Noras großer Traum (German Edition)
Nacht, Tom.«
Gemeinsam sahen sie ihm nach, als er seinen Wagen aus der Zufahrt zurücksetzte und davonfuhr. Lisa seufzte.
»Meinst du, er kommt darüber hinweg?«
Bill legte einen Arm um sie. »Ich denke schon. Im Prinzip wusste er ja, was auf ihn zukommen würde. Er packt das schon.« Lisa starrte in die Dunkelheit. »Hoffentlich.«
Als Tom nach Hause kam, schaltete er das Licht in der Garage ein und begann den Wagen für den Ausflug zu beladen. Das Abendessen bei seinen Freunden hatte ihm ein wenig in sein normales Leben zurückgeholfen, und die Beschäftigung mit seinem Anglergepäck tat ihm gut. Froh darüber, noch zwei Tage für sich zu haben, schlug er kurz darauf die Heckklappe zu und ging ins Haus, um zu duschen und sich dann schlafen zu legen. Als er in der Stille seines Schlafzimmers zur Ruhe kam, waren seine Gedanken bei Nora. Er war darüber weder verärgert noch beunruhigt. Er hatte es nicht anders erwartet und war sich sicher, dass er sie ohnehin nie würde vergessen können. Langsam schloss er die Augen und schlief einige Minuten später ein.
25
N ora lebte sich tatsächlich rasch wieder ein. Der Trubel innerhalb ihrer Familie tat ihr gut und ließ sie kaum zur Besinnung kommen. Ihre ab und zu auftauchenden Schuldgefühle, Max hintergangen zu haben, versuchte sie mit dem Gedanken zu verdrängen, dass sie ihn nur verletzen würde, wenn sie ihm von Tom erzählte. Als Max ihre Kette bemerkt hatte, war sie jedoch rot geworden. Bevor sie aber irgendetwas sagen konnte, hatte er sich schon wieder seiner Morgenzeitung zugewandt und zerstreut gemurmelt: »Hast du gut ausgesucht. Sie steht dir.«
Nora hatte kurz auf ihre Unterlippe gebissen. Ein leiser Stich in ihrem Inneren machte ihr wieder einmal deutlich, dass Max offenbar so selbstvergessen unaufmerksam war, dass ihm sicherlich nicht einmal eine Gravur von Tom aufgefallen wäre, geschweige denn ihre kurze Verlegenheit. Ein wenig trotzig pustete sie sich eine widerspenstige Haarsträhne aus der Stirn und machte sich daran, die Schulbrote für die Kinder zu streichen und zusammen mit etwas Obst in den Brotdosen zu verstauen. Mit einem leisen Seufzer füllte sie Apfelsaft in die Trinkflaschen von Niklas und Marie. Wenig später küsste sie alle drei und sah ihnen von der Haustür aus nach, bis sie verschwunden waren. Als sie ins Haus zurückkehrte und das frühmorgendliche Chaos samt Kunos vorwurfsvollem Blick sah, der sein Fressen forderte, wusste sie, dass der Alltag sie wiederhatte.
Ein paar Tage darauf klingelte es vormittags an der Haustür. Kuno bellte, und Nora erwartete die Post, als sie zur Tür ging. Sicherheitshalber hielt sie den Hund am Halsband fest, während sie öffnete. Völlig überrascht sah sie in Martins grinsendes Gesicht.
»Na, ist mir die Überraschung gelungen?« Er hielt eine große Mappe in der Hand. »Ich wollte dir die Fotos für unsere Reportage zeigen. Oder störe ich gerade?«
Nora schüttelte erfreut den Kopf. »O Mann, Martin! Ist das schön, dich wiederzusehen! Komm rein.« Misstrauisch betrachtete Martin den Hund, der sich offenbar nicht zu einer freundlichen Begrüßung entschließen konnte.
Nora zog ihn am Halsband beiseite, und als Martin eingetreten war, schickte sie Kuno in den Garten, wo er aufgeregt an den bodentiefen Terrassenfenstern entlangpatrouillierte. Martin stand ein wenig verlegen vor Nora, bevor er sie kurz an sich drückte. »Gut siehst du aus. Ich bin so froh, dass es dir wieder besser geht.«
»Und ich freue mich, dass du gekommen bist.« Sie klopfte ihm auf die Schulter und wies auf den großen Esstisch, damit er Platz für die Fotos hätte. »Lass doch mal sehen. Ich bin ja schon so gespannt.« Augenblicke später hatte sie das Gefühl, wieder in Australien zu sein. »O Martin, das sind großartige Aufnahmen.« Die Bilder machten die verschiedenen Orte in ihrer Erinnerung so lebendig, dass sie völlig aufgeregt und munter plaudernd ihren Gedanken freien Lauf ließ, welche von ihnen wohl am besten zu den jeweiligen Texten aus ihrem Notizbuch passen würden. Martin hörte ihr ein wenig amüsiert, aber sehr zufrieden zu. Er war sehr froh darüber, dass Nora wieder so lebhaft und gesund schien wie zu Beginn ihrer gemeinsamen Reise. Insgeheim hatte er sich noch eine ganze Zeit mit Vorwürfen gequält, sie am Unfalltag nicht begleitet zu haben. Er stutzte nun, denn Nora war still geworden und hielt schon eine Weile ein einzelnes Foto in der Hand. Er beugte sich darüber.
»Ach ja! Das sind die
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