Nordfeuer - Kriminalroman
Parkplatz. Marlenes Herz klopfte laut.
Es war nicht nur die Aufregung wegen des Streits und der Prügelei. Sie spürte, sie
war hier auf einer heißen Spur. Handelte es sich bei einem der Männer um den Mörder
von Katrin Martensen?
Die Ladenbesitzerin wackelte bedächtig
mit dem Kopf hin und her. Anscheinend wog sie ab, ob einer der beiden als Täter
in Betracht kam. Sie kannte Heiko und Jan von klein auf. Als Jungs hatten sie schon
ihre Schulhefte und Süßigkeiten bei ihr gekauft, später dann auch Bier und Zigaretten.
Eigentlich traute sie keinem der beiden einen Mord zu.
»Nun ja, manchmal steckt man in
so einem Menschen nicht drin. Und wenn Eifersucht im Spiel war? Wer weiß, was in
denen so vorgegangen ist?«
11.
Wienke Lentzen schrak auf. Um sie herum war es stockdunkel. Sie brauchte
einen Augenblick, bis sie verstand, wo sie sich befand. In ihrem Schlafzimmer. Mitten
in der Nacht.
Irgendetwas hatte sie geweckt. Nur
was?
Sie rappelte sich aus dem Bett.
Die Leuchtziffern ihres Radioweckers zeigten nach 2:00 Uhr an. Sie hatte erst drei
Stunden geschlafen, dennoch war sie hellwach.
Im Dunkeln angelte sie nach ihren
Pantoffeln und schlüpfte hinein. Langsam tastete sie sich zur Zimmertür, fuhr dabei
mit der Hand über die unebene Oberfläche der Raufasertapete.
Endlich konnte sie die Klinke unter
ihren Fingern spüren. Sie öffnete die Tür und trat hinaus in den Flur. Er war hell
erleuchtet. Nicht von den Lampen, deren Energiesparbirnen ohnehin nur eine schwache
Helligkeit zustande brachten.
Sie begann zu zittern. Flackerndes
Licht fiel durch die Glasscheibe der Haustür. Wie angewurzelt stand Wienke Lentzen
da. Im Nachthemd. Auf den Eingang starrend.
Plötzlich stürzte sie zur Tür und
riss sie auf.
»Heiko«, schrie sie, während sie
auf das Nachbarhaus zulief. »Heiko!«
Die Hitze der lodernden Flammen
stoppte sie. Schützend riss sie die Arme vor ihr Gesicht. Das Feuer zischte und
knackte laut, erst jetzt nahm sie das Martinshorn der Feuerwehr wahr.
Warum dauerte das denn solange,
bis die kamen?
»Hierher«, rief sie und wedelte
mit den Armen, »hierher. Da ist noch jemand im Haus!«
Thamsen gewöhnte sich langsam daran, jede zweite Nacht aus dem Schlaf
gerissen zu werden. Es war allerdings eine traurige Routine, die sich in seinem
Leben einschlich, bedeutete es doch, dass wieder einmal ein Haus in Flammen stand.
Er sprang in seine Jeans, legte
den Zettel, den er bereits vor wenigen Tagen einmal für seine Kinder zurückgelassen
hatte, um ihnen seine Abwesenheit zu erklären, wieder auf den Küchentisch und griff
nach den Autoschlüsseln im Flur.
Es brannte wieder in Risum-Lindholm.
Diesmal in der Dorfstraße nur einige hundert Meter vom Friseur entfernt.
Als er am Einsatzort eintraf, bemerkte
er sofort, dass bei diesem Brand etwas anders war. Am Straßenrand stand ein Rettungswagen,
die Feuerwehr war ins Haus gestürmt.
Soviel man wusste, teilte ihm einer
der Passanten, die bereits wieder die Absperrung in Scharen säumten, mit, befand
sich der Bewohner noch im Inneren.
Thamsen hob das rot-weiße Plastikband
an und trat neben Jörgensen, dem die Anspannung förmlich ins Gesicht geschrieben
stand.
»Jetzt nicht«, zischte er, während
aus seinem Funkgerät ein Knacken drang.
»Chef, wir haben ihn.«
»Und?« Lutz Jörgensen hielt die
Luft an.
»Sieht übel aus. Mehr kann ich nicht
sagen. Wir kommen raus.«
Der Gruppenleiter
gab den Rettungssanitätern, die mit einer Bahre heraneilten, ein Zeichen. Der Notarzt
folgte ihnen mit einem schweren Aluminiumkoffer.
»Ein Schwerverletzter. Meine Männer
bringen ihn raus.«
Endlich erschienen die Feuerwehrmänner
mit dem Verletzten am Hauseingang.
»Was ist das da?«
Thamsen wies auf eine Platzwunde
am Kopf des Opfers.
»Keine Ahnung«, antwortete der Arzt.
Er war schwer damit beschäftigt, die Atmung des Patienten stabil zu halten. Heiko
Stein hatte schwere Verletzungen und war bewusstlos.
»Er muss sofort in eine Klinik.
Am besten nach Kiel. Ruft in Niebüll an. Sie sollen den Heli bereit machen. Wir
dürfen keine Zeit verlieren.«
Sie hoben den Patienten auf die
Bahre und trugen ihn in den Rettungswagen. Die Schaulustigen hinter der Absperrung
reckten ihre Hälse, um einen Blick auf den Verunglückten zu erhaschen. Auch Dirk
Thamsen blickte den Sanitätern hinterher. Er erschrak, als plötzlich das Martinshorn
ertönte. Dann setzte sich der Wagen in Bewegung und war kurz darauf aus seinem Sichtfeld
verschwunden.
Die
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