Nord gegen Süd
Die Küstenschifffahrt auf demselben – wenn dieses Wort erlaubt ist – welche sonst im Interesse der Pflanzungen an seinen Ufern unterhalten wurde, war seit der Einnahme von Jacksonville gänzlich eingestellt worden. Wenn jetzt noch ein Boot auf demselben stromauf-oder abwärts hinglitt, so geschah das nur zur Befriedigung der Bedürfnisse der föderirten Truppen und zur Aufrechthaltung der Verbindung des Commandanten Stevens mit seinen Unterbefehlshabern. Sehr wahrscheinlich mußte übrigens oberhalb Picolata auch dieses geringe Leben auf dem Flusse aufhören.
James Burbank traf vor diesem kleinen Flecken gegen sechs Uhr Abends ein. Eine Abtheilung nordstaatlicher Soldaten hatte hier den Landungsplatz besetzt. Das Boot wurde angerufen und mußte in der Nähe des Quais Halt machen.
Hier gab sich Gilbert Burbank dem in Picolata commandirenden Officier zu erkennen und konnte, da er vom Commandanten Stevens seinen Passierschein aufwies, ungehindert weiter fahren.
Dieser Aufenthalt hatte nur wenig Augenblicke in Anspruch genommen. Da sich jetzt schon wieder das Anschwellen der Fluth bemerkbar machte, wurden die Ruder eingezogen und das Boot schnitt rasch durch das Wasser zu den tiefen Wäldern hin, die sich auf jeder Seite des Ufers erhoben. Einige Meilen unterhalb Picolata trat an die Stelle desselben ein mehr sumpfreiches Land. Was dagegen den Wälderbestand am rechten Ufer angeht, so mußte man bis über den Georg-See hinaus gelangen, ohne dessen Ende gesehen zu haben. Auf diesem Ufer entfernen sie sich freilich ein wenig von dem Saint-John und lassen einen ziemlich breiten Streifen offenen Landes liegen, dessen sich die Cultur mit Recht bemächtigt hat. Hier dehnen sich weite Reisfelder aus oder solche mit spanischem Rohr und Indigo, und daneben bezeugen reiche Baumwollpflanzungen noch die Fruchtbarkeit der floridischen Halbinsel.
Kurz nach sechs Uhr schon hatten James Burbank und seine Begleiter hinter einer Biegung des Flusses den rothen Thurm des alten spanischen, seit einem Jahrhundert verlassenen Forts, der sogar die hohen Wipfel der großen Palmen am Ufer überragt, aus dem Gesicht verloren.
»Du fürchtest nicht, Mars, sagte da James Burbank, auch während der Nacht auf dem Saint-John weiter zu fahren?
– Nein. Herr Burbank, antwortete Mars, bis zum Georg-See stehe ich für Alles. Weiter werden wir ja sehen. Uebrigens haben wir keine Stunde zu verlieren, und da uns jetzt die Fluth begünstigt, gilt es dieselbe zu benützen. Je weiter wir hinauf kommen, desto schwächer wird sie freilich sein, aber doch noch anhalten. Meiner Meinung nach, sollten wir also immer Tag und Nacht weiter fahren.«
Mars’ Vorschlag war durch die Umstände gegeben. Da er für ein ungehindertes Fortkommen eintrat, mußte man sich wohl seiner Geschicklichkeit anvertrauen, und sollte das auch nicht zu bereuen haben. Die ganze Nacht hindurch drang das Boot ohne Schwierigkeiten den Lauf des Saint-John hinauf, doch während einiger Stunden kam ihm dabei die Fluth zu Hilfe. Dann griffen die Schwarzen wieder zu den Rudern, und so konnte man noch fünfzehn Meilen nach Süden zu zurücklegen.
Weder in dieser Nacht noch während des 22. März selbst wurde irgendwo Halt gemacht, alles ging ohne Störung ab, und auch im Laufe der nächsten zwölf Stunden ereignete sich keinerlei Zwischenfall. Der Oberlauf des Flusses schien vollständig verlassen. Man segelte sozusagen inmitten eines endlosen Waldes alter Cedern hin, deren Blättermassen sich zuweilen über den Saint-John vermischten und ein dichtes Laubgewölbe bildeten. Dorfschaften waren nirgends zu erblicken, und ebensowenig Pflanzungen oder Einzelwohnungen. Das Uferland mochte offenbar zu keinem Anbau geeignet sein, so daß keinem Ansiedler der Gedanke ankommen konnte, hier eine Pflanzung oder nur eine kleine Farm zu begründen.
Am 23. bei Tagesanbruch erweiterte sich der Fluß zu einer sehr ausgedehnten Wasserfläche, deren Ufer sich zuletzt von dem schier endlosen Wald abhoben. Das sehr flache Land wich bis zu den Grenzen eines mehrere Meilen entfernten Horizontes zurück.
Das Ganze bildete einen See – den Georg-See – den der Saint-John von Süden nach Norden durchfließt und dem er einen Theil seiner Wassermassen entnimmt.
»Ja, da ist der Georg-See, erklärte Mars, den ich schon besucht habe, als ich eine zur Erforschung des Oberlaufes des Flusses ausgesendete Expedition begleitete.
– Und wie weit, fragte James Burbank, befinden wir uns jetzt von Camdleß-Bay?
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