Nora Roberts
dir.« Sie wandte sich ihm zu und bedachte ihn mit einem wütenden Blick. »Aber das will ich nicht.«
»Sag mir, was ich getan habe, daß du so böse auf mich bist.«
»Ich bin nicht böse auf dich.«
Doch er nahm ihre Hände und sah sie reglos an. »Sag mir, was ich getan habe.«
»Ich weiß es nicht«, schrie sie, ehe sie sich, von ihrer eigenen Verbitterung schockiert, in seine Arme warf. »Ich weiß es nicht. Und falls ich es doch weiß, kann ich es dir einfach nicht sagen. Dies ist nicht meine Welt, Murphy. Diese Welt kommt mir vollkommen unwirklich vor.«
»Und trotzdem zitterst du.«
»Ich kann nicht darüber reden. Ich will nicht darüber nachdenken. Es macht alles noch verrückter und unmöglicher, als es bereits ist.«
»Shannon ...«
»Nein.« Sie verschloß seinen Mund mit einem verzweifelten Kuß.
»Das wird nicht immer reichen, um uns zu besänftigen.«
»Im Augenblick ist es genug. Bring mich zurück, Murphy. Bring mich schnell zurück, und wir werden dafür sorgen, daß es reicht.«
Durch Forderungen käme er nicht weiter, wußte er. Nicht, solange sie in ihren Ängsten gefangen war. Und so nahm er sie hilflos am Arm und führte sie langsam zu seinem Laster zurück.
Auf dem Weg zurück zum Haus sah Gray den Laster kommen und hob grüßend die Hand, doch sobald er zu Shannon ans Wagenfenster trat, spürte er, daß etwas nicht in Ordnung war. Und obgleich sie ihr möglichstes tat, um gelassen zu wirken, sah er noch die Spuren der Tränen in ihrem Gesicht.
Er bedachte Murphy mit einem prüfenden Blick wie ein Bruder, der einen Menschen musterte, der seine Schwester unglücklich gemacht hat.
»Ich komme gerade von deinem Hof. Als niemand ans Telefon ging, hat Brianna sich Sorgen gemacht.«
»Ich habe Murphy gebeten, mit mir zum Loop Head zu fahren«, erklärte Shannon ihm.
»Oh.« Was eine Erklärung für ihre Verfassung war. »Brie hatte gehofft, wir könnten uns alle zusammen die Galerie ansehen.«
»Das wäre schön.« Der Ausflug lenkte sie vielleicht von ihrem Trübsinn ab. »Hättest du Zeit mitzukommen?« fragte sie, an Murphy gewandt.
»Ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen.« Er wußte, daB es eine Enttäuschung für sie wäre, wenn er unter irgendeinem Vorwand daheimbliebe, und auch für ein klärendes Gespräch war dies wohl kaum der geeignete Augenblick.
»Könntet ihr vielleicht noch ein, zwei Stunden warten? Dann wäre ich frei.«
»Aber sicher doch. Wir nehmen Maggie und das Monster im Wagen mit. Rogan ist bereits dort. Komm einfach, wenn du mit deiner Arbeit fertig bist.«
»Ich muß mich noch umziehen«, sagte Shannon schnell und öffnete bereits die Tür, als sie noch einmal in Murphys Richtung sah. »Wenn du einverstanden bist, fahre ich mit dir.«
»Kein Problem. In spätestens zwei Stunden bin ich wieder da.« Mit einem Kopfnicken verabschiedete er sich von Gray und fuhr davon.
»Harter Vormittag?« murmelte Gray.
»In mehr als einer Beziehung. Irgendwie kann ich einfach nicht mit ihm darüber reden, wie es weitergehen soll.« Oder wie es bisher gegangen ist, dachte sie.
»Und, wie soll es weitergehen?«
»Ich muß zurück nach New York. Ich hätte schon vor mindestens einer Woche fliegen sollen, Gray.« Sie legte den Kopf an seine Schulter und blickte über das Tal hinaus. »Mein Job steht auf dem Spiel.«
»New York ist ein hartes Pflaster. Ich war ein paarmal dort, und irgendwie kommt man nie ohne ein paar Schrammen davon.« Er führte sie durch das Gartentor, den Weg hinab zu den Stufen, über die man zur Haustür kam, und ließ sich darauf nieder. »Wenn ich dich fragen würde, was du von deinem Leben erwartest, könntest du mir darauf antworten?«
»Nicht so leicht wie vielleicht noch vor einem Monat.« Sie setzte sich und schaute auf den Fingerhut und die nickenden Köpfe der Akeleien. »Glaubst du an Visionen, Gray?«
»Die Frage kommt ein bißchen überraschend für mich.«
»Ja, und ich hätte nie gedacht, daß ich sie überhaupt jemals einem Menschen stellen würde.« Sie hob den Kopf und sah ihn an. »Aber ich frage dich, weil du Amerikaner bist.« Als er zu grinsen begann, grinste sie ebenfalls. »Ich weiß, wie das klingt, aber hör mich zu Ende an. Du bist inzwischen hier in Irland zu Hause, aber trotzdem bist du immer noch ein Ami. Du verdienst dir deinen Lebensunterhalt, indem du Fiktionen schaffst, indem du Geschichten erzählst, wobei du für deine Arbeit moderne Geräte benutzt. Zum Beispiel steht in deinem Büro ein
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