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Nora Morgenroth: Die Gabe

Nora Morgenroth: Die Gabe

Titel: Nora Morgenroth: Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Michelsen
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Zeit.“
    „Und was ist dann passiert?“
    „Ich weiß nicht, hinterher war es irgendwie vorbei. Die Wut ist weg. Ich hab gemerkt, dass Daniel mich wohl fast genauso vermisst hat wie ich ihn. Das mit der Virginia und dem Baby scheint sich auch nicht ganz so zu entwickeln, wie er sich das vorgestellt hat. Erst hat es mich genervt, was er erzählte und ich dachte: Was jammerst du mir jetzt die Ohren voll, du Idiot. Aber irgendwie tat er mir dann auch leid.“
    „Daniel tat dir leid? Also, wenn das mal nicht zu weit geht, ich meine …“
    Ich trank noch einen Schluck Wein „Ja, ich weiß, was du meinst. Wenn ich daran denke, wie er mich monatelang angelogen hat, die ganzen Stories, wo er angeblich immer gewesen ist, dann könnte ich immer noch kotzen. Das war mies. Aber, ich weiß nicht, vielleicht habe ich mir auch was vorgemacht.“
    Sybille lehnte sich vor.
    „Wie meinst du das, dir was vorgemacht? Er hat dir was vorgemacht!“
    „Ja, das schon . Aber ich habe mir immer eingebildet, dass wir so glücklich wären, und das kann ja nicht so gewesen sein. Es reicht ja nicht, wenn einer von beiden glücklich ist, oder?“
    S ybille schüttelte energisch den Kopf. Plötzlich musste ich lachen.
    „Ich kann nicht glauben, dass ich ihn jetzt verteidige. Mann, in der ersten Zeit, da hätte ich Daniel echt umbringen können. Aber das hat sich eben auch geändert. Und als er dann neulich da war … es war eben auch schön. Und über eine Sache bin ich auch froh.“
    „Worüber denn? Willst du die Wurst noch?“
    Ich schüttelte den Kopf und Bille griff zu.
    „Dass ich noch mal mit ihm geschlafen habe. Wir sind doch im Streit und so fremd auseinander gegangen. Er ist ein elender Feigling gewesen. Irgendwie ist er das auch immer noch. Ich meine, seiner Neuen hat er ja bestimmt auch nichts von uns gesagt. Zum Glück ist das sein Problem und nicht mehr meines. Aber ich glaube nicht, dass er mit Virginia wirklich glücklich ist. Und was tut er? Er lässt die Dinge laufen. Aber dass wir jetzt nochmal zusammen geschlafen haben… Ich weiß nicht, für mich war das wichtig. Irgendwie hat es mich befreit. Es hat mir halt gezeigt, dass ich über das Schlimmste hinweg bin. Weißt du, wie wenn man mit Rauchen aufgehört hat und dann nach längerer Zeit eine raucht und sich sagt: ja, so war das, aber ich kann es jetzt auch lassen.“
    D ann erzählte ich noch von Heddas Umzugsplänen. Ich schilderte Sybille, wie meine Schwester sich überraschend schnell aus der ersten Schockstarre nach dem Unfall befreit und kopfüber in die Planung ihres neuen Lebens in Vallau gestürzt hatte. Und dass es mir schwer gefallen war, das zu akzeptieren.
    Wir beendeten den Abend mit einem ausgedehnten Spaziergang.
    Sibylle schlief noch tief und fest auf meinem Sofa, als ich am nächsten Morgen die Wohnung verließ. Ich hatte so leise wie möglich geduscht und die Haare geföhnt. An gut sichtbarer Stelle auf der Küchentheke hinterließ ich einen Zettel : Ich muss etwas erledigen. Mach es dir gemütlich, du kannst, wenn du magst, gern auf mich warten. Ich bin gegen Mittag zurück. Sonst telefonieren wir später. N.
    Was ich zu diesem Anlass anziehen würde, hatte ich schon Tage vorher bereit gelegt. In die hochhackigen Schuhe schlüpfte ich erst im Treppenhaus, um keinen Lärm zu machen. Eine knappe Stunde später parkte ich meinen Wagen in einer Seitenstraße nahe der Buchhandlun g Hummel& Soh n . Bevor ich ausstieg, überprüfte ich im Rückspiegel mein Makeup. Ich kletterte aus dem Wagen, wobei das hautenge Schlauchkleid etwas hinderlich war. Ich zog den Rock zurecht, der kaum bis zur Hälfte meiner Oberschenkel reichte. Daniel hatte mir das Kleid geschenkt, als wir vor Jahren zu einer Silvesterparty eingeladen gewesen waren. Gut, dass ich es nicht weggeworfen hatte, nun war das ziemlich aufreizende Stück doch noch zu etwas nütze. Ich verzichtete auf eine Jacke, denn die hätte den gewünschten Effekt nur verdorben. Frierend stöckelte ich los. Obwohl ich früh dran war, hatte sich bereits eine kleine Menschenmenge vor dem Laden gebildet. Alle wollten John van der Brelie sehen, der immerhin aus der Gegend stammte oder jedenfalls fast. Unübersehbar parkte ein Übertragungswagen des regionalen Fernsehsenders vor dem Schaufenster.
    Ich näherte mich der Menschentraube, die sich langsam vorwärts bewegte. Der Einlass hatte begonnen. Ich stellte mich an und war bald durch die weit geöffnete Eingangstür ins Innere des Ladens gelangt. Kein Vergleich

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