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Nord gegen Süd

Nord gegen Süd

Titel: Nord gegen Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Anstrengung, die sie sich zugemuthet, in eine Art schmerzhafte Betäubung versanken, wenigstens den Seufzern nach zu urtheilen, die sich von Zeit zu Zeit ihrer Brust entrangen.
    Gilbert wollte diesen halbbewußtlosen Zustand, der allerdings mehr einer Ohnmacht, als dem Schlafe glich, nicht stören. Er setzte sich neben das Bett, nachdem ihm Miß Alice durch ein Zeichen angedeutet hatte, nicht zu sprechen. Hier beobachteten nun Beide schweigend die arme Frau, die vielleicht die härtesten Schicksalsschläge noch immer nicht empfangen hatte. Brauchten sie denn Worte, um ihre Gedanken auszutauschen? Nein, sie litten von demselben Leiden, sie verstanden sich, ohne etwas zu sagen, sie sprachen ja mit dem Herzen!
    Endlich erschien die Stunde des Aufbruches aus dem Castle-House. Gilbert hielt Miß Alice die Hand entgegen und Beide beugten sich über Frau Burbank, deren halbgeschlossene Augen die jungen Leute nicht sehen konnten.
    Dann drückte Gilbert seine Lippen auf die heiße Stirn seiner Mutter, welche das junge Mädchen nach ihm küßte. Frau Burbank schien das wie ein schmerzhaftes Zittern zu durchbeben; sie sah aber weder ihren Sohn sich zurückziehen noch Miß Alice ihm nachfolgen, um dem Verlobten das letzte Lebewohl zu sagen.
    Gilbert und sie kamen wieder zu James Burbank und dessen Freunden, welche die Vorhalle nicht verlassen hatten.
    Mars, der sich nur in der Umgebung des Castle-House umgesehen hatte, trat hier eben wieder ein.
    »Es ist Zeit aufzubrechen, sagte er.
    – Ja, Gilbert, antwortete James Burbank. – Geh also mit Gott!… Wir werden uns nicht eher, als in Jacksonville wiedersehen…
    – Ja… in Jacksonville und schon morgen, wenn die Fluth uns gestattet, die Barre zu überschiffen. Was Texar betrifft…
    – So müssen wir diesen lebend in unsere Gewalt bekommen!… Vergiß das nicht, Gilbert!
    – Ja, ja… lebend!…«
    Der junge Mann umarmte seinen Vater und drückte seinem Oheim Carrol sowie Mr. Stannard die Hand.
    »Komm nun, Mars,« sagte er.
    Beide folgten wieder dem rechten Ufer des Flusses längs der Grundstücke der Ansiedlung und schritten etwa eine halbe Stunde scharf dahin. Unterwegs trafen sie keine lebende Seele. An der Stelle angelangt, wo sie ihre Gig unter einem Haufen Schilfrohr verborgen hatten, schifften sie sich ein, um die schnellere Strömung zu benützen, welche sie rasch über die Barre des Saint-John führen sollte.
Vierzehntes Capitel.
Auf dem Saint-John.
    Der Fluß war in diesem Theile seines Laufes jetzt ganz still und verlassen; keine einzige hellere Stelle unterbrach das entgegengesetzte Ufer. Der Lichtschein von Jacksonville verschwand hinter dem nach Norden vorspringenden Winkel, der die Camdleß-Bucht bildete. Der Widerschein davon nur schimmerte über denselben hinaus und färbte die unterste Schichte der tief herabhängenden Wolken.
    Bei der vollkommenen Dunkelheit der Nacht konnte die Gig leicht die Richtung nach der Barre einschlagen. Da auch aus den Fluthen des Saint-John kein Nebeldunst aufstieg, war es nicht schwer, ihm zu folgen und nöthigenfalls auch jene zu verfolgen, wenn ein conföderirtes Boot sie etwa erwartete, was Gilbert und sein Begleiter jedoch nicht fürchteten.
    Beide bewahrten das tiefste Stillschweigen. Statt den Fluß hinabzusteuern, hätten sie ihn gern nur überschritten, um Texar, wenn es sein mußte, in Jacksonville selbst aufzusuchen und ihm Auge in Auge gegenüber zu stehen. Dann aber gedachten sie, stromaufwärts fahrend, alle Wälder, alle Buchten des Saint-John abzusuchen. Wenn James Burbank auch einen Mißerfolg gehabt hatte, konnten sie vielleicht mehr Glück haben, und dennoch war es nur klug gehandelt, zu warten. Wenn die Föderirten erst die Herren von Florida waren, konnten Gilbert und Mars entschieden mit größerer Aussicht auf Erfolg gegen den Spanier vorgehen. Uebrigens zwang sie ihre Pflicht, vor Tagesanbruch auf der Flottille des Commandanten Stevens zurück zu sein. Wenn die Barre noch eher als erwartet die Durchfahrt gestattete, mußte der junge Schiffslieutenant an seinem Posten und Mars ebenso an dem seinigen sein, um die Kanonenboote durch den Canal zu lootsen, dessen Tiefe letzterer in jeder Minute der steigenden Fluth genau kannte.
    Mit Kraft und Gewandtheit handhabte der im Hintertheile der Gig sitzende Mars seine Pagaie. Vor ihm beobachtete Gilbert aufmerksam den Flußlauf, um jedes sich bietende Hinderniß oder jede Gefahr – ein Boot oder einen herabtreibenden Baumstamm – zu signalisiren. Nachdem sie

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