Nora Roberts
beiden anderen mit todernster Miene an. »Wißt ihr, wie lange man nicht kann, wenn eine Frau schwanger ist?«
»Ich weiß es.« Rogan nickte ebenso ernst. »Ich darf wohl behaupten, ich weiß es ganz genau.«
»Und es scheint ihnen vollkommen egal zu sein. Weil sie ...« Gray machte eine ausholende Handbewegung – »mit dem Nestbau beschäftigt sind. Also muß ich jetzt einiges nachholen, weshalb ich mich nicht betrinken kann.«
»Zu spät«, murmelte Murphy und starrte mit gerunzelter Stirn in sein Glas.
»Denkst du, wir wissen nicht, was mit dir los ist?« Gray versetzte Murphy einen freundschaftlichen Stoß. »Du bist geil.«
Mit einem Geräusch, halb Schnauben, halb Lachen, leerte Murphy abermals sein Glas. »Wenn es so einfach wäre.«
»Ja.« Mit einem Seufzer wandte sich Gray wieder seiner Zigarre zu. »Wenn es einen erwischt hat, dann hat es einen erwischt. Stimmt's nicht, Sweeney?«
»Stimmt. Im Augenblick malt sie gerade einen Sturm.« Murphy blinzelte. »Aus meinem Elend ziehst du also noch Profit?«
Rogan grinste nur. »Im Herbst eröffnen wir ihre erste Ausstellung. Sie weiß es zwar noch nicht, aber das kriegen wir schon noch hin. Wußtest du schon, daß sie Maeve Concannon unerschrocken entgegengetreten ist?«
»Was soll das heißen?« Da Murphy Rogans Zigarren nichts abgewinnen vermochte, zündete er sich eine Zigarette an. »Hatten die beiden etwa Streit?«
»Nein. Shannon hat sich einfach vor sie hingestellt und ihr die Meinung gesagt. Und als sie fertig war, hat Maeve gesagt, sie wäre eine vernünftige Frau, und dann ging sie ins Haus, um sich das Baby und Liam anzusehen.«
»Tatsächlich?« Voll der Bewunderung und Liebe hob Murphy abermals das Glas an den Mund. »Himmel, sie ist wirklich eine tolle Frau, findet ihr nicht? Shannon Bodine, dickschädelig und weichherzig zugleich. Vielleicht sollte ich losgehen und ihr das sagen.« Er hievte sich von seinem Stuhl, wobei er dank seiner hervorragenden Konstitution noch nicht einmal ins Schwanken geriet. »Vielleicht gehe ich einfach zu ihr, schnappe sie mir und bringe sie hierher, wo sie hingehört.«
»Darf ich dabei vielleicht zugucken?« fragte Gray.
»Nein.« Seufzend sank Murphy auf seinen Stuhl zurück. »Nein, ich habe ihr versprochen, so etwas nicht zu tun. Auch wenn ich es hasse.« Er griff nach der Flasche und füllte sein Glas bis zum Rand. »Genau wie ich den dicken Kopf hassen werde, mit dem ich morgen früh aufzuwachen gezwungen bin. Aber das ist es wert.« Er nahm einen tiefen Schluck. »Schön, daß ich mein Elend mit zwei der besten Freunde teilen kann, die Gott einem Mann je gegeben hat.«
»Da hast du verdammt recht. Los, Rogan, darauf trinken wir.«
»Ich denke, es wäre vielleicht vernünftig, für die Zeit, von der wir eben gesprochen haben, vorzuarbeiten – schließlich ist es in sieben Monaten wieder soweit.«
Gray beugte sich über den Tisch und bedachte Murphy mit einem verschwörerischen Blick. »Dieser Kerl ist so gerissen, daß es einem geradezu angst machen kann.«
»Ich wäre euch dankbar, wenn ihr aufhören würdet, davon zu reden, mit euren Frauen ins Bett zu gehen. Schließlich leide ich.«
»Das war nicht gerade rücksichtsvoll von uns«, stimmte Rogan ihm zu. »Warum reden wir überhaupt von Frauen? Stimmt es, daß deine Stute bald fohlt?«
»Also bitte.« Gray hob die Hand. »Ob Stute oder Frau, von jetzt an ist alles Weibliche tabu.«
»Da hast du, verdammt noch mal, recht.« Rogan überlegte, welches andere Thema vielleicht geeignet war. »Wir haben heute eine tolle neue Skulptur von einem Künstler aus der Grafschaft Mayo reingekriegt. Connemara-Marmor und wirklich gut gemacht. Ein Akt.«
»Scheiße, Rogan, mir scheint, daß es für dich einfach kein anderes Thema gibt.«
Angesichts von Graysons angewiderter Miene brach Murphy in lautes Gelächter aus, ehe er den letzten Whiskey aus der Flasche trank, und als wahre Freunde brachten die beiden anderen Murphy ins Bett, ehe es in dem Bewußtsein, daß die Mission erfolgreich verlaufen war, nach Hause ging.
Sich von ihr fernzuhalten war alles andere als leicht. Trotz der ganzen Arbeit, die es auf dem Hof zu erledigen galt, war sich Murphy unablässig der Tatsache bewußt, daß sie Tag für Tag, Nacht für Nacht beinahe in Sichtweite und zugleich unerreichbar für ihn war. Der einzige Trost für ihn war das Bewußtsein, daß er es um ihretwillen tat.
Nichts war besserer Balsam für die Seele als die Erkenntnis, ein Märtyrer zu sein.
Eine
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