Nora Roberts
hielt den Karton so, daß er ihn nicht zu fassen bekam. Er war tatsächlich schwer, aber sie wollte ihn tragen, bis sie in seinem Haus angekommen war. »Sonst rätst du vielleicht, was es ist.«
»Du hättest mir nichts kaufen müssen. Daß du zurückgekommen bist, ist Geschenk genug.« Er legte einen Arm um ihre Taille und hob sie schwungvoll über die Mauer. »Ich habe dich pausenlos vermißt. Ich wußte nicht, daß ein Mann so oft an einem Tag an eine Frau denken kann.«
Um sich zu beruhigen, atmete er dreimal durch. »Rogan sagt, du hättest den Vertrag mit ihm unterschrieben. Bist du froh darüber?«
»Ein Teil von mir ja, und ein anderer Teil hat fürchterliche Angst.«
»Die Angst wird dich motivieren, dein Bestes zu geben. Du wirst berühmt werden, Shannon, und reich.«
»Ich bin schon reich.«
Sein Schritt verlangsamte sich. »Ach ja?«
»Vergleichsweise.«
»Oh.« Das war etwas, worüber er nachdenken müßte, dachte er. Aber im Augenblick dachte er an nichts anderes als daran, wie sie am schnellsten aus ihrer hübschen maßgeschneiderten Jacke zu schälen war.
Als sie den Hof erreichten, öffnete er die Küchentür, stellte den Teller auf die Arbeitsplatte und hätte sie umgehend in die Arme genommen, hätte sie sich nicht in weiser Voraussicht eilends auf der anderen Seite des Tisches aufgebaut.
»Ich möchte, daß du dein Geschenk auspackst.« Sie stellte es auf den Tisch.
»Ich möchte, daß du mit mir nach oben kommst. Ich möchte dich auf der Treppe oder vielleicht gleich hier.«
In ihrem Inneren wallte eine wohlige Wärme auf. »So, wie ich mich fühle, kannst du mich oben haben, auf der Treppe und hier.« Als sein Blick zu lodern begann, hob sie jedoch abwehrend die Hand. »Aber ich möchte wirklich, daß du dir vorher ansiehst, was ich in Dublin für dich gefunden habe.«
Es war ihm vollkommen egal, ob es eine goldene Mistgabel oder eine juwelenbesetzte Pflugschar war, doch die ruhige Bitte hielt ihn davon ab, daß er über den Tisch sprang und sie in seine Arme zog. Also nahm er den Deckel vom Karton und zog eilig das Einwickelpapier heraus.
Sie sah ihm an, in welchem Augenblick er erkannte, was sie ihm mitgebracht hatte, denn mit einem Mal drückte sein Ge sicht ungläubige Freude aus. Mit einem Mal wirkte er so jung und glücklich wie ein Kind, das am Weihnachtsmorgen das lang ersehnte Geschenk entdeckt.
Ehrfürchtig hob er das Zimbal aus dem Kasten und strich vorsichtig über das Holz. »Etwas so Schönes habe ich noch nie gesehen.«
»Maggie hat gesagt, du hättest ein mindestens ebenso schönes Instrument gebaut und dann verschenkt.«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, so schön wie das hier war es nicht.« Dann blickte er sie verwundert und glücklich an. »Wie bist du darauf gekommen, mir so etwas zu kaufen?«
»Ich habe es im Schaufenster gesehen und mir vorgestellt, wie du darauf Musik machst. Spielst du mir etwas vor, Murphy?«
»Ich habe schon seit einer Ewigkeit kein Zimbal mehr gespielt.« Aber er wickelte die Hammer aus und streichelte sie, wie er sonst vielleicht über die noch nassen Federn eines frisch geschlüpften Kükens strich. »Es gibt da ein bestimmtes Lied, das mir besonders gut gefällt.«
Und als er spielte, erkannte sie, daß ihre Vorstellung richtig gewesen war. Er hatte das für ihn typische halbe Lächeln auf dem Gesicht, und seine Augen schienen verträumt in die Ferne zu sehen. Die Melodie war alt und süß wie ein gerade geöffneter wunderbarer Wein. Sie erfüllte die Küche und drang Shannon in Herz und Seele ein, so daß sie mit Tränen in den Augen vor ihrem Geliebten stand.
»Das ist das schönste Geschenk, das mir je gemacht worden ist«, sagte er und legte die Hammer vorsichtig auf den Tisch. »Ich werde es hüten wie einen Schatz.«
Die Bestie der Ungeduld in seinem Inneren hatte sich beruhigt, und er trat um den Tisch und griff sanft nach Shannons Hand. »Ich liebe dich.«
»Ich weiß.« Sie hob ihrer beider Hände an ihr Gesicht. »Ich weiß, daß du das tust.«
»Du hast mich gestern angerufen und gesagt, daß du mich auch liebst. Sagst du mir das jetzt noch einmal?«
»Ich hätte dich nicht anrufen sollen.« Sie sprach schnell, da sie vor Verlangen bereits zu zittern begann. »Ich habe nicht klar gedacht und ...« Er küßte ihre zitternden Finger und sah sie abwartend an. »Ich liebe dich, Murphy, aber ...«
Ehe sie den Satz beenden konnte, lagen seine Lippen bereits auf ihrem Mund. »Seit du das zum ersten Mal gesagt hast,
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