Nora Roberts
vor ungefähr einer halben Stunde aufgestanden, um dieselbe Zeit, wie sie es beinahe jeden Morgen tat. »Kayla wollte ihr Frühstück.«
Shannon blickte überrascht auf die Uhr. »Ich schätze, es ist ein bißchen später, als ich dachte. Ich war – draußen.«
»Das dachte ich mir. Hatte Murphy keine Lust, einen Kaffee mit uns zu trinken?«
»Nein, er ...« Sie unterbrach sich und stieß einen verlegenen Seufzer aus. »Ich schätze, wir waren nicht sehr diskret.«
»Man könnte sagen, daß es mich nicht sonderlich überrascht, daß du erst jetzt nach Hause kommst, nachdem ich gesehen habe, wie du ihn angehimmelt hast, als du gestern abend mit ihm aus dem Haus gegangen bist.« Nun, da der Kaffee durchgelaufen war, drehte sich Brianna endlich um. »Du siehst glücklich aus.«
»Ach ja?« Lachend nahm Shannon Brianna in den Arm. »Das sollte ich auch. Ich bin glücklicher als je zuvor. Ich habe die Nacht mit einem Mann auf einer Pferdewiese verbracht. Ich. Auf einer Pferdewiese. Es ist einfach unglaublich.«
»Ich freue mich für dich.« Brianna war tief bewegt von dieser ersten spontanen Geste schwesterlicher Zuneigung. »Für euch beide. Murphy ist ein ganz besonderer Mann. Ich habe die ganze Zeit gehofft, daß er einmal eine ebenso besondere Frau finden würde.«
Shannon hielt ihre Schwester noch eine Minute lang fest. »Brianna, ganz so ist es nicht. Ich habe ihn gern. Sehr gern sogar. Sonst hätte ich nicht mit ihm schlafen können.«
»Ich weiß. Das verstehe ich sehr gut.«
»Aber ich bin nicht wie du.« Shannon trat einen Schritt zurück und hoffte, daß sie Brianna erklären konnte, was ihr selbst bisher unerklärlich war. »Ich bin nicht wie du oder Maggie. Ich will mich nicht hier niederlassen, heiraten und eine Familie gründen. Ich habe andere Ziele im Leben.«
Noch ehe Brianna den Blick abwenden konnte, sah Shannon ihr ihre Besorgnis an. »Er liebt dich sehr.«
»Ich weiß. Und ich bin nicht sicher, ob ich ihn nicht ebenfalls liebe.« In der Hoffnung, nicht ganz aus dem Gleichgewicht zu geraten, wenn sie sich bewegte, wandte sie sich ab. »Aber Liebe reicht als Grundlage für ein Leben nicht immer aus. Du und ich sollten das aufgrund der Geschichte unserer Eltern verstehen. Ich habe versucht, das auch Murphy zu erklären, und ich kann nur hoffen, daß er es verstanden hat, denn das letzte, was ich möchte, ist, ihm weh zu tun.«
»Und du glaubst nicht, daß du dir, indem du dich deinem eigenen Herzen verschließt, selbst ebenfalls weh tust?«
»Ich habe auch meinen Kopf, an den ich denken muß.«
Brianna nahm Tassen und Untertassen aus dem Schrank. »Das ist wahr. Es ist deine ganze Person, die entscheiden muß, was richtig ist. Und es ist schwer, wenn sich ein Teil deiner Person mit dem anderen nicht in Einklang bringen läßt.«
»Du verstehst mich.« Dankbar legte Shannon ihr eine Hand auf die Schulter. »Ich glaube, daß du mich tatsächlich verstehst.«
»Natürlich. Für Murphy ist es leicht. Er braucht seine Gedanken, seine Gefühle und seine Bedürfnisse nicht zu hinterfragen. Sie betreffen alle dich. Aber für dich ist es weniger leicht, und so mußt du dein Glück eben nehmen, wie es kommt, ohne jeden einzelnen Schritt einer genauen Untersuchung zu unterziehen.«
»Genau das versuche ich, und zwar nicht nur Murphy gegenüber. Ich bin glücklich, Brianna«, sagte sie leise, »hier bei euch.«
»Das bedeutet mir mehr, als ich dir sagen kann.« Brianna drehte sich lächelnd zu ihrer Schwester um. »Es bedeutet mir mehr, als ich dir sagen kann, daß es dir so geht. Was für ein schöner Morgen dies doch ist.«
»Ein großartiger Morgen.« Shannon drückte Briannas Hand. »Der beste Morgen, den man sich denken kann. Und jetzt ziehe ich mich erst mal um.«
»Nimm deinen Kaffee mit.« Zu Tränen gerührt, schenkte Brianna ihr eine Tasse ein. »Dann mache ich dir schnell noch ein Frühstück, ehe wir in die Kirche gehen.«
»Nein. Ich nehme den Kaffee mit«, sagte Shannon, während sie nach der Tasse griff. »Und ich ziehe mich um. Aber dann komme ich wieder runter und helfe dir, wenn du das Frühstück machst.«
»Aber ...«
»Ich betrachte mich nicht länger als Gast in deinem Haus.«
Jetzt rannen Brianna tatsächlich die Tränen über das Gesicht. »Nein, du bist wirklich mehr als ein Gast. Tja, dann sieh mal zu, daß du in die Gänge kommst«, wies sie ihre Schwester an, wobei sie sich brüsk umdrehte und sich selbst einen Tee einzuschenken begann. »Die Gäste stehen
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