiert und mit unerbittlicher Logik den messerscharfen Schluss gezogen: »Es gibt hier in der Kiste nichts außer dieser Schlaufe …, wenn ich also eine verheerende Katastrophe vermeiden will, muss ich nichts weiter tun, als bloß meine Finger davonzulassen.«
    Als Amerikaner kann ich nicht ernsthaft etwas gegen die ehrwürdige Tradition der rituellen Ideenzerfleischung sagen, denn mich regt es nicht wirklich auf, wenn die Deutschen immer wieder auf dem Markt von meinen Landsleuten mit neuen Ideen und Entwicklungen geschlagen werden, weil die Amis einfach schneller sind. Andere dagegen regt das tierisch auf, besonders deutsche Unternehmensberater, die nicht einsehen, warum die Bremser die Schicksale ganzer Branchen steuern sollen.
    Als ich die Unternehmensberater Winfried Berner und Petra Schubert fragte, was sie solchen Firmen erzählen, nannten sie einige Methoden: Man trennt die Ideen-Menschen von den Fehler-Findern, am besten in zwei voneinander getrennten Abteilungen, wenn nötig sogar in verschiedenen Gebäuden. Erst, wenn eine Idee sich verfestigt hat, geht sie an die Entwicklungsabteilung, deren Aufgabe es ist, sie kritisch zu betrachten und zu perfektionieren. »Und die Firmen müssen verstehen, dass sie die perfekte Lösung nicht auf einen Schlag finden werden«, sagte Berner. »Es geht nicht gleich um die Frage: ›Ist der Vorschlag perfekt?‹, sondern man muss zu fragen lernen: ›Ist das, was wir haben, besser als das, womit wir angefangen haben?‹«
    Vor allem knöpfen sich die Unternehmensberater den Chef vor.
    »Wenn Mitarbeiter sich nicht an die Firma gebunden fühlen, liegt es in erster Linie am direkten Vorgesetzen und seinem Führungsverhalten«, betonte Marco Nink. »Es passiert nicht über Nacht, dass man

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