Nordfeuer - Kriminalroman
verärgert
an. »Oder habt ihr eine bessere Idee?«
Dem Husumer Kollegen stieg das Blut
in den Kopf. Und obwohl er nichts erwiderte, sah man ihm deutlich an, wie schwer
es ihm fiel, seine beinahe überschäumende Wut im Griff zu behalten. Damit die Situation
nicht eskalierte, griff sein Chef ein und versuchte, durch einen Themenwechsel die
Wogen zu glätten.
»Wie weit seid ihr denn bei den
Ermittlungen bezüglich der Toten in der Risumer Grundschule?«
Thamsen zuckte mit den Schultern.
Er hatte zwar ein seltsames Gefühl bei seinem Besuch der Eltern der Ermordeten gehabt,
aber das würde er den Husumer Kollegen nicht auf die Nase binden. Und was hätte
er auch sagen sollen? Nur weil der Vater ein wenig energisch auf seine Fragen reagiert
hatte und man sich generell in dieser Familie wohl nicht alles erzählte, hieß das
ja noch nicht, dass tatsächlich etwas nicht stimmte.
»Gut, dann würde ich sagen«, bestimmte
sein Vorgesetzter, da keiner sich zu dem Fall mehr äußerte, »du, Dirk fährst noch
mal mit ein zwei Leuten von der Spusi zur Schule raus und drehst jeden verdammten
Stein um. Irgendwo muss sich die Tatwaffe ja befinden.«
»Ja, und was ist mit der Pressekonferenz?«
In gut einer Stunde hatte sein Chef
die Journalisten in die Dienststelle eingeladen, um über den Stand der Ermittlungen
zu berichten. Es war Dirks Idee gewesen, mit den Fakten an die Öffentlichkeit zu
gehen. Er hoffte, den Täter so vielleicht aus der Reserve zu locken. Hatten sie
es im Fall der Risumer Grundschule nämlich mit einem Trittbrettfahrer zu tun, würde
dieser sich ertappt fühlen, da er den Brand ja eigentlich dem Feuerteufel in die
Schuhe schieben wollte. Vielleicht würde es ihn verunsichern, wenn er erfuhr, dass
man ihm anscheinend auf der Spur war und dann beging er mit etwas Glück eventuell
einen Fehler.
»Das mache ich mit den Husumer Kollegen.
Du fährst zum Tatort«, bestimmte der Leiter der Polizeidienststelle.
Die Beamten aus Husum konnten sich
ein Grinsen nicht verkneifen, als Thamsen sich ruckartig erhob und aus dem Raum
eilte.
»Hm, das duftet aber köstlich.«
Haie stand plötzlich in der Küche
und versuchte, über Marlenes Schulter hinweg einen Blick in den Kochtopf zu werfen.
»Na, wirst
du wohl nicht so neugierig sein?« Sie drohte ihm mit dem Kochlöffel. Haie wich gespielt
erschrocken zurück und konnte sich ein Lachen kaum verkneifen.
»Soll ich dann schon mal den Tisch
decken?«
Sie waren ein eingespieltes Team,
trafen sich oft zum gemeinsamen Mittagessen. In der Regel kochte Marlene unter der
Woche. Sie war eine fabelhafte Köchin und verstand es, wahre Gaumenfreuden zu kreieren.
Am Wochenende revanchierte sich Haie meist mit einem Sonntagsbraten. Mittlerweile
waren auch seine Kochkünste beinahe perfekt, die er sich erst nach der Trennung
von Elke angeeignet hatte. Besser gesagt: aneignen musste. Denn plötzlich auf sich
allein gestellt, hatte Haie trotzdem nicht auf ein anständiges Gulasch oder auf
Grünkohl mit Kassler verzichten wollen und hatte sich zum Teil allein, zum Teil
mit Marlenes Hilfe, zum wahren Kochgenie gemausert.
Er stellte die Teller auf den Tisch
und verteilte das Besteck.
»Wo steckt denn Tom eigentlich?«
»Im Büro. Aber kannst ihn gerne
schon mal holen. Kartoffeln sind gleich gar.«
»Da bist du ja!«
Haie fand den Freund, wie Marlene
gesagt hatte, am Schreibtisch in seinem Büro. Er hatte vor Kurzem einen lukrativen
aber sehr arbeitsintensiven Auftrag bei einer Husumer Firma an Land gezogen. Es
ging um eine Europaexpansion, für die Tom eine Strategie ausarbeiten sollte. Später
plante er, die Umsetzung zu begleiten, aber dafür mussten die Vorstände seinem Konzept
erst einmal zustimmen.
Bisher hatte
er allerdings mit der eigentlichen Strategie noch nicht begonnen, sondern musste
sich zunächst in die Philosophie des Unternehmens einarbeiten. Und das war gar nicht
so einfach, denn bisher hatte er auf dem Gebiet der Windenergie keinerlei Erfahrungen.
»Ja, bin aber nach dem Essen auch
gleich wieder weg.«
Für den heutigen Nachmittag war
ein Meeting angesetzt, an dem Tom unbedingt teilnehmen musste.
»Hast du denn jetzt eben mal eine
Minute?«
Haie wollte unbedingt die Neuigkeiten
über den Mord loswerden. Marlene hatte er damit nicht konfrontieren wollen. Sie
reagierte auf derlei Nachrichten seit dem Mord an ihrer Freundin Heike vor gut drei
Jahren sehr empfindlich. Verständlich, denn auch wenn sie es nicht offen zugab und
stets versuchte, sich
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