Nordermoor
sehr gut daran, dass er wegen Feuchtigkeit im Fußboden hierher gekommen war.«
»Was willst du uns eigentlich sagen?«, fragte Sigurður Óli.
»Der Klempner hat den Fußboden hier aufgebrochen. Die Platte ist nicht sehr dick. Darunter haben sich an vielen Stellen Hohlräume gebildet, und der Klempner ist immer noch schockiert darüber, dass Holberg ihn die Arbeit nicht zu Ende bringen ließ.«
»Wie das?«
»Der Klempner riss den Fußboden auf und reparierte das Rohr, aber dann hat Holberg ihn vor die Tür gesetzt und erklärt, er würde das selber fertig machen. Und das hat er getan.«
Sie standen schweigend da, bis Sigurður Óli nicht mehr an sich halten konnte.
»Marian Briem?«, sagte er. »Marian Briem!« Er wiederholte den Namen ein ums andere Mal, als ob er ihn nicht verstünde. Erlendur hatte Recht. Er war zu jung, um sich an Marian bei der Kriminalpolizei zu erinnern. Er murmelte den Namen wieder und wieder, als sei er ein unlösbares Rätsel für ihn, hörte dann aber auf damit, bekam einen nachdenklichen Gesichtsausdruck und fragte schließlich: »Warte mal, Marian? Marian? Was soll das heißen, Marian? Was für ein Name ist das eigentlich? Ist das ein Mann oder eine Frau?«
Sigurður Óli blickte Erlendur fragend an.
»Das frage ich mich manchmal auch«, sagte Erlendur und griff nach seinem Handy.
Kapitel 27
D ie Spurensicherung fing damit an, die Fußböden aus allen Zimmern der Wohnung zu reißen, aus Küche, Bad und dem kleinen Flur. Es hatte den ganzen Tag gebraucht, um die Erlaubnis für diese Aktion zu bekommen. Erlendur hatte auf einer Besprechung mit dem Polizeipräfekten Gründe für diese Maßnahme angeführt, und der kam – widerwillig allerdings – zu dem Schluss, dass es genügend Verdachtsmomente gäbe, um den Fußboden in Holbergs Wohnung aufbrechen zu lassen. Die Sache wurde wegen des Mordes, der in dem Haus passiert war, vorrangig behandelt.
Erlendur zog die Verbindungslinien zu der Fahndung nach Holbergs Mörder; er gab zu verstehen, dass Grétar durchaus am Leben und der potenzielle Mörder von Holberg sein könne. Die Polizei würde von dieser Aktion auf zweifache Weise profitieren. Falls sich Marian Briems Verdacht bewahrheiten sollte, dann schloss das Grétar als Mörder aus und würde sogar das Verschwinden eines Menschen aufklären, das ein Vierteljahrhundert zurücklag.
Ein großer Transporter wurde bestellt, auf den alle Möbel und losen Gegenstände aus Holbergs Wohnung verladen wurden, bis auf die Einbauschränke und deren Inhalt. Es war schon dunkel, als der Wagen vorfuhr, und kurze Zeit später kam ein Traktor mit einem Pressluftbohrer vorne. Einige Techniker und Mitarbeiter der Kriminalpolizei hatten sich am Haus eingefunden. Die Hausbewohner waren nirgends zu sehen.
Wie an den vorausgegangenen Tagen hatte es den ganzen Tag geregnet. Jetzt war es aber nur noch ein feiner Nieselregen, der im kalten Herbstwind in Böen versprüht wurde und Erlendurs Gesicht überzog, der abseits stand und eine Zigarette rauchte. Bei ihm waren Sigurður Óli und Elinborg. Einige Menschen hatten sich vor dem Haus versammelt, trauten sich aber nicht näher heran, darunter waren Reporter und Journalisten, Kamerateams der Fernsehanstalten und Pressefotografen. Große und kleine Fahrzeuge mit den Logos der verschiedenen Medien waren da und dort geparkt, und Erlendur, der jegliche Pressekontakte untersagt hatte, überlegte, ob er sie entfernen lassen sollte.
Bald war Holbergs Wohnung völlig ausgeräumt. Der große Transporter stand noch da, während man beratschlagte, was man mit den Habseligkeiten machen sollte. Schließlich ordnete Erlendur an, dass sie ins Polizeidepot gebracht werden sollten. Erlendur sah, wie Linoleum und Teppichböden aus dem Haus und in den Transporter getragen wurden, der losfuhr und sich unter lautem Motorengeräusch aus der Straße entfernte.
Der Leiter der Spurensicherung gab Erlendur die Hand. Er war ein Mann um die fünfzig, hieß Ragnar und war ziemlich korpulent. Seine Haare standen in alle Richtungen. Er hatte seine Ausbildung in England erhalten, las ausschließlich englische Kriminalromane und sah sich mit Vorliebe englische Krimiserien an.
»In was für eine dämliche Chose hast du uns jetzt wieder reingeritten?«, fragte er und schaute zu den Journalisten hinüber. Man hörte es ihm an, dass er sich amüsierte. Er fand es spannend, die Fußböden auf der Suche nach einer Leiche aufzureißen.
»Wie schaut’s aus?«, fragte Erlendur.
»Auf
Weitere Kostenlose Bücher