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Nora Morgenroth: Der Hüter

Nora Morgenroth: Der Hüter

Titel: Nora Morgenroth: Der Hüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Michelsen
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wir dich mal.»
    Fünfzehn Minuten später lagen wir im Bett, beide auf dem Rücken, Seite an Seite. Nur unsere Arme berührten sich. Ich starrte an die Decke.
    « Es tut mir leid, dass ich dir wehgetan habe.»
    « Ist schon gut. Was war mit dir eigentlich los? Wieso bist du nach unten gerannt?»
    Ich hörte seiner Stimme an, dass er gleich einschlafen würde.
    «Lass uns morgen reden.»
    Seine Hand tastete nach meiner.
    Zum Glück ließen die Träume mich für den Rest der Nacht in Ruhe.
    Als ich aufwachte, schien die Sonne durch die dünnen Vorhänge ins Zimmer und Oliver war schon fort.
    Ohne nach ihm zu rufen, wusste ich, dass ich allein im Haus war. Es war schon eigenartig, wie sehr ich mir seiner Gegenwart bewusst war, wenn wir uns beide zuhause aufhielten, auch wenn jeder in seiner eigenen Ecke lautlos vor sich hin werkelte. Ich konnte an meinem Computer sitzen und Oliver lag unten auf dem Sofa und las, keiner sagte etwas und dennoch wusste und spürte ich, dass er mir nahe war.
    Nur in der vergangenen Nacht hatte ich nichts von seiner Anwesenheit gespürt, aber das lag wahrscheinlich daran, dass ich von den Alpträumen gepeinigt durch das Haus getobt war. Ich war noch gar nicht wirklich wach gewesen. Doch an den Traum wollte ich jetzt nicht denken. Ich beschloss, den heutigen Tag außer Haus zu verbringen. Das würde mir gut tun. Mal wieder in die Stadt fahren, shoppen, irgendwo einen Kaffee trinken.
    Ich stand auf, duschte und zog mich an. Als Erstes fuhr ich einkaufen, was lange überfällig war. Im Nachbarort bekam ich alles, was wir zum täglichen Leben brauchten, es gab dort einen Supermarkt, einen Bioladen, der hervorragendes, frisches Gemüse anbot und einen Bäcker.
    Nachdem ich unsere Vorräte aufgefüllt hatte, rief ich Hedda in Vallau an und ließ mich bereitwillig zum Mittagessen einladen. Wir drei Frauen, Hedda, Viola und ich, aßen Kartoffelbrei und Fischstäbchen, was ich ungefähr seit hundert Jahren nicht mehr gegessen hatte. Es schmeckte irgendwie nach Kindheit. Nicht sehr lecker eigentlich, das hatte ich anders in Erinnerung gehabt. Omis Kartoffelbrei war allerdings immer selbst gestampft gewesen und nicht aus der Tüte wie bei Hedda.
    Während meine Schwester die Kleine zum Mittagsschlaf hinlegte, räumte ich unser Geschirr in die Spülmaschine. Als Hedda in die Küche zurückkam, zauberte sie zwei Milchkaffee aus ihrem sündhaft teuren Kaffeeautomaten und wir verzogen uns mit unseren Tassen auf den Balkon.
    Meine Schwester legte wohlig seufzend die Füße auf einen gegenüber stehenden Stuhl. Wir tranken und genossen den guten Kaffee und die Stille. Es war schon herrlich warm für Mitte Mai. Von ihrem Balkon im dritten Stock hatte man einen schönen Blick auf die gegenüberliegenden Jugendstilfassaden und die Straße war von rosa und weiß blühenden Kastanien gesäumt. Eine schöne Straße, aber ich zog inzwischen unsere ländliche Idylle dem Stadtleben vor. Keine Frage.
    Es war friedlich und angenehm, hier zu sitzen. Irgendwann bemerkte ich, dass Hedda mich über den Rand ihrer Tasse hinweg beobachtete. Dann legte sie auch schon los.
    « Mann, Nora, wer von uns ist eigentlich die Mutter mit Kleinkind, die kaum Schlaf bekommt? Ich kann von Herzen sagen: Du siehst ja noch beschissener aus als ich.»
    Ich lachte.
    «Genau das hat Bille neulich auch schon gesagt.»
    « Interessant. Dann geht das also schon länger so? Wie geht es eigentlich Bille?»
    « Du, prima, soweit ich weiß. Sie ist ja mit Steven in Südamerika. Sie hat eine SMS geschickt, dass sie in Quito gut gelandet sind. Naja, was soll auch passieren. Das eigentliche Abenteuer geht ja jetzt erst richtig los. Habe ich dir erzählt, was die beiden vorhaben?»
    « Nein, hast du nicht, aber nun komm mal nicht vom Thema ab. Du siehst schlimm aus, ehrlich. So eine Phase hattest du schon mal, weißt du noch? Hast du Streit mit Oliver? Hat er dich betrogen, der Arsch? Dann bringe ich ihn eigenhändig um!»
    « Wieso Arsch? Ich dachte, du magst Oliver?»
    Hedda stellte die Tasse so heftig ab, dass ihr Kaffee überschwappte und eine hellbraune Pfütze auf dem Tisch bildete.
    « Natürlich mag ich ihn. Ich liebe Oliver, wir alle tun das. Du weißt ja, wie Viola ihn vergöttert. Aber wenn er dich betrügt, dann verdient er einen grausamen und sehr langsamen Tod. Das ist ja wohl klar. Also, was ist bei euch los?»
    Hedda wusste nichts von der Gabe und ich würde es ihr ganz bestimmt nicht verraten. Nicht jetzt. Vielleicht nie. Hedda würde

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