Noras Erziehung
geschlossen, aber der Mund stand in einem stummen Schrei weit offen. Wie besessen bearbeitete ich meine Möse, während scheinbar unaufhörliche Wellen der Lust durch meinen Körper rasten. Irgendwann konnte ich nicht mehr und fiel auf dem kalten, feuchten Boden in mich zusammen.
9
Als ich an diesem Abend zum College zurückkehrte, kam es mir vor, als hätte ich mich verlaufen und wäre in einer völlig anderen Stadt gelandet. Zwar waren es immer noch dieselben Gebäude, aber ansonsten schien sich alles verändert zu haben. Selbst das Wetter war umgeschlagen. Es zog warme, feuchte Luft von Westen heran, und als ich die letzten paar Meter über die Hauptstraße ging, begann es tatsächlich zu regnen. Außerdem schienen den Tag über eine Menge Studenten eingetroffen zu sein, denn das Gebäude wimmelte vor Ankömmlingen, die sich begrüßten und nach Freunden erkundigten. So sah ich binnen Minuten mehr bekannte Gesichter als in der gesamten vergangenen Woche. Mir blieb kaum Zeit, mich umzuziehen, bevor ich von zwei meiner Kommilitonen in den Wohnbereich geschleift wurde.
Der Sonntag war sogar noch betriebsamer. Stephen war spätabends zurückgekehrt und kam sofort auf mein Zimmer. Ich hatte gerade geduscht, und er legte mich feucht und nackt, wie ich war, auf das Bett. Sein Überschwang zauberte wieder etwas Farbe in mein Gesicht, und wir schliefen in dieser Nacht zusammen. Dabei waren wir viel zu glücklich und erregt, als uns Gedanken darüber zu machen, ob wir am nächsten Tag vielleicht zu müde sein würden. Nur Violet war noch nicht wieder zurück, hatte aber eine Postkarte geschickt, dass sie über Arles und Paris zurückkehren würde.
Mitte der ersten Woche lief wieder alles auf vollen Touren.Ich musste zu Vorlesungen, hatte eine Seminararbeit zu schreiben und stand vor einem neuen Trimester im Studentenparlament, das hoffentlich genauso erfolgreich sein würde wie das erste. Die zweite Debatte des zweiten Trimesters war eine Neuauflage der berühmten «King and Country»-Debatte, bei der die Mehrheit kurz vorm Zweiten Weltkrieg dagegen gestimmt hatte, für Großbritannien zu kämpfen. Ich war sicher, dass wir damit große Aufmerksamkeit erregen würden, und ich konnte es kaum erwarten, vor den Leuten zu sprechen.
Da war ich allerdings nicht die Einzige. Es ließ sich wohl nur als Schicksal bezeichnen, dass Giles Lancaster das Team leitete, das gegen den Antrag war, und damit meine Position einnahm. Ich war sicher, er würde mich um Aufnahme betteln lassen, aber ebenso überzeugt, dass er mich unbedingt in seinem Team haben wollte. Die beste Möglichkeit schien ein mutiger Schritt nach vorn, und so fragte ich ihn einfach geradeheraus vor einem halben Dutzend seiner Kumpane und noch einigen anderen Leuten, ob ich mitmachen dürfte.
«Du wärst sicherlich sehr gut», erwiderte er ohne den üblichen witzelnden Unterton. «Aber der Sohn des damaligen Sprechers ist ein Geschichtsstudent im dritten Jahr und will eine These über den Pazifismus der dreißiger Jahre vorstellen. Damit bleibt eigentlich nur noch ein Platz frei. Und du musst zugeben, dass das nicht unbedingt dein Thema ist.»
«Das mag sein, aber …»
«Ich dachte eher, dass du vielleicht lieber einen der Stimmenzähler machen würdest.»
Ich zögerte. Die Stimmen zu zählen war eine verantwortungsvolle Aufgabe und könnte mir durchaus nützen,wenn ich für einen Posten kandidieren wollte. Außerdem wusste Giles nur allzu gut, dass eine Ablehnung seines Vorschlags mich ziemlich dumm dastehen lassen würde.
«Es sei denn, du fühlst dich der Sache nicht gewachsen.»
«Nein, das geht schon. Ich mach’s. Danke.»
«Braves Mädchen. Einen Drink?»
Trotz seines schnell zurückgekehrten herablassenden Tonfalls nahm ich den Drink an, fragte mich aber gleichzeitig, ob er sich einfach nur meine Unterstützung sichern wollte oder ob er für sein Angebot nicht doch einen anderen Grund hätte. Ich traute dem Mann zwar nicht, sah aber auch nicht recht, was schiefgehen sollte. Nichts an dem Gespräch wies darauf hin, dass es sich um etwas anderes als ein reelles Angebot handelte.
Ich blieb ziemlich lange im Studentenparlament. Als ich zurück zum College ging, war ich recht froh, dass ich mir die Zeit und Mühe erspart hatte, eine Rede vorzubereiten und sie mit dem Rest des Teams durchzusprechen. Als Stimmenzähler würde mein Name auch so in den Berichten auftauchen, sodass jeder sehen konnte, welchen verantwortungsvollen Posten ich übernommen
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