Nordfeuer - Kriminalroman
Bericht beendet hatte.
»Allerdings«, stimmte Thamsen zu
und kratzte sich nachdenklich am Kopf, während er sich fragte, ob es sich bei dem
Mord an Katrin Martensen tatsächlich um eine Beziehungstat gehandelt hatte.
»Wer war denn der andere Mann?«
»Jan Schmidt«, antwortete Haie anstelle
von Marlene. »Wohnt auch im Dorf. Gleich neben der Gastwirtschaft.«
»Dann sollte ich ihm mal einen Besuch
abstatten«, beschloss Thamsen und erhob sich.
»Was ist eigentlich mit Holger Leuthäuser?«
Haie interessierte, was der Kommissar herausgefunden hatte.
»Er hat zugegeben,
mit Katrin Martensen befreundet gewesen zu sein.«
»Und?«
»Na ja«, Thamsen
wusste nicht genau, wie er sein ungutes Gefühl in Bezug auf den jungen Lehrer in
Worte fassen sollte. Die Aufhebung der ärztlichen Schweigepflicht hatte er mit den
dürftigen Gründen nicht erwirken können. Folglich hatte er nichts gegen den Mann
in der Hand. Außerdem erschien ihm der Hinweis von Marlene Schumann momentan vielversprechender.
Dennoch sollte er vielleicht auch Holger Leuthäusers Alibi für die letzte Nacht
überprüfen.
»Ich denke,
ich sollte mir erst einmal Jan Schmidt vornehmen«, wich er Haies Frage aus.
»Wissen Sie denn, wie es Heiko Stein
geht?«, wollte Marlene wissen.
»Er wurde in ein künstliches Koma
versetzt.«
Man hatte den Verletzten direkt
in die Uniklinik nach Kiel gebracht. Thamsen hatte am Morgen dort angerufen, da
die Aussage des Mannes ausschlaggebend sein konnte in diesem Fall. Allerdings war
Heiko Stein nach Auskunft des Arztes nicht vernehmungsfähig. Zum Schutz vor den
Schmerzen hatte man den Patienten in ein Heilkoma versetzt, da die Verbrennungen
schwerwiegend waren und Heiko Stein zusätzlich ein Inhalationstrauma davongetragen
hatte.
»Dann wird es wohl noch ein wenig
dauern, bis er eine Aussage machen kann«, schlussfolgerte Marlene. Thamsen nickte.
»Wegen nächstem Freitag ist ja soweit
alles klar, oder?«, vergewisserte er sich noch einmal bei der Verabschiedung. Er
wusste zwar momentan noch nicht, wie er den Hochzeitstermin einhalten sollte, aber
das verschwieg er der zukünftigen Braut lieber.
»Um 11:00 Uhr im Standesamt Altona«,
bestätigte Marlene nochmals die Uhrzeit.
»Ich werde da sein. Und Sie ?«,
fragte er scherzhaft.
Marlene versuchte zu lächeln. Je
näher der Termin rückte, umso aufgeregter wurde sie. Doch es war nicht etwa Unsicherheit
darüber, ob Tom der Richtige war. Die Vorstellung, einen ganzen Tag im Mittelpunkt
des Geschehens zu stehen, machte sie einfach nervös.
Fritz und Ingrid Martensen saßen am Esstisch und blätterten in einer
Mappe mit Trauersprüchen. Am Kopfende des Tisches saß der örtliche Bestatter und
nickte ihnen aufmunternd zu.
»Der ist doch ganz schön«, schlug
er vor und wies auf einen Spruch von Albert Schweitzer.
Das einzig Wichtige im Leben
sind die Spuren von Liebe,
die wir hinterlassen,
wenn wir weggehen.
»Ja, sehr schön«, bestätigte Ingrid
Martensen und wischte sich eine Träne vom Gesicht, während Fritz Martensen lediglich
brummte.
Er konnte
sich für solche Verse nicht erwärmen. Nichts würde in seinen Augen auch nur annähernd
tröstend den tragischen Tod seiner Tochter in Worte fassen.
Außerdem würden sich bei solch einem
Spruch die Leute ihr Maul zerreisen. Spuren von Liebe, die wir hinterlassen. Im
Dorf wusste doch jeder, wie sehr Katrin allen Männern den Kopf verdreht und es mit
der Treue nicht so ernst genommen hatte. Hinter vorgehaltener Hand tuschelten sie,
und Fritz Martensen wusste sehr wohl, was der Inhalt der Gespräche war. Aber war
sie deshalb ein schlechter Mensch gewesen? Rechtfertigte das etwa einen Mord an
ihr?
»Ich will solchen Firlefanz nicht.
Das hat Katrin nicht nötig«, stieß er plötzlich hervor.
»Aber Fritz.« Ingrid Martensen war
schockiert über den Ausspruch ihres Mannes, und auch der Bestatter blickte überrascht
drein.
Die Reaktion von Fritz Martensen
war sehr verwunderlich. Jeder im Dorf würde von dem reichen Bauern eine pompöse
Beerdigung erwarten. Und er hatte gedacht, hier ein gutes Geschäft machen zu können.
Wenn die Familie jetzt ein schlichtes Begräbnis wählte, würde das letzten Endes
noch auf ihn als Bestatter zurückfallen. Nicht auszudenken.
»Aber Herr Martensen«, versuchte
der großgewachsene Mann mit Brille daher an die Vaterliebe zu appellieren.
»Katrin war doch so ein liebreizendes
Deern. Da passt solch eine nackte Traueranzeige gar nicht. Wie wäre es denn
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