Nora Roberts
klarzumachen, daß wir von unserem Wesen und unseren Wünschen her einfach zu verschieden sind.«
Er schob seine Hände in die Hosentaschen. »Was für Wünsche hast du denn?«
Sie öffnete den Mund, doch dann klappte sie ihn schockiert wieder zu, als sie merkte, daß sie keine Antwort fand. »In den letzten Monaten hat sich mein Leben sehr verändert, so daß ich noch darüber nachdenken muß. Aber eine Beziehung gehört eindeutig nicht dazu.«
»Hast du Angst vor mir?« Seine Stimme war bemüht neutral. »Ich hatte nicht die Absicht, dir weh zu tun.«
»Nein, ich habe keine Angst vor dir.« Ohne es zu wollen, trat sie vor und legte ihm eine Hand auf die Wange. »Ich bin selbst eine ziemlich temperamentvolle Person, so daB ich dich durchaus verstehen kann.« So gut wie sicher, daß die Krise vorüber war, setzte sie ein Lächeln auf. »Laß uns die Sache vergessen und Freunde sein.«
Statt dessen nahm er ihre Hand, hob sie an seine Lippen und küßte sie so sanft, daß ihr der Atem stockte.
»Denn meine Lieb' ist endlos wie die See
Und tief: Je mehr ich dir davon gesteh',
Je mehr hab' ich, denn grenzenlos sind beide.«
Shakespeare, dachte sie, und ihre Knie wurden weich. Seine herrliche Stimme war wie geschaffen für ein Shakespeare-Zitat. »Sag so etwas nicht zu mir, Murphy. Das ist nicht fair.«
»Ich denke, daß wir beide zu erwachsen und beide zu vernünftig für derartige Spielchen sind, Shannon. Bitte, ich tue dir nicht weh.« Seine Stimme war ebenso besänftigend, wie wenn er mit seinen Pferden sprach, denn sie scheute wie ein junges Fohlen, als er seine Arme um sie schlang. »Erzähl mir, was du gefühlt hast, als ich dich zum ersten Mal geküßt habe.«
Die Antwort auf diese Frage war einfach, da sie in diesem Augenblick dasselbe empfand. »Ich war versucht, mehr mit dir zu tun.«
Lächelnd küßte er ihre Schläfe. »Aber das war noch nicht alles, nicht wahr? Es war, als riefe der Kuß Erinnerungen in dir wach.«
Ihr Körper verweigerte ihren vernünftigen Befehl, steif und erhaben zu bleiben, und wurde weich. »Ich glaube nicht an solche Dinge.«
»Ich habe nicht gefragt, was du glaubst.« Seine Lippen glitten langsam von ihrer Schläfe herab. »Sondern was du empfunden hast.« Die Haut unter ihrer dünnen Seidenbluse wurde warm, und er hatte das Gefühl, er würde wahnsinnig, wenn er nicht bald die trennende Barriere zwischen ihren Leibern überwand. »Es war nicht der erste Kuß.« Er gab seinem Verlangen, sie zu küssen, nach und genoß die Art, in der ihr Mund nach seinen Lippen schrie. »Es war die Wiederholung von etwas, das bereits vor langer Zeit zwischen uns geschah.«
»Das ist vollkommener Unsinn.« Aber ihre Stimme klang selbst in ihren Ohren fremd. »Vollkommen verrückt.« Doch noch während sie sprach, vergrub sie ihre Fäuste in seinem Haar und zog ihn dichter an sich heran, bis ihr Verlangen die Grenzen der Vernunft zu sprengen begann. »Unmöglich.« Das selige Schnurren, das aus ihrer Kehle drang, erfüllte köstlich seinen Mund. »Es ist nichts als Chemie.«
»Gott segne die Wissenschaft.« Beinahe ebenso atemlos wie sie zog er sie auf die Zehenspitzen und erhöhte seine Qual. Nur einen Augenblick, schwor er sich, und eroberte ihren Mund mit der Macht der Leidenschaft.
Irgend etwas in ihrem Inneren zerbarst, wieder und wieder, bis sie meinte, daß sie nur noch aus Farben und Licht bestand, und in wilder Gier klammerte sie sich auf der Suche nach mehr an seinen Schultern fest.
Berühr mich, verdammt! Der Befehl erscholl in ihrem Kopf. Aber seine Hände hielten sie vollkommen reglos, während ihr Körper sich schmerzlich danach sehnte, daß er sie endlich nahm. Sie wußte, wie es sich anfühlen würde, wenn er sie streichelte. Sie wußte es, und ob der Macht dieses Wissens stiegen Tränen in ihren Augen auf. Seine harten Hände würden sie mit Liebkosungen bedenken, deren Sanftheit unerträglich war.
Mit einer ihr vollkommen fremden animalischen Wildheit vergrub sie die Zähne in seiner Lippe, um ihn zu ködern, damit er die Beherrschung verlor, und als sie seinen lauten Fluch vernahm, warf sie den Kopf in den Nacken und sah ihn triumphierend an.
Dann allerdings erbleichte sie. Seine Augen waren die eines Kriegers, dunkel, tödlich und erschreckend vertraut.
»Himmel.« Das Wort brach ihr über die Lippen, als sie sich losriß und, um Luft und Gleichgewicht ringend, die Hand an ihren Busen hob. »Hör auf. Es ist genug.«
Am Rande der Beherrschung, stand Murphy mit
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