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Noras großer Traum (German Edition)

Noras großer Traum (German Edition)

Titel: Noras großer Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin Busch
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Nora genoss es jetzt, da ihre Lebensgeister wieder erwacht waren, an seiner Seite die Stadt zu erkunden, die für sie so untrennbar mit Australien verbunden war wie keine andere. Wie oft hatte sie sich zu Hause Bilder des berühmten Opernhauses angesehen? Wenn ihr jemals irgendjemand angeboten hätte, eine x-beliebige Großstadt auf der ganzen Welt zu besuchen, sie hätte Sydney gewählt. Schon in Deutschland hatte sie gelesen, dass in Berlin etwa die gleiche Anzahl Menschen lebte wie in Sydney, mit dem Unterschied, dass Berlin flächenmäßig etwa viermal in die australische Metropole hineingepasst hätte. Für Nora war das erneut ein Indiz für Australiens großzügige Weite gewesen. In Ruhe durfte sie die Oper jetzt in Wirklichkeit – und mit dem Mann, den sie liebte – bewundern. Ungläubig hatte sie in ihrem Reiseführer gelesen, dass man allein neun Jahre gebraucht hatte, um auszurechnen, wie die weißen Schalen, die vom Wind geblähte Segel darzustellen schienen, in der Vertikalen bleiben würden. Als das Sydney Opera House 1973 von Queen Elizabeth eröffnet wurde, waren einhundertzwei Millionen Dollar ausgegeben worden, vierzehnmal mehr als zu Anfang veranschlagt. Das Geld für das spektakuläre Gebäude hatte schließlich über eine staatliche Lotterie aufgetrieben werden können. Ohne dieses Kulturzentrum, das auch für Australiens Unabhängigkeit steht, wäre Sydney heute wohl nicht mehr vorstellbar. Nora konnte sich von dem Anblick kaum losreißen. Sie legten, auch mit Rücksicht auf ihre Gesundheit, öfter eine Pause ein, so dass sich ihnen die Oper immer wieder aus einem neuen Blickwinkel präsentierte. Der einzige Gedanke, der Nora beim Ansehen des traumhaften Gebäudes ein wenig betrübte, war der, dass der dänische Architekt, Jörn Utzon, auf Grund der finanziellen Querelen um die Mehrkosten schließlich entnervt aufgegeben hatte und nicht mehr nach Australien zurückgekehrt war. Sie fand es schade, dass er die Verwirklichung seines Entwurfs nie in natura gesehen hatte. Als sie das Tom erzählte, zog er sie an sich. Er beugte sich zu ihr hinunter und sah ihr lange in die Augen, bevor er sie zärtlich küsste. Immer würde Nora von jetzt an die Oper in Sydney mit diesem Moment in Verbindung bringen.
    Tom zeigte ihr auch Sydneys ältestes Stadtviertel, The Rocks, und erzählte ihr, dass es nach den Sandsteinklippen benannt worden war, aus denen die ersten Sträflinge, die aus Großbritannien hier eingetroffen waren, gelbe Quader für öffentliche Bauten geschlagen hatten. Gemeinsam erkundeten sie den Royal Botanic Garden, in dem sie zwischen künstlich angelegten Seen und exotischen Farnwedeln ein hübsches Restaurant im Grünen entdeckten. Auch mehrere der bekannten Strände suchten sie auf. Nora bedauerte sehr, dass ihr Bein für einen schönen langen Spaziergang am Wasser noch nicht gesund genug war. Nach dem Zauber der vergangenen Wochen mit Tom wäre es für sie der Inbegriff von Freiheit und Romantik gewesen, jetzt mit ihm Hand in Hand durch den Sand gehen zu können und auf die Wellen des Pazifischen Ozeans zu sehen.
    Sie seufzte leise. Unwillkürlich hatten diese Gedanken so etwas wie Abschiedsstimmung in ihr wachgerufen, denn in den nächsten Tagen stand für sie eine erneute gründliche Untersuchung in der Klinik auf dem Programm. Nora war sich ziemlich sicher, dass sie danach die – noch vor wenigen Wochen so herbeigesehnte – Erlaubnis bekommen würde, endlich nach Deutschland zurückzukehren. Aber sosehr sie sich auch nach einem Wiedersehen mit ihren Kindern sehnte, so sehr belastete sie der Gedanke, dass der Abschied von Tom näher rückte. Die Vorstellung, ohne seine Wärme und Nähe auskommen zu müssen, die tägliche Vertrautheit und Geborgenheit nicht mehr erleben zu dürfen, ließ sie innerlich verzweifeln. Tom, der neben ihr stand und ebenfalls auf den Pazifik sah, konnte ihren Gesichtsausdruck nicht einordnen.
    »Was ist los, Nora? Gefällt es dir hier nicht?«
    Sie schmiegte sich an ihn und lehnte ihren Kopf gegen seine Schulter.
    »Es ist so wunderschön hier mit dir, dass ich fast ein wenig traurig bin, schon wieder so gesund zu sein, verstehst du?«
    Er nickte, denn er wusste, dass sie an den Abschied dachte. Nora beobachtete aus der Entfernung erneut die Wellen, die der Wind mit stattlichen weißen Schaumkronen versah und anschließend schwungvoll an den Strand zurückzuschicken schien.
    »Weißt du, Tom, ich werde in den nächsten Tagen noch einmal untersucht, und ich

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