Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nord gegen Süd

Nord gegen Süd

Titel: Nord gegen Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
seiner kräftigen Arme, während Gilbert, den Blick stromaufwärts gerichtet, unablässig die Oberfläche des Saint-John überwachte.
    Inzwischen näherte sich die Gig allmählich der Spitze. Nur noch wenige Minuten, und sie mußte das Ende derselben erreicht haben, das sich in Gestalt einer schmalen sandigen Landzunge weit vorstreckte. Jetzt fehlte bis dahin höchstens noch eine Strecke von dreißig bis vierzig Schritten, als Mars plötzlich anhielt.
    »Bist Du ermüdet, fragte der junge Lieutenant, und soll ich Dich etwa ablösen?
    – Still! Kein Wort, Herr Gilbert!« antwortete Mars.
    Gleichzeitig gab er mit zwei kräftigen Ruderzügen dem Boote eine scharfe Wendung, als wolle er auf den Strand auflaufen, und sobald er sich ganz nahe daran befand, ergriff er einen der über das Wasser herabhängenden Zweige, zog das Boot vollends unter diese und ließ es damit gänzlich unter dem grünen Blättergewölbe verschwinden. Gleich darauf und nachdem ihre Bootsleine um den Wurzelast eines Wurzelträgers geschlungen war, befanden sich Gilbert und Mars, die sich todtenstill verhielten, in so tiefer Finsterniß, daß sie einander selbst nicht sehen konnten.
    Der ganze Vorgang hatte kaum zehn Secunden in Anspruch genommen.
    Der junge Mann ergriff jetzt den Arm seines Begleiters, um diesen nach der Veranlassung des auffallenden Manövers zu fragen, als Mars, den Arm durch das Blätterdickicht steckend, ihm einen sich bewegenden Punkt auf dem minder dunklen Theile der Wasserfläche zeigte.
    Es war ein von vier Mann geführtes Boot, welches der Strömung entgegenfuhr und sich nach Umschiffung der Landzunge eben anschickte, ebenfalls längs des Ufers hinzusteuern.
    Gilbert und Mars durchzuckte dabei ein und derselbe Gedanke: vor Allem und trotz Allem sich nach ihrem Schiffe durchzuschlagen. Wurde ihr kleines Fahrzeug jetzt entdeckt, so würden sie keinen Augenblick zögern, ans Land zu springen, sich zwischen den Bäumen hindurchzuschleichen und längs des Strandes bis zur Höhe der Barre zu entfliehen. Hier würden sie, nachdem es erst heller geworden, ob nun ihre Signale von dem nächstverankerten Kanonenboote bemerkt oder sie gezwungen wurden, dasselbe schwimmend zu erreichen, alles was in ihren Kräften stand versuchen, um auf ihren Posten zurückzukehren.
    Fast gleichzeitig sollten sie sich aber leider überzeugen, daß ihnen auch jedes Entkommen auf dem Landwege abgeschnitten war.
    Als nämlich das fremde Boot sich höchstens noch zwanzig Fuß weit von ihrem Verstecke befand, vernahmen sie ein Gespräch zwischen den darauf befindlichen Leuten und etwa einem halben Dutzend anderer, deren Schatten jetzt zwischen den Bäumen am Uferabhange auftauchten.
    »Ist das Schwerste überstanden? rief Einer vom Lande aus.
    – Ja, antwortete eine Stimme vom Flusse her. Diese Landspitze bei fallender Fluth zu umschiffen, ist ein ebenso hartes Stück Arbeit, als ob man einer Stromschnelle entgegenruderte.
    – Werdet Ihr, nachdem wir an der Landspitze abgesetzt wurden, hier still liegen bleiben?
    – Natürlich, mitten im Wirbel, der uns allein schon festhält… so können wir das Ende der Sperrungslinie besser bewachen.
    – Gut! Wir behalten inzwischen das Uferland im Auge, und wenn sie sich nicht geradezu im Sumpfe vergraben, denk’ ich, sollen die Spitzbuben ihre Noth haben, uns zu entwischen….
    – Wenn es nicht schon geschehen ist….
    – Nein, das ist unmöglich. Offenbar müssen sie versuchen, vor Tagesanbruch ihr Schiff wieder zu erreichen. Da sie nun unsere absperrende Bootslinie nicht durchbrechen können, so werden sie sich längs des Ufers hinzuschleichen suchen, und da werden wir schon bei der Hand sein, sie aufzuhalten.«
    Diese wenigen Worte genügten, um die Sachlage klar erkennen zu lassen. Die Abfahrt Gilberts und Mars’ mußte – darüber konnte kein Zweifel mehr aufkommen – verrathen worden sein. Wenn sie während ihrer Fahrt flußaufwärts nach einem Landungsplatze in der Nähe von Camdleß-Bay den zur Abschneidung ihres Weges schon auf der Lauer liegenden Booten hatten entgehen können, so mußte es jetzt, wo der Fluß vollständig abgesperrt worden war und man ihre Rückkehr erwartete, sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich sein, den Ankerplatz der Kanonenboote zu erreichen.
    Mit einem Worte, unter den gegenwärtigen Verhältnissen befand sich die Gig zwischen den Leuten auf dem nächsten Boote und denen ihrer Gefährten, welche an der Landzunge an’s Land gegangen waren. Erschien nun eine Flucht auf

Weitere Kostenlose Bücher