Nora Roberts
vor, dass man sich darüber beschweren
kann, dass jemand für einen kocht, sauber macht, Besorgungen erledigt und so
weiter und so fort. Aber man gibt dadurch auf der anderen Seite immer seine
Privatsphäre auf. Man ist niemals allein. Und egal wie nett, wie loyal, wie
diskret Hausangestellte auch sein mögen, sie wissen immer alles über einen. Sie
wissen, wann man eine Auseinandersetzung mit seinen Eltern oder seinem
Liebhaber gehabt hat. Sie wissen, was man isst oder nicht isst, wann man
schläft oder nicht schläft, ob man Sex hat oder keinen Sex hat. Sie haben Anteil
an jeder Stimmung, jeder Bewegung, die man macht und – wenn sie schon lange
genug bei einem sind – sogar an jedem Gedanken, den man hat. Und das möchte ich
einfach nicht mehr.« Dru stieß einen langen Seufzer aus. »Ich kümmere mich nun
einmal lieber um mich selbst, regele meine Angelegenheiten auf meine Art. Und
ich finde, dass ich darin ziemlich gut bin. Aber ich bin mir ganz und gar nicht
sicher, wie gut es mir gelingen wird, eine Dinnerparty für die ganze
Quinn-Meute auf die Beine zu stellen.«
»Da kann
ich dich vielleicht trösten: Anna hat sich für eine geschlagene Stunde in eine
Verrückte verwandelt, bevor du heute Abend eingetroffen bist.«
»Wirklich?«
Diese Vorstellung tröstete Dru in der Tat.
»Da geht es
mir doch schon gleich viel besser. Anna macht nämlich
immer den Eindruck, als hätte sie alles im Griff.«
»Das hat sie auch. Wir leben
in ständiger Angst vor ihr.«
»Blödsinn? Ihr liegt ihr alle zu Füßen. Es ist
einfach faszinierend.
So eine Art von Familienleben ist etwas völlig Neues für mich, Seth. Für dich
dagegen ist es etwas absolut Vertrautes. Du brauchst keine Anleitung, um dich
zurechtzufinden. Du kannst dich glücklich schätzen, eine solche Familie zu
haben.«
»Ich weiß.«
Er dachte an die Zeit zurück, wo alles noch ganz anders gewesen war. Er dachte
an Gloria. »Und wie ich es weiß.«
»Ja, das
sieht man auch. Wie ihr alle miteinander umgeht. Sie haben Platz gemacht für
mich, weil du sie darum gebeten hast. Ich bedeute dir etwas, also bemühen sie
sich, mich zu mögen. Das wird bei meiner Familie anders sein. Wenn ich dich mit
zu meinen Eltern nehme, wirst du sehr genau befragt, beobachtet, analysiert und
beurteilt werden.«
»Sie sorgen
sich doch nur um dich.«
»Weniger um
mich, als vielmehr um sich selbst. Schließlich geht es um den Familiennamen und
die gesellschaftliche Stellung. Sie werden diskrete Erkundigungen einziehen,
was deine Finanzen angeht, um sicherzustellen, dass du nicht hinter meinem Geld
her bist. Obwohl meine Mutter natürlich – zumindest anfangs – begeistert sein
wird, dass ich mit jemandem zusammen bin, der einen solchen Ruf in
Künstlerkreisen genießt ...«
»Ach, lass
sie doch!«
»Aber das
ist so schrecklich oberflächlich!«
Seth zauste
ihr durchs Haar, wie er es bei einem kleinen Jungen getan hätte. »Ich werde
nicht gleich beleidigt sein, weil jemand von meiner Reputation als Künstler
beeindruckt ist.«
»Aber du
könntest beleidigt sein, wenn dein Leben und deine Herkunft heimlich, still und
leise, aber sehr gründlich durchleuchtet und die Kreditwürdigkeit von > Boats by Quinn < überprüft würde.«
Die
Vorstellung, dass jemand in seiner Vergangenheit wühlen und sein Leben unter die
Lupe nehmen könnte, ließ Seth in der Tat das Blut in den Adern gefrieren.
»Also
wirklich, nun übertreibe mal nicht?«
»Es ist
besser, wenn du es weißt. In meiner Familie ist das so üblich. Jonah hat dabei
natürlich hervorragend abgeschnitten, und seine politischen Kontakte waren noch
das Sahnehäubchen auf dem Kuchen. Deshalb war auch keiner begeistert, als ich
die Hochzeit abgesagt habe. Es tut mir Leid. Ich weiß, dass ich die schöne
Stimmung verderbe, aber so, wie sich die Dinge zwischen uns entwickeln, halte
ich es für das Beste, es dir offen zu sagen.«
»Na schön,
dann beantworte mir doch gleich auch eine Frage.« Er nahm ihre Hand und spielte
mit ihren Fingern. »Wenn ihnen nicht gefallen würde, was sie herausfinden, wäre
das dann das Aus für uns beide?«
»Ich habe
mich von all dem gelöst, weil ich so nicht leben konnte.« Sie schob ihre
Finger zwischen die seinen. »Und ich entscheide selbst über mein Leben und mein
Herz.«
»Dann
sollten wir uns darüber keine Gedanken machen.« Er zog sie in seine Arme. »Ich
liebe dich. Und es ist mir egal, was andere denken.«
Wenn es
doch nur so einfach
gewesen wäre.
Seth hatte
gelernt, dass
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