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Nora Roberts

Nora Roberts

Titel: Nora Roberts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Töchter der See
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kleine, goldige Küken?«
    Er sah sie an, um sicherzugehen, ob die Frage nicht als Witz zu verstehen war. Dann schob er seine Zunge in die Backe und wusch eine weitere Eierschale ab. »Wenn sie nicht piepen, kann man ziemlich sicher sein.«
    »Sehr witzig.« Sie beschloß, daß sie im Grunde wohl lieber unwissend blieb, da ihr bei dem Gedanken, daß Eier etwas waren, das man einem netten, sauberen Karton aus dem Supermarkt entnahm, wesentlich behaglicher zumute war. »Wie willst du deine Eier?«
    »Ganz egal. Ich bin nicht besonders anspruchsvoll. Du hast Tee gekocht!«
    Aus lauter Dankbarkeit hätte er sich am liebsten vor ihr auf den Boden gekniet.
    »Ich habe keinen Kaffee gefunden.«
    »Wenn ich das nächste Mal ins Dorf fahre, bringe ich welchen mit. Das riecht einfach großartig, Shannon.«
    Der Tisch war bereits für zwei gedeckt, und so füllte er die beiden Tassen und wünschte sich, er hätte ein paar der neben der Scheune wachsenden Wildblumen gepflückt. Als sie mit einer Platte voll Schinken und Würstchen kam, setzte er sich auf einen Stuhl.
    »Vielen Dank.«
    Die Bescheidenheit in seiner Stimme rief gleichzeitig Schuldgefühle und Vergnügen in ihr wach. »Gern geschehen. Normalerweise esse ich keine Würstchen«, sagte sie und setzte sich ebenfalls an den Tisch. »Aber die hier sehen einfach köstlich aus.«
    »Das sollen sie auch. Mrs. Feeney hat sie erst vor ein paar Tagen gemacht.«
    »Gemacht?«
    »Allerdings.« Er hielt ihr die Platte hin. »Sie haben das Schwein geschlachtet, das sie seit über einem Jahr gemästet haben.« Als sie erbleichte, bedachte er sie mit einem besorgten Blick. »Fühlst du dich nicht gut?«
    »Alles in Ordnung.« Sie winkte die Platte fort. »Es gibt einfach ein paar Dinge, über die ich mir lieber nicht so im klaren bin.«
    »Ah.« Er setzte ein entschuldigendes Lächeln auf. »Das habe ich nicht bedacht.«
    »Eigentlich sollte ich mich allmählich daran gewöhnt haben. Erst vor ein paar Tagen kam ich zufällig dazu, wie Brie sich mit irgend jemandem über die Osterlämmer unterhielt.« Sie erschauderte, denn nun wußte sie, was genau mit den niedlichen kleinen Lämmern im Frühling geschah.
    »Ich weiß, daß dir das alles ziemlich brutal vorkommen muß. Aber das ist nun mal der Kreislauf der Natur. Was eins von Toms größten Problemen war.«
    Shannon griff nach einer Scheibe Toast, die ihr sicher erschien, und sah Murphy an. »Oh?«
    »Er konnte einfach nichts großziehen, von dem er wußte, daß es eines Tages auf dem Tisch landen würde – ob auf seinem eigenen oder auf einem anderen, war dabei egal. Als er Hühner hatte, hat er zwar die Eier eingesammelt, aber die Hennen sind meistens an Altersschwäche gestorben, statt daß er sie für den Kochtopf geschlachtet hätte. Er war einfach zu weichherzig.«
    »Und seine Kaninchen hat er laufen lassen«, murmelte Shannon.
    »Ah, die Geschichte von den Kaninchen hast du demnach schon gehört.« Die Erinnerung zauberte ein Lächeln auf Murphys Gesicht. »Er wollte ein Vermögen mit ihnen verdienen – bis es schließlich Zeit zum Schlachten war. Er hatte immer irgendeinen verrückten Plan, mit dem sich seiner Meinung nach ein Vermögen verdienen ließ.«
    »Du hast ihn wirklich gern gehabt.«
    »Allerdings. Er war kein Vaterersatz und hat auch nie versucht, das zu sein. Er war nicht das männliche Vorbild, das ein Junge angeblich in seinem Leben braucht. Aber nach meinem fünfzehnten Lebensjahr, als mein Vater starb, war er für mich immer da. Wenn ich traurig war, kam er vorbei, fuhr mit mir zu den Klippen oder mit den Mädchen in die Stadt. Er hat mir den Kopf gehalten, als ich zum ersten Mal betrunken war. Und als ich zum ersten Mal mit einer Frau zusammen war ...«
    Er brach ab und sah interessiert die Köstlichkeiten auf seinem Teller an, doch Shannon zog fragend eine Braue hoch.
    »Oh, sprich nur weiter. Was passierte, als du zum ersten Mal mit einer Frau zusammen warst?«
    »Ich nehme an, das, was bei dieser Gelegenheit fast jedem Jungen passiert. Du hast wirklich ein wunderbares Frühstück gezaubert, Shannon.«
    »Lenk nicht ab. Wie alt warst du?«
    Er bedachte sie mit einem schmerzlichen Blick. »Ich halte es für unpassend, solche Dinge mit der Frau zu besprechen, mit der man am Frühstückstisch sitzt.«
    »Feigling.«
    »Allerdings«, stimmte er ihr aus ganzem Herzen zu und schob sich eine Gabel voll Rührei in den Mund.
    »Keine Angst, Murphy.« Ihr Lachen verklang. »Aber ich wüßte wirklich gern, was er

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