Nora Roberts
auf seinen Platz zurück. »Keine Sorge.«
»Sie mag ihn so stark, daß ein normaler Mensch ihn nicht mehr runterkriegt.«
»Ich weiß.«
Als Shannon die schmale Bordküche betrat, stellte sie fest, daß das Flugzeug seinem Besitzer sehr ähnlich war. Schlank, praktisch, elegant und bestens durchorganisiert. Sie fand mehrere Sorten Tee und beschloß, daß für Maggie in ihrem Zustand Kamille das beste war.
Als sie hörte, daß Maggie wieder in die Kabine kam, drehte sie sich um.
»Und, besser?«
»Ja.« Doch Maggies Stimme war so grimmig wie die eines Kriegers, der gerade noch lebend aus einer blutigen Schlacht hervorgegangen war. »Das müßte es für heute gewesen sein.«
»Setz dich wieder hin«, wies Shannon sie an. »Du bist immer noch kreidebleich.«
»Besser als grün.« Maggie schnupperte und blickte argwöhnisch auf die Teekanne herab. »Hast du irgendwelche Blumen ausgekocht?«
»Das ist gut für dich. Hier«. Sie gab Maggie eine Schachtel Cracker, auf die sie in einem der Schränke gestoßen war. »Setz dich, Margaret Mary, und iß eins von diesen Dingern hier.«
Zu schwach, um zu widersprechen, kehrte Maggie an ihren Platz zurück.
»Tut mir leid«, murmelte Rogan und legte einen Arm um sie.
»Erwarte nicht, daß ich nicht sage, es wäre nicht deine Schuld.« Aber zugleich legte sie ihren Kopf an seine Schulter und sah lächelnd zu Liam hinüber, der damit beschäftigt war zu überlegen, ob er lieber malen oder den Wachsmalstift essen sollte, den ihm sein Vater ausgehändigt hatte. »Weißt du, was ich denke, Rogan?«
»Was denkst du, Margaret Mary?«
»Daß ich mit dem kleinen Teufel da die leichteste Schwangerschaft hatte, die man sich denken kann.« Sie bedachte Liam mit einem stählernen Blick, als dieser den Stift an seine Lippen hob, so daß er sich grinsend fürs Malen entschied. »Vielleicht ist diese hier ja nur deshalb ein wenig unangenehmer, weil wir ein ruhiges, pflegeleichtes Kind bekommen, das nie auch nur den geringsten Unsinn macht.«
»Hmmm.« Er beäugte seinen Sohn und entwand ihm gerade noch rechtzeitig den Stift, ehe er die Wände des Flugzeugs zu bemalen begann, woraufhin der Junge unter Protestgeheul das Malbuch auf den Boden warf. »Würdest du das denn wollen?«
Maggie lachte, während der Lärm von Liams zornigem Ausbruch bis in den hintersten Winkel des Flugzeugs drang. »Niemals.«
Brianna hatte die Wahrheit gesagt. Das Dubliner Haus war wirklich eine Pracht. Durch die Fenster sah man auf schlanke, hohe Bäume und einen gepflegten Garten hinaus. Die Möbel waren alt und von geschmackvoller, teurer Eleganz. Von den Decken hingen schimmernde Kronleuchter herab, die Fußböden glänzten frisch poliert, und die Bediensteten bewegten sich mit lautloser Schnelligkeit.
Shannon bekam ein Zimmer mit einem gemütlichen breiten Bett, einem gedämpften Aubusson und einem strahlenden O'Keeffe. Kaum hatte sie sich im Bad frisch gemacht, hatte auch schon eins der Mädchen ihre Tasche ausgepackt und ihre Toilettensachen auf dem Chippendale-Ankleidetisch aufgereiht.
Sie fand Maggie unten im Salon. »Ich habe uns eine Kleinigkeit zu essen bestellt«, erklärte Maggie ihr. »Um diese Tageszeit hat sich meine Übelkeit normalerweise gelegt, und ich habe das Gefühl, daß ich kurz vorm Verhungern bin.«
»Ich bin froh, daß es dir besser geht. Himmel,« Shannon riß die Augen auf, als ihr Blick auf das eine Seite des Raumes beherrschende Kunstwerk fiel. Fasziniert trat sie näher und strich vorsichtig mit den Fingern über das schimmernde Glas.
Mit ihren sehnigen Gliedern und den geschmolzenen Zügen sahen der Mann und die Frau in ihrer vollkommenen Vereinigung prachtvoll, erotisch und beinahe menschlich aus.
»Gefällt es dir?« Auch wenn Maggies Stimme nur mäßiges Interesse verriet, rief Shannons Bewunderung Freude in ihr wach.
»Unglaublich.«
»Ich habe es Unterwerfung genannt.«
»Ja, natürlich. Daß du so etwas geschaffen hast«, murmelte sie voller Verwunderung, »so etwas an einem so verlassenen Ort mitten auf dem Land.«
»Warum denn nicht? Eine echte Künstlerin braucht keine kunstvolle Umgebung. Ah, da kommt das Essen. Sie sind ein Engel, Noreen.«
Maggie war bereits mit einem Hühnchensandwich beschäftigt, als Shannon neben ihren Sessel trat. »Wo ist Liam?«
»Oh, eins der Mädchen ist ganz vernarrt in ihn. Sie ist mit ihm ins Kinderzimmer gegangen, wo sie ihn mit heißer Schokolade verwöhnt. Greif lieber zu, sonst esse ich alles alleine auf.«
Shannon
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