Nora Roberts
beide blaue Augen. Ich erinnere mich daran, daß ich meine Mutter einmal gefragt habe, woher ich ihrer Meinung nach grüne Augen habe, und einen kurzen Augenblick lang sah sie furchtbar traurig aus, ehe sie lächelte und sagte, die hätte mir ein Engel geschenkt.«
»Das hätte ihm gefallen. Und er wäre froh und dankbar gewesen, weil sie einen Mann wie deinen Vater gefunden hat, von dem ihr beide herzlich geliebt worden seid.« Sie blickte auf, als eins der Mädchen mit dem Tee und dem Toastbrot kam. »Es sind zwei Tassen da«, sagte sie, als Shannon sich erhob. »Wenn du möchtest, trink doch eine Tasse mit.«
»In Ordnung.«
»Würde es dir etwas ausmachen, mir zu erzählen, wie sie sich kennengelernt haben – deine Eltern, meine ich?«
»Nein.« Shannon nahm wieder Platz und merkte, daß ihr die Vorstellung, die Geschichte ihrer Eltern zu erzählen, sogar gefiel. Sie wärmte ihr das Herz. Und als Maggie bei dem Gedanken, wie Colin Amanda in den Schlamm geschubst hatte, laut zu lachen begann, fiel Shannon fröhlich mit ein.
»Ich hätte die beiden gerne kennengelernt«, sagte Maggie, als Shannon mit der Geschichte zu Ende war.
»Ich denke, sie hätten dich auch gerne kennengelernt.« Ein wenig verlegen stand Shannon auf. »Hör zu, wenn du noch ein bißchen ausruhen willst, nehme ich einfach ein Taxi zu dem Fotografen.«
»Jetzt geht es mir wieder gut. Ich würde gerne mitkommen und zusehen, wie Jack dich quält. Immerhin hat er mit mir bereits das gleiche gemacht.«
»Vielen Dank für die Aufmunterung.«
»Gern geschehen. Und ...«, sie stellte das Tablett zur Seite und stand ebenfalls auf, »außerdem freue ich mich darauf, mit dir durch die Stadt zu ziehen.«
»Darauf freue ich mich auch.« Shannon lächelte. »Ich warte unten, bis du fertig bist.«
Sie liebte Dublin, liebte den Fluß und die Kanäle, liebte die Brücken, die Gebäude und das Menschengewirr. Und, oh, vor allem die Geschäfte liebte sie. Obgleich sie versessen darauf war, mehr von der Stadt zu erkunden, hielt sie sich zurück und lud Maggie zu einem enormen Mittagessen ein.
Anders als ihre launische Schwester hatte Shannon die Fotografiererei als angenehme, interessante Erfahrung betrachtet, doch als sie dies gesagt hatte, hatte Maggie erschaudernd zur Decke gesehen.
Als sie das Restaurant verließen, überlegte Shannon, daß sie noch nie so lange mit Maggie zusammengewesen war, ohne daß es zu harschen Worten oder bösen Bemerkungen gekommen war, und bald stellte sie fest, daß es zwischen ihnen zumindest eine Gemeinsamkeit zu geben schien: Maggie war eine ebenso begeisterte und schnelle Einkäuferin wie sie – sie sprang von Geschäft zu Geschäft, probierte die Dinge eilig an, unterzog sie einer kurzen Begutachtung und kaufte, ohne daß wie bei den meisten von Shannons Freundinnen erst stundenlanges Überlegen nötig war.
»Nein.« Maggie schüttelte den Kopf, als Shannon einen beigefarbenen Pullover auseinanderfaltete. »Du brauchst Farben, etwas so Neutrales steht dir nicht.«
»Aber er gefällt mir.« Ein wenig schmollend trat Shannon vor einen Spiegel und hielt sich den Pullover vor den Bauch. »Das Material ist einfach ein Traum.«
»Ist es, aber mit der Farbe siehst du wie eine zwei Wochen alte Leiche aus.«
»Verdammt!« Mit einem halben Lachen legte Shannon den Pullover ins Regal zurück. »Das stimmt.«
»Der hier wäre genau das richtige für dich.« Maggie hielt Shannon einen moosgrünen Pullover hin, trat hinter sie und musterte mit zusammengekniffenen Augen ihrer beider Spiegelbild. »Absolut.«
»Du hast recht. Ich hasse es, wenn du recht hast.« Sie legte sich den Pullover über den Arm und befingerte den Ärmel der Bluse, die Maggie in den Händen hielt. »Nimmst du die?«
»Warum?«
»Wenn nicht, nehme ich sie zu meinem Pullover dazu.«
»Ich nehme sie aber.« Mit einem zufriedenen Lächeln nahm Maggie ihre Tüten vom Boden und stellte sich an der Kasse an.
»Wenn ich nicht gesagt hätte, daß ich sie will, hättest du sie bestimmt ins Regal zurückgelegt«, beschwerte sich Shannon beim Verlassen des Geschäfts.
»Nein, obwohl mir der Kauf durch deinen Neid durchaus noch versüßt worden ist. Ganz hier in der Nähe ist ein Haushaltswarengeschäft, in dem ich noch ein paar Sachen für Brie besorgen will.«
»In Ordnung.« Immer noch ein wenig beleidigt wegen der Bluse, folgte Shannon ihr. »Was ist denn das?«
»Eine Musikalienhandlung«, sagte Maggie trocken, als Shannon vor einem Schaufenster
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