Nord gegen Süd
fallenden Reisenden und ermordeten sie ohne Bedenken, wenn diese sich ja zu vertheidigen suchten.
Im oberen Theile der Grafschaft, etwas nordwestlich von Jacksonville, hatte sich erst unlängst ein eigenthümlicher Vorfall zugetragen, der lange Zeit das allgemeine Gespräch bildete.
Ein Dutzend Floridier, die sich nach der Küste am Golfe von Mexiko begaben, waren von einer Seminolen-Horde überfallen worden. Wenn sie dabei mit dem Leben davonkamen, hatten sie es nur dem Umstande zu verdanken, daß sie keinerlei Widerstand leisteten, der übrigens – sie standen Einer zehn Wilden gegenüber – ganz nutzlos gewesen wäre.
Die guten Leute wurden dann gründlich durchsucht und alles dessen beraubt, was sie bei sich führten, selbst ihrer Kleidung. Unter Androhung des Todes hatte man ihnen dann verboten, in diesen Gebieten, welche die Indianer noch immer als ausschließliches Eigenthum beanspruchen, jemals wieder zu erscheinen. Um sie aber auch wieder zu erkennen, wenn sie dieses Verbot nicht achteten, wendete der Häuptling jener Bande ein sehr einfaches Verfahren an; er ließ den Arm eines Jeden mit einem eigenthümlichen Zeichen tätowiren, indem ihm mit einer Nadel und daran hängendem Safte einer Farbpflanze unverwischbare Zeichen eingeritzt wurden, dann wurden die Floridier, ohne weitere Unbill zu erleiden, heimgeschickt. Nach den Ansiedlungen des Nordens kamen sie natürlich in sehr bemitleidenswerthem Zustande zurück – von der IndianerHorde an den Armen sozusagen »gestichelt« und wenig danach verlangend, noch einmal in die Hände jener Seminolen zu fallen, welche sie diesmal, schon um ihrem Zeichen Ehre zu machen, ohne Erbarmen niedergemetzelt hätten.
Zu jeder anderen Zeit würden die Milizen der Grafschaft Duval es nicht ungestraft haben hingehen lassen, sondern hätten die Indianer sicherlich verfolgt. Jetzt aber hatten sie anderes zu thun, als einen doch langwierigen Streifzug gegen diese Nomaden zu beginnen. Die Furcht, das Land von den föderirten Truppen überschwemmt zu sehen, beherrschte Alles, und man behielt nur die eine Aufgabe im Auge, zu verhindern, daß jene sich zu Herren des Saint-John und mit ihm’ zu denen der von ihm bespülten Gebiete machten. So konnte man die südstaatlichen Streitkräfte unmöglich zersplittern, denn diese waren schon von Jacksonville bis zur Grenze von Georgia hinauf aufgestellt. So meinte man, es würde später Zeit sein, gegen die Seminolen, welche durch den Bürgerkrieg nur frecher geworden waren, aufzubrechen, so lange diese sich nicht in die nördlicheren Landestheile wagten, aus denen man sie für immer vertrieben zu haben glaubte. Dann wollte man sich auch nicht damit begnügen, sie nur aus den Evergladen und den Sümpfen zu vertreiben, sondern dieselben womöglich ausrotten.
Vorläufig blieb es demnach gefährlich, sich in die mehr im Westen von Florida gelegenen Gebiete zu verlieren, und wenn James Burbank seine Untersuchungen wirklich nach dieser Seite hin ausdehnte, so trat damit nur eine neue Gefahr zu allen hinzu, welche ein Streifzug dieser Art so wie so mit sich bringt.
Inzwischen war das Boot längs des linken Ufers des Flusses dahingeglitten. Squambo, der nun ja wußte, daß er sich in der Höhe der Schwarzen Bucht befand, welche die Gewässer des Saint-John in’s Land eintreten läßt, fürchtete nicht im mindesten, etwa auf einer Untiefe zu stranden.
Fünf Minuten später durchschnitt das Fahrzeug schon die Fluthen unter dem dunklen Gewölbe der Bäume und inmitten einer Finsterniß, welche noch tiefer war, als draußen auf freiem Flusse. Wie sehr es Squambo auch gewöhnt war, sich in den Windungen dieser Lagune zurecht zu finden, unter den jetzigen Verhältnissen wäre ihm das vielleicht doch nicht geglückt. Da er jedoch von keiner Seite bemerkt werden konnte, durfte er es ja wagen, sich den Weg zu beleuchten. So ließ er denn von einem Baume am Ufer einen harzigen Zweig abschneiden, der vorn an der Spitze des Bootes befestigt und angezündet wurde. Seine rußige Flamme mußte dem geübten Auge des Indianers genügen, um die enge Wasserstraße zu erkennen. Während einer halben Stunde etwa drang er so durch die verwirrten Windungen der Bucht vor und gelangte endlich an das Eiland mit dem Blockhause.
Nun mußte Zermah aussteigen. Von Müdigkeit überwältigt, lag das kleine Mädchen schlafend in ihren Armen. Diese erwachte auch nicht, als die Mestizin die enge Pforte der Befestigung überschritt und in einem der neben dem inneren
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