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Noras Erziehung

Noras Erziehung

Titel: Noras Erziehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Belle
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passieren und erreichte den Höhepunkt schließlich an der Stelle, an der ich meinen BH auszog und ihn bei meinem letzten, frechen Hüftschwung triumphierend in der Luft schwenkte. Der Orgasmus war wirklich ausgesprochen gut, wurde aber ein wenig von der Erkenntnis verdorben, dass ich gerade an Giles Lancaster gedacht hatte, während ich mich selbst befriedigte.
    Ich lag noch sehr lange still da, während das warme, befriedigte Gefühl langsam nachließ. Vor meiner Zimmertür herrschte Hochbetrieb. Die Orientierungswoche war beendet, und die Mehrheit der Studenten im zweiten und dritten Trimester trudelte nach und nach ein, sodass im College schon um zehn Uhr morgens große Betriebsamkeit herrschte. Man hörte, wie Freunde sich auf den Fluren begrüßten und ihre Koffer die Treppe vor meiner Tür raufschleppten. Ich wusste, dass ich meinen Tag verschwendete. Eigentlich hätte ich auch da draußen unterwegs sein müssen, anstatt an mir herumzuspielen. Es galt, neue Menschen kennenzulernen und neue Dinge zu tun. Am Mittwoch würde ich meine Seminararbeit abgeben müssen. Dann würde die Debatte stattfinden, und das hieß, ich würde endlich erfahren, was Giles mir da tatsächlich aufgedrückt hatte. Ich würde Dr.   McLean und den Rest unseres Teams kennenlernen, meine Rede vorbereiten und überhaupt viel herumrennen und vor Energie sprühen. Ab Montag hieß es dann auch, an den ersten Vorlesungen teilzunehmen. Und das bedeutete, bis dahin musste ich es irgendwie geschafft haben, mich zusammenzureißen.
     
    Eins beherrsche ich: mich zum Arbeiten zu zwingen, wenn ich weiß, dass es sein muss. Meine Technik besteht darin, mir ein Extravergnügen zu gönnen, sobald ich ein gewisses Pensum geschafft habe. Als Kind waren das stets meine Lieblingssüßigkeiten gewesen, Schokolade für meine Zulassung zum Gymnasium, ein paar Dosen Bier für mein Abitur und nun – wo ich in Oxford war – passenderweise einige Gläschen alten Portweins. Am Dienstagabend hatte ich nicht nur meine Seminararbeit fertig, sondern außerdem mehrere Seiten Notizen für meine Rede zusammengestellt. Und das alles zwischen diversen Vorlesungen, Seminaren und drei kurzen, aber leidenschaftlichen Nummern mit Stephen.
    Während meiner Recherchen zum Thema Prostitution und Staat wurde etwas sehr schnell klar: Giles Lancaster hatte mich übers Ohr gehauen. Er hoffte nicht nur auf einen leichten Sieg seiner Seite, sondern wollte auch dafür sorgen, dass ich einen totalen Narren aus mir machte. Das Ganze war hinterhältig und ziemlich mies, aber gleichzeitig auch nicht clever genug, um Machiavelli eine Lektion zu erteilen. Es dauerte nämlich nur ein paar Sekunden, bis ich merkte, was er vorhatte. Ich musste nur die Worte «männliche Privilegien» und «Patriarchat» im Internet eingeben, um zu erkennen, dass beide Formulierungen ihren Ursprung in den radikalsten feministischen Ideologien hatten und von genau den Extremistinnen verwendet wurden, die jeden Bezug zur fundamentalen Notwendigkeit von Gleichheit verloren hatten. Hätte ich diese Begriffe als Argumentationsgrundlage meiner Ausführungen verwendet, wäre ich ausgelacht und aus dem Gebäude gejagt worden. Und das hätte durchaus das Aus für meine politischen Ambitionen bedeuten können.
    Stephens Idee war da schon weitaus besser. Ein bisschen idealistisch vielleicht, aber das wurde wahrscheinlich sowieso von mir erwartet. Außerdem war ich durchaus seiner Meinung. Ich hatte schon immer das Gefühl, dass es für jeden einen passenden Partner gibt und dass niemand Sex kaufen oder verkaufen müsste, wenn die Menschen das Thema Sex nicht ganz so ernst nehmen würden. Das Problem war nur, dass diese Ansicht keine Antwort auf die eigentliche Frage darstellte – außer vielleicht, dass bezahlter Sex durch staatliche Bordelle vielleicht zur Institution werden würde. Dieser Teil musste also noch überarbeitet werden. Dennoch hatte ich das Gefühl, meine Ideen jetzt mit Dr.   James McLean besprechen zu können.
    Violet hatte mir von ihm ausgerichtet, dass er und die beiden anderen Sprecher sich im
White Horse
und nicht in der Bar des Studentenparlaments treffen würden, sodass wir unsere Positionen ohne die Gefahr eines Lauschangriffs austauschen konnten. Angesichts von Dr.   McLeans Ruf und seiner beiläufigen Bemerkung, dass er sich auf unbestimmte, aber eindeutig schmutzige Art und Weise um mich kümmern wollte, war ich überaus froh, dass wir zu viert sein würden. Doch wie sich herausstellte, war

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