Nora Roberts
sie ohnehin nicht die Richtige für dich gewesen. Aber ich
kenne mich mit Frauen ein wenig aus und kann dir sagen, dass Dru nicht der Typ
ist, der sich davonmacht.«
»Ich glaube
auch nicht, dass sie davonlaufen wird. Ich weiß nicht, was sie tun wird. Was ich tun werde. Aber ich muss ihr reinen Wein einschenken und ihr die Gelegenheit
geben, eine Entscheidung zu treffen, in welche Richtung sie von da an gehen
will. Ich habe schon viel zu lange damit gewartet.«
»Das alles
ist längst Vergangenheit. Aber es ist deine Vergangenheit, also musst du es ihr
sagen. Und dann kannst du für immer damit abschließen.« Cam trat einen Schritt
zurück. »Du siehst zum Anbeißen aus.« Er prüfte Seths Bizeps, weil er wusste,
dass das den besorgten Ausdruck von seinem Gesicht wischen würde. »Sieh mal
einer an, du hast also Gewichte gestemmt.«
»Ach, halt
die Klappe!«
Seth
verließ lachend das Haus und öffnete grinsend die Wagentür.
Doch als er den Zettel auf dem Fahrersitz liegen sah, stieg Panik in seiner
Kehle auf und drohte ihn beinahe zu ersticken.
Morgen Abend, zehn Uhr.
Miller's Bar, St. Michael's.
Wir müssen uns unterhalten.
Sie will
also wieder
herkommen, dachte er, während er den Zettel in seiner Hand zusammenknüllte, und
sich nur wenige Meter von meiner Familie entfernt mit mir treffen.
Und ob sie
sich unterhalten würden! Darauf konnte sie sich verlassen.
Sechzehn
Seth
schaffte es, Dru zu
sagen, dass sie wundervoll aussah in ihrem knallroten Kleid, das an ihrem
Körper herabfiel und ihren Rücken bis auf ein Kreuzmuster aus schmalen, glitzernden
Trägern freiließ.
Er schaffte
es, auf der Fahrt nach Washington zu lächeln und sich mit ihr zu unterhalten.
Er befahl sich, sich zu entspannen. Er würde schon mit Gloria fertig werden,
das hatte er bisher ja schließlich immer geschafft.
Sie konnte
ihm ohnehin nichts anderes nehmen als sein Geld.
Aber Seth
wusste, dass er sich diesbezüglich etwas vormachte.
Hatte ihm
Stella das nicht auch in seinem Traum angedeutet? Gloria wollte nicht nur sein
Geld. Sie wollte ihm das Herz ausquetschen, bis jeder Tropfen Glück herausgeblutet
war.
Sie hasste
ihn, weil er so anders war als sie, hasste ihn für das, was er erreicht hatte.
Irgendwie hatte er das schon immer gewusst.
»Ich weiß
es zu schätzen, dass du dich für den heutigen Abend so elegant angezogen hast.«
Seth
blickte zu Dru hinüber und strich mit seiner Hand über die
ihre hinweg. »Nun ja, man hat schließlich nicht jeden Tag die Gelegenheit, sich
bei einer todschicken Party unter die Reichen und Mächtigen zu mischen. Ist
doch alles sehr nobel«, fügte er hinzu.
»Ich würde
jetzt lieber zu Hause auf der Verandaschaukel sitzen.«
»Du hast
doch gar keine Verandaschaukel.«
»Ich möchte
mir aber eine kaufen. Dann würde ich ein schönes Glas Wein trinken und mir den
Sonnenuntergang ansehen.« Und ihm wäre es auch lieber, da war Dru sich sicher.
Wie
ungezwungen er sich auch geben mochte – irgendetwas stimmte nicht. Sie kannte
sein Gesicht inzwischen so gut –
gut genug, um es mit geschlossenen Augen in Gedanken Zug um Zug malen zu
können. Und der Ausdruck in seinen Augen verriet ihr, dass ihn etwas quälte.
»Maximal
zwei Stunden«, sagte sie. »Wir bleiben maximal zwei Stunden, dann sind wir
wieder weg.«
»Ich richte
mich ganz nach dir, Dru. Wir bleiben so lange du möchtest.«
»Wenn es
nach mir gegangen wäre, hätten wir diese Fahrt gar nicht erst unternommen. Aber
meine Eltern haben mich
mit vereinten Kräften dazu überredet. Ich frage mich, ob man wohl jemals den
Punkt erreicht, wo einen die Eltern nicht mehr mit emotionalem Druck dazu bringen
können, etwas zu tun, was man eigentlich gar nicht will.«
Ihre Worte
ließen ihn erneut an Gloria denken, und prompt machte sich ein Angstgefühl in
seinem Magen breit. »Es ist doch nur eine Party, mein Engel.«
»Hah,
wenn's doch nur so wäre? Eine Party besucht man, um Spaß zu haben, um sich zu
entspannen und die Gesellschaft
von Menschen zu genießen, mit denen man etwas gemeinsam hat. Aber ich habe mit
diesen Menschen nichts mehr
gemeinsam. Vielleicht ist es sogar nie so gewesen. Meine Mutter möchte mit dir
angeben, und ich werde es zulassen, weil sie mich mürbe gemacht hat.«
»Aber du
musst schon zugeben, dass ich heute Abend einfach umwerfend aussehe.«
»Das lässt
sich wirklich nicht bestreiten. Und du versuchst mich aufzuheitern. Dafür
danke ich dir. Ich werde mich auf der Rückfahrt dafür revanchieren, denn
Weitere Kostenlose Bücher