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Nord gegen Süd

Nord gegen Süd

Titel: Nord gegen Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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um sozusagen als Lootse dienen zu können, so lange – unterhalb und oberhalb des Georg-Sees – der Wasserweg überhaupt zu Gebote stand. Die Schwarzen dagegen, lauter junge Männer, denen es an der Uebung im Rudern nicht fehlte, sollten ihre kräftigen Arme dransetzen, wo und wann es an der Strömung oder an günstigem Winde mangelte.
    Das Fahrzeug, eines der größten von Camdleß-Bay, führte ein einziges Segel, das ihm bei Rücken-wie bei einem Seitenwinde gestattete, allen Windungen des manchmal sehr scharfe Winkel bildenden Fahrwassers zu folgen. Es trug übrigens Waffen-und Schießbedarf in hinreichender Menge, um James Burbank und seine Gefährten nichts von den Seminolen-Banden des unteren Florida oder von den Spießgesellen Texar’s fürchten zu lassen, sofern der Spanier, etwa einige seiner Parteigänger um sich versammelt hatte, und auch diese Möglichkeit, welche den Erfolg des ganzen Zuges hätte in Frage stellen können, mußte wohl berücksichtigt werden.
    Nun noch den letzten Abschied – Gilbert umarmte Miß Alice, und James Burbank drückte diese in die Arme, als wäre sie schon seine Tochter gewesen.
    »Mein Vater… liebster Gilbert… rief sie, bringt mir unsere kleine Dy mit zurück!… Bringt mir mein Schwesterchen wieder!…
    – Ja, meine theure Alice! antwortete der junge Officier, Du wirst – Du mußt sie wieder haben!… Gott gebe uns seinen mächtigen Schutz!«
    Mr. Stannard, Miß Alice, die Unterverwalter und Pyg waren auf der Landungsbrücke zurück geblieben, als das große Boot von derselben abstieß, und Alle sandten diesem ein letztes Lebewohl nach, als es, von günstigem Nordostwind getrieben und von der ansteigenden Fluth unterstützt, hinter der kleinen Landzunge vor der Marino-Bucht verschwand.
    Es war jetzt gegen sechs Uhr Morgens. Eine Stunde später segelte das Boot an dem Weiler Mandarin vorüber, und etwa um zehn Uhr befand es sich, ohne daß bisher die Ruder in Anspruch genommen worden wären, in der Höhe der Schwarzen Bucht.
    Wie schlug da Allen das Herz, als sie nahe diesem linken Ufer des Flusses hinglitten, durch welches jetzt das höher stehende Wasser nach dem Hinterlande eindrang! Durch dasselbe Dickicht von Schilfrohr, von Cannas und Wurzelträgern waren ja Dy und Zermah anfänglich entführt worden. Hier hatten sie Texar und seine Helfershelfer seit länger als vierzehn Tagen so tief versteckt gehalten, daß nach dem schändlichen Raube auch keine Spur von ihnen zu entdecken war. Zehnmal wenigstens waren James Burbank und Stannard, und nach diesen Gilbert und Mars bis zu dieser Höhe des Flusses hinausgefahren ohne eine Ahnung, daß das verfallene Blockhaus jenen als Gefängniß diente.
    Heute hatte man natürlich keine Ursache, sich hier aufzuhalten, wo es ja galt, die Nachforschungen mehrere hundert Meilen weiter unten im Süden wieder aufzunehmen, und das Boot trieb also ohne Verzug an der Schwarzen Bucht vorüber.
    Die erste Mahlzeit wurde in Gemeinschaft eingenommen. Mitgenommene Kisten und Koffer enthielten Nahrungsmittel für gut zwanzig Tage und daneben eine gewisse Anzahl Säcke, um diese weiter zu schaffen, wenn der Weg über Land eingeschlagen werden mußte. Verschiedene Lagergeräthe gestatteten überdies, am Tage oder in der Nacht in den dichten Waldungen, mit denen die Ufergelände des Saint-John überall bedeckt sind, Halt zu machen.
    Gegen elf Uhr, als das Wasser zurückzusinken begann, blieb zwar der Wind noch günstig, doch wurden jetzt die Ruder in Thätigkeit gesetzt, um die gewünschte Fahrschnelligkeit beizubehalten. Die Schwarzen gingen also an’s Werk, und unter dem Drucke ihrer fünf Ruderpaare glitt das Boot rasch den Fluß hinaus.
    Mars stand am Steuer und führte das Fahrzeug mit sicherer Hand durch die Einzelarme, welche Inseln und Eilande im Saint-John so vielfach bilden. Er folgte dabei allemal den Durchfahrten, in welcher eine minder starke Strömung stattfand, bog aber stets ohne jedes Zaudern in dieselben ein. Niemals gerieth er dabei aus Irrthum in einen unfahrbaren Canal, niemals lief er Gefahr, auf einer Untiefe zu stranden, welche die Ebbe vielleicht bald ganz trocken legen sollte. Er kannte das Bett des Flusses bis zum Georg-See ebensogut, wie dessen Verlauf unterhalb Jacksonvilles, und er leitete jetzt das Fahrzeug mit derselben Sicherheit, wie die Kanonenboote des Commandanten Stevens, als er diese durch die Windungen bei der Barre lootste.
    In diesem Theile seines Laufes war der Saint-John ganz öde und verlassen.

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