Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nora Roberts

Nora Roberts

Titel: Nora Roberts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Töchter der See
Vom Netzwerk:
haben mir eine solide Grundlage gegeben und mir die Wahl überlassen, was mit dieser Grundlage anzufangen ist. Und jetzt bin ich wütend, weil diese Grundlage einen Fehler hat. Und diese Wut führt dazu, daß ich nichts mehr von dem, was sie für mich getan haben, wirklich zu schätzen weiß.«
    »Das ist Unsinn, und es ist höchste Zeit, daß du damit aufhörst.« Er packte ihre Schultern und zwang sie, ihn anzusehen. »War es Wut, weshalb du an den Ort gekommen bist, an dem alles begonnen hat, obwohl du wußtest, wie schmerzlich es für dich sein würde? Du weißt, daß er hier gestorben ist, und trotzdem bist du gekommen, oder etwa nicht?«
    »Ja. Und es tut weh.«
    »Ich weiß, mein Liebling.« Er zog sie an seine Brust. »Ich weiß, daß es weh tut. Aber das Herz muß ein wenig brechen, damit es neuen Raum darin gibt.«
    »Ich will es verstehen.« Wie tröstlich seine Schulter war. In seiner Umarmung brannten die Tränen weniger und lockerte sich auch der eiserne Ring um ihr Herz. »Ich könnte es leichter akzeptieren, wenn ich verstehen würde, weshalb sie sich entschieden haben, ihr Leben so zu leben, wie sie es taten.«
    »Ich denke, du verstehst bereits mehr, als du weißt.« Er drehte sie um, so daß sie, eingehüllt in die endlose Symphonie der Wogen auf dem Fels, wieder auf die Weite des Meeres sah. »Es ist wunderschön hier. Am Rand der Welt.« Er küßte ihr Haar. »Eines Tages bringst du deine Malsachen mit und bringst das, was du siehst, das, was du fühlst, zu Papier.«
    »Ich weiß nicht, ob ich das kann. Ich habe das Gefühl, als wären die Klippen von allzu vielen Geistern der Vergangenheit erfüllt.«
    »Du hast den Steinkreis gemalt, in dem es mindestens ebenso viele Geister gibt, die dir nicht weniger nahe sind.«
    Offenbar war dies der Tag, an dem es ihren Mut unter Beweis zu stellen galt, und so trat Shannon einen Schritt zurück und sah ihn an. »Der Mann und das weiße Pferd, die Frau auf dem Feld. Du siehst sie auch, nicht wahr?«
    »Allerdings. Als ich noch ein Junge war, sah ich sie verschwommen, aber nachdem ich die Brosche gefunden hatte, wurden sie bereits klarer, und seit ich in Briannas Küche kam und zum ersten Mal in deine Augen schaute, die ich bereits kannte, sehe ich alles ganz klar.«
    »Tom Concannons Augen.«
    »Du weißt, was ich meine, Shannon. Deine Augen waren kühl, genau, wie ich sie vorher schon gesehen hatte. Aber auch das Blitzen in deinen Augen kannte ich schon, das wütende Blitzen und das Blitzen der Lust. Ich hatte sie schon lachen und weinen sehen. Ich hatte sie verträumt in die Ferne blicken sehen.«
    »Ich denke«, sagte sie vorsichtig, »daß manche Menschen für die Atmosphäre eines bestimmten Orts besonders empfänglich sind. Es gibt eine Reihe von Studien ...« Als sie das Funkeln seiner Augen sah, unterbrach sie sich. »Also gut, lassen wir die Logik für einen Augenblick außer acht. Ich habe etwas empfunden, als ich zum ersten Mal in den Steinkreis trat. Etwas, was mir fremd war und gleichzeitig sehr vertraut. Und seit meiner ersten Nacht in Irland werde ich ständig von denselben Träumen heimgesucht.«
    »Was dich beunruhigt. Genau wie es mich eine Zeitlang beunruhigt hat.«
    »Allerdings. Es beunruhigt mich.«
    »In deinen Träumen tost ein wilder Sturm«, setzte er vorsichtig an.
    »Manchmal. Die Blitze heben sich wie eisige Speere vom Himmel ab, und der Boden ist gefroren, so daß man das Donnern der Pferdehufe hören kann, noch ehe man das Tier und den Reiter sieht.«
    »Und der Wind zerzaust ihr das Haar, während sie wartend inmitten des Kreises steht. Er sieht sie, und sein Herz schlägt so machtvoll, wie die Hufe des Pferdes auf den Boden trommeln.«
    Shannon schlang die Arme um ihren Leib und wandte sich von ihm ab. Es war leichter, wenn sie das Meer betrachtete, statt ihn anzusehen. »Und manchmal sitzt sie in einem kleinen dunklen Raum am Feuer und wischt ihm das Gesicht mit einem feuchten Lappen ab. Er ist glühend heiß vom Fieber und weist mehrere schlimme Wunden auf.«
    »Er weiß, daß er sterben wird«, fuhr Murphy leise fort. »Das einzige, was ihn noch am Leben hält, ist ihre Hand, ihr Duft und der Klang ihrer Stimme, während sie begütigend mit ihm spricht.«
    »Aber er stirbt nicht.« Shannon nahm einen tiefen Atemzug. »Ich habe gesehen, wie sie sich geliebt haben, neben dem Feuer, im Steinkreis. Es ist, als wäre ich Beobachterin und Teilnehmerin zugleich. Und dann wache ich schwitzend und zitternd auf und sehne mich nach

Weitere Kostenlose Bücher