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Nord gegen Süd

Nord gegen Süd

Titel: Nord gegen Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Bäume halb versteckten Wasserarm ein.
    Diese Lagune war launisch von einem Labyrinth von Canälen wie von engen mit schwärzlichem Wasser gefüllten Schleifen durchsetzt, wie man solche in manchen Gärtnereien Europas antrifft. Ohne die Durchlässe dieser tiefeinschneidenden Einbuchtung, in der sich viele Nebenarme des Saint-John verlieren, zu kennen, hätte sich gewiß Niemand hineingewagt.
    Squambo war sich jedoch keinen Augenblick im Unklaren. Wo man nimmermehr einen Ausweg vermuthet hätte, da trieb er sein Skiff ohne Bedenken hin. Die niedrigen Zweige, welche er auseinanderbog, schlossen sich hinter ihm wieder zusammen, und Niemand hätte sagen können, daß hier ein Fahrzeug vorübergekommen sei.
    So drang der Indianer immer tiefer in die lang gewundenen Schläuche ein, welche manchmal kaum so breit waren, wie die Abzugsgräben, welche man zur Entwässerung der Wiesengründe anlegt. Eine ganze Welt von Wasservögeln flatterte bei seiner Annäherung auf. Schlüpfrige Aale mit spitzigen Köpfen wanden sich durch die über das Wasser hinausragenden Wurzeln hindurch. Squambo bekümmerte sich weder um die Reptilien, noch um die eingeschlafenen Kaimans, die er durch das Anstoßen mit seinen Rudern erwecken konnte. Er glitt immer weiter vorwärts, und wenn es ihm am Raume zum Rudern gebrach, stieß er sich mit dem Ende seiner Pagaie vorwärts.
    Obwohl jetzt schon heller Tag war und der schwere Dunst der Nacht bei den ersten Strahlen der Sonne zu verschwinden begann, konnte man ihn unter dem Schutze dieses undurchdringlichen grünen Daches doch nicht sehen. Selbst bei höchstem Sonnenstande wäre kein Strahl bis hierher gedrungen. Diese sumpfigen Strecken bedurften auch eines gewissen Halbdunkels, ebenso für die in ihrem schwarzen Gewässer wimmelnden Wesen, wie für die tausenderlei Wasserpflanzen, die auf dessen Oberfläche schwammen.
    Während einer Stunde gelangte Squambo so von einem Eilande zum anderen, und als sein Skiff anhielt, befand er sich an einem der letzten Theile der Bucht.
    Hier, wo der sumpfige Charakter der Lagune sich verlor, ließen die weniger dicht stehenden und minder reich belaubten Bäume endlich das Tageslicht durchdringen. Jenseits dieser Stelle breitete sich eine weite Prairie aus, welche in der Ferne wieder Waldungen umsäumten und die sich nur wenig über den Saint-John erhob. Auf derselben sproßten kaum fünf bis sechs Bäume. Wenn der Fuß den noch immer halb morastigen Boden betrat, bekam er die Empfindung, als bewege er sich auf elastischen Polstern dahin. In langem Zickzack wucherten nur einige Sassafrasbüsche mit mageren Blättern und wenigen violetten Beeren auf der Wiesenfläche.
    Nachdem er sein Skiff an einem Baumstumpf des Ufers befestigt, ging Squambo ans Land. Der nächtliche Nebel begann sich aufzulösen. Die gänzlich vereinsamte Wiese tauchte allmählich aus dem Dunste auf. Zwischen den fünf bis sechs Bäumen, deren Schattenbild sich wirr durcheinander darüber erhob, stand auch ein mittelgroßer Mangobaum.
    Nach diesem Baume begab sich der Indianer, erreichte ihn nach wenigen Minuten und bog hier einen Zweig desselben herab, an dessen Ende er das von Texar erhaltene Billet befestigte. Dann schnellte der Zweig, sich selbst überlassen, wieder hinauf, und das Blatt verlor sich unter dem übrigen Laube des Mangobaumes.
    Squambo kehrte wieder nach seinem Skiff zurück und schlug die Richtung nach jenem Eilande ein, auf dem sein Herr ihn erwartete.
    Diese schwarze Bucht, so genannt nach dem düsteren Scheine ihres Wassers, konnte eine Gesammtfläche von fünf-bis sechshundert Acres bedecken. Vom Saint-John ernährt, bildete sie eine Art ganz undurchdringlichen Archipels für jeden, der ihre zahllosen Windungen nicht ganz genau kannte. Wohl an hundert Eilande ragten aus ihr empor. Weder Brücken noch Stege verbanden diese miteinander, lange Leinen von Lianen spannten sich von einem zum anderen. Manche hohe Aeste erschienen über den tausend Armen, welche sie trennten, innig verschlungen. Weiter gab es nichts – es war demnach äußerst erschwert, von einer Stelle der Lagune nach einer anderen zu gelangen.
    Eines jener Eilande, etwa im Mittelpunkt des ganzen Systems, zeichnete sich durch seinen Umfang von etwa zwanzig Acres und seine Höhe von fünf bis sechs Fuß über dem mittleren Wasserstande des Saint-John – zwischen Ebbe und Fluth – aus.
    Vor langer Zeit hatte dieses Eiland eine kleine Festung, mehr nur ein Blockhaus, getragen, das jetzt, wenigstens militärisch

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